Pistorius stellt Heimatschutzdivision auf
„Wer leere Phrasen drischt, muss mit dem Risiko leben, an dem aufgewirbelten Staub zu ersticken.“
Margot S. Baumann
Vorwort
Vor wenigen Tagen hat Pistorius bekannt gegeben, dass er eine Heimatschutzdivision aufstellen will. Das hört sich zwar gut an, aber so einfach ist das wohl nicht. Daher habe ich mich entschlossen, das Ganze ein wenig aufzudröseln. Aufgrund der Komplexität will ich das aber in mehrere Abