Physik ist einfach – aber nicht ganz so einfach

Der Bericht zum Blackout in Spanien liegt vor

„Alles geht elektrisch. Nur Elektrizität geht mit Öl.“
Werner Mitsch

Stromausfall auf der iberischen Halbinsel

Am 28. April 2025 kam es auf der iberischen Halbinsel zu einem totalen Stromausfall. Letztendlich war es den Experten schon damals klar, dass ein Überangebot von Solarstrom die Ursache war, wenn vielleicht auch nicht die einzige. Die Politik hat das vehement von sich gewiesen, hat die Schuld sogar bei den Netzbetreibern gesucht.
Immerhin hat der Verband Europäischer Netzbetreiber (ENTSO-E) den Vorfall untersucht. 23 Experten haben nun ihren Bericht veröffentlicht. Falls es sie interessiert, sie finden ihn hier. Ich glaube kaum, dass sie sich das antun wollen, es handelt sich nämlich um 260 Seiten in englischer Sprache. Dabei geht es zu einem großen Teil um Fachchinesisch. Und wenn sie dann nicht Physik-affin sind, dann werden sie die Masse nicht verstehen. Ich glaube, auch mir würde es kaum besser gehen. Deshalb habe ich es gar nicht versucht.

Ein Beispiel

Ich will ihnen nur einen Satz zitieren. Im Anschluss werde ich versuchen, was damit gemeint sein könnte. Das Zitat: „die sogenannte Momentanreserve führt über die hohe kinetische Energie eines Kraftwerks-Generators zur Dämpfung von Frequenzänderungen im Netz, wie sie zum Beispiel bei natürlichen Schwingungen im Netz vorkommen können. Die Masseträgheit hat eine wichtige stabilisierende Funktion.“
Verstehen sie das? Wenn nicht, es ist nicht schlimm. Das gehört nicht mehr zu einer guten Allgemeinbildung. Das muss man nicht zwingend wissen. Trotzdem will ich versuchen, das in meinen Worten zu erklären.

Sie fahren bestimmt Auto

In einem Auto funktioniert das letztendlich genauso. In einem Verbrenner haben sie mehrere Zylinder. Und in diesen Zylindern wird das Kraftstoffgemisch gezündet. Kurz nach der Zündung entwickelt der Motor seine höchste Energieleistung. Bis zur nächsten Zündung fällt die Leistung dann kontinuierlich ab. Hätten sie nun keinen Stabilisator, dann würde ihr Auto nur ruckelnd fahren. Im Sprachgebrauch spricht man in so einem Fall von Kängurubenzin.

Dagegen kann man mehrere Maßnahmen ergreifen. Zunächst gibt es heute kaum noch Motoren mit einem Zylinder. Allein durch die verschiedenen Zündzeitpunkte kommt es bei der Leistungsentwicklung zu einer gewissen Glättung. Das merken sie allein schon bei der Laufruhe eines Sechs-Zylinders gegenüber einem Vierzylinder. Auch über die Drehzahl kann man da eine Glättung erreichen. Das sieht man beispielsweise bei Motorrädern. Es gibt Motorräder, die können sie unter 3.000 Umdrehungen pro Minute (U/min) gar nicht fahren. Die gehen aus. Große Dieselmotoren können sie dem gegenüber sogar mit Drehzahlen unterhalb von 1.000 U/min betreiben.

Das erreicht man mit großen Schwungscheiben. Durch die Masseträgheit halten die die Drehzahl relativ stabil, wenn sie einmal auf eine Solldrehzahl beschleunigt sind. Je größer das Schwungrad (Gewicht) um so stabiler die Laufgeschwindigkeit.

Hier sehen sie beispielsweise eine Schwungscheibe, wie sie in verschiedenen Merzedes-Modellen verbaut ist. Sie hat ein Gewicht von etwa 4,5 Kilogramm. Bei LKW dürften solche Scheiben gerne mehr als das doppelte Gewicht haben.

Das hat was mit der Trägheit der Masse zu tun, falls sie sich für Physik interessieren.

Das Schwungrad in der Stromerzeugung

Ein Generator soll möglichst stabil Wechselstrom mit einer Frequenz von 50 Hz erzeugen. Dazu muss er eine bestimmte Drehzahl konstant einhalten. Auch kleine Generatoren haben dafür einen Drehzahlregler. So erzeugt das Gerät konstant 220 Volt Wechselstrom bei einer Frequenz von 50 Hz. Ich weiß nicht, ob sie es schon einmal erlebt haben. Wenn sie jetzt Verbraucher, Licht, Heizgeräte, Musikanlagen oder ähnliches an den Generator anschließen, dann wird mehr Leistung gefordert. Bei kleineren Generatoren kommt es dann gerne zu einem Lichtflackern, weil er kurzfristig nicht genügend Leistung erbringt. Durch die Drehzahlregelung wird dann aber schnell mehr Kraftstoff gefördert, so dass der geforderte Wechselstrom schnell wieder erreicht wird. Sie erinnern sich, 220 V, 50 Hz. Solche Schwankungen können durch eine Momentanreserve, dahinter verbirgt sich eigentlich die beschriebene Schwungscheibe, deutlich minimiert werden. Je größer die Schwungscheibe, umso geringer die Schwankungen.

