Zuletzt hatte ich Ihnen den Führungsvorgang in aller Kürze erläutert, heute mache ich mich auf die Suche nach möglichen Fehlerquellen. Zunächst noch einmal die Grafik.
In Phase 1, der Lagefeststellung, kommt es darauf an, ein möglichst umfassendes Bild zu erzeugen. Dazu ist es notwendig, alle betroffenen Ressorts zu beteiligen. Dies ist meines Erachtens nicht geschehen.
Wie konnte es sonst passieren, dass 2 Wochen nach dem Eintritt in den Lockdown im März 2020 auffiel, dass es keine Regelungen für die Erntehelfer gab? Diese wurden nicht nur für die Spargelernte, sondern viel mehr für das Pflanzen anderer Nahrungsmittel wie Salaten, Gurken, Kohl usw. gebraucht. Was man im Frühjahr nicht pflanzt, kann man im Sommer nicht ernten. Hierauf hätte die Landwirtschaftsministerin schon in der ersten Phase hinweisen müssen.
Die Folge waren die ersten hektischen Reaktionen schon 2 Wochen später.
Auch in den Ressorts Wirtschaft und Finanzen hat man immer wieder hektisch nachsteuern müssen.
Eine länger angelegte Strategie ist nach wie vor nicht erkennbar.
Eine zweite Fehlerquelle liegt in der Auswahl der wissenschaftlichen Berater. Hier hatten Bund und Länder ausschließlich Berater herangezogen, die von Regierungspolitkern selbst ausgewählt und in entsprechenden Positionen auch durch die öffentliche Hand bezahlt werden. Das führt logischerweise zu einer sehr eingleisigen Betrachtung der Lage. „Des Brot ich ess, des Lied ich sing!“
Und letztendlich führte dies auch dazu, dass schon sehr früh feststand, dass der „totale“ Lockdown als die einzige Lösung angesehen wurde. Merkel sagte dazu, der Lockdown sei alternativlos, obwohl genügend andere Ideen vorlagen. Durch diese schon in einer frühen Phase der Planung getroffene Festlegung wurden Alternativen völlig ausgeschlossen. Das hat auch den weiteren Denkprozess komplett eingeschränkt. Die entsprechenden Weisungen und Gesetze folgten auf dem Fuße.
Bei der Kontrolle wurde zumindest ab Oktober festgestellt, dass die Maßnahmen wirkungslos blieben. Also mußten diese Maßnahmen verschärft werden. Wie das die Wirkung verändern sollte, ist mir schleierhaft.
Derzeit wird sogar deutlich, dass das eigentliche Ziel, Schutz der vulnerablen Gruppen unserer Gesellschaft, trotz leichtem Rückgang der Infektionen nicht erreicht wird.
An einen Strategiewechsel wird trotzdem nicht gedacht. Erstens hat man Alternativen schon im Frühjahr 2020 ausgeschlossen und zweitens sind die Experten auch die gleichen geblieben.
An einem solchen Entscheidungsprozess sollten möglichst alle Betroffenen beteiligt werden. So kam es dazu, dass es immer wieder diese Bund-Länder-Konferenzen gab. Dies halte ich nicht nur für absolut richtig, sondern vielmehr für unumgänglich.
Der Kanzlerin ist hierbei ein gravierender Fehler unterlaufen. Anstatt die Ministerpräsidenten am Planungsprozess zu beteiligen, hat sie diesen einen fertigen Plan vorgelegt, der dann in der Konferenz nur noch abgenickt werden sollte. Dies führte zu erheblichen Differenzen.
Einmal haben die MPs sogar eine von der Kanzlerin präsentierte Wissenschaftlerin abgelehnt, weil deren Verhalten unterirdisch gewesen sein soll.
Zuletzt hat sich die Kanzlerin vor diesen Konferenzen und den anschließenden Pressekonferenzen mit ihren Getreuen umgeben. Im wesentlichen waren das Markus Söder, der immer ein gemeinsames Vorgehen der Länder forderte, aber der erste war, der die Absprachen nicht einhielt, und Michael Müller (Berlin). Merkwürdig ist, dass in diesen beiden Ländern trotz Verschärfungen die Maßnahmen nicht richtig greifen.
Was hätte man besser machen können?
Erstens hätte man prüfen müssen, ob das Gesundheitsressort in der Federführung richtig ist. Eine Pandemie ist eine Naturkatastrophe. Die verantwortlichen Ressorts für den Bevölkerungsschutz (Zivil- und Katastrophenschutz) sind die Innenressorts. In ihrem Aufgabenbereich wären diese auch verantwortlich für einen Pandemieplan!
Dass andere Ressorts zur Zuarbeit verpflichtet sind, ist selbstverständlich.
Es soll im Innenministerium sogar einen Pandemieplan geben, wieso hat man diesen nicht genutzt?
Zweitens hätte man prüfen müssen, ob ein aktueller Pandemieplan existiert. Wenn ja, hätte man diesen überarbeiten müssen, wenn nein, hätte man ihn erstellen müssen.
Dafür war im Sommer Zeit genug. Die Infektionen bewegten sich auf niedrigem Niveau. Aber zum einen hätte man sich damit nicht profilieren können, zum anderen hätte man ja die Sommerpause sausen lassen müssen. Diese war wohl vielen zu wichtig.
Und Mitarbeiter haben die Ministerien genug.
Was bringt uns die Zukunft?
Eine Veränderung der politischen Leistung erwarte ich nicht.
Ich erwarte aber, dass das Virus zum Sommer hin aus saisonalen Gründen an Wirkung verliert.
Ich hoffe, dass der Impfprozess endlich Fahrt aufnimmt, nicht dass wir im Oktober 2021 genau da ankommen, wo wir vor einem viertel Jahr schon einmal waren.
Eins ist sicher, im Oktober werden wir einen neuen Kanzler haben.
[…] zwei Beitäge unter dem Titel „… denn sie wissen nicht was sie tun“ (Teil 1 und Teil 2) erstellt. Sie befassten sich mit der Thematik Krisenstäbe, Lagebeurteilung und […]