Große Kraftwerke

Bei großen Kraftwerken ist das genauso. Die Schwungmassen sind allerdings deutlich größer als wir das von Autos kennen. Sinn machen diese Schwungscheiben aber nur, wenn sie kontinuierlich in Bewegung gehalten werden. Das heißt, man muss kontinuierlich Energie zuführen.

Auf dem Bild wird ihnen eine solche Schwungmasse gezeigt. Durch die Anlage geht eine Welle. An dieser Welle sind dann entsprechende Schwungscheiben angebracht. Aus welchem Material weiß ich nicht. Ich gehe aber davon aus, dass es sich um Eisen handelt. Es muss ja schwer sein. Möglicherweise ist auch ein spezielle Beton Art möglich. Da habe ich aber leider keine Ahnung.

Ich habe auch versucht, herauszufinden, wie schwer solche Schwungscheiben sind. Da habe ich allerdings keine Angaben gefunden. Ich gehe aber davon aus, dass wir uns hier in einem dreistelligen Tonnenbereich bewegen. Und genau bei dieser Schwungmasse spricht man von der Momentanreserve. Diese Reserve ist in der Lage, bei Schwankungen im Netz die Frequenz von 50 Hz für wenige Sekunden stabil zu halten. Aber irgendwann ist auch da Ende.

Das heißt, es ist eine kontinuierliche Energiezufuhr notwendig. Und das funktioniert bei wetterabhängigen Systemen wie Solar- oder Windenergie leider nicht. Dafür brauchen sie Kraftwerke, die kontinuierlich Energie liefern. Das ist bei Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken der Fall. An sich betreiben die in Bereitschaftsstellung lediglich diese großen Schwungmassen. Bei einem plötzlichen Leistungsabfall halten diese Schwungmassen kurzzeitig die Frequenz konstant. Dadurch wird Zeit gewonnen, zusätzliche Energiequellen zuzuschalten, bzw. Kraftwerke in Bereitschaft hochzufahren.
Ich möchte noch einmal betonen, dass diese Schwungmassen nur dort eingesetzt werden können, wo eine kontinuierliche Energiezufuhr möglich ist. Neben den schon genannten fossilen Kraftwerken eignen sich noch Atomkraftwerke und zumindest eingeschränkt Wasserkraftwerke dafür. Solar und Wind eignen sich dafür leider nicht.

Schlussbetrachtung

Haben sie das alles gewusst? Müssen sie nicht. Haben sie das alles verstanden? Müssen sie auch nicht zwingend. Vielleicht bin ich auch nicht geeignet, ihnen solche technischen Dinge näher zu bringen.

Was allerdings wichtig ist, den Mitgliedern des Bundestages geht es nicht anders als ihnen. Auch die Bundesregierung weiß solche Dinge nicht unbedingt. Oder glauben sie, dass beispielsweise Habeck davon was versteht. Der ist erstens Grün und dann auch noch Philosoph. Aber auch Merz dürfte davon nur wenig verstehen. Und damit das keiner merkt, umgeben sich diese Dilettanten mit Experten. Allerdings dürfen diese Experten nichts sagen, was nicht in die Ideologie der Politiker passt. Und so haben wir dann halt Leute wie Claudia Kemfert, die zwar immer großtun, aber von der Sache nur unwesentlich mehr verstehen als sie und ich.

Eines sollten sie jedenfalls niemals vergessen. Ohne Kraftwerke, die kontinuierlich Energie abgeben und über Schwungmassen das Netz stabil halten, wird diese Energiewende nicht funktionieren.

Noch ein Nachsatz zu Spanien

Nachdem das Netz zusammengebrochen war, musste man es Stück für Stück wieder anfahren. Das dauerte mehr als einen Tag. Und dass man es überhaupt wieder so schnell in Betrieb nehmen konnte, verdankt man dem Umstand, dass zu Beginn des Neustartes ausreichend Strom aus Frankreich verfügbar war. Die haben übrigens viele Kernkraftwerke.

Quelle: Blackout-Bericht: Finger weg vom Stromnetz! – DIE ACHSE DES GUTEN. ACHGUT.COM

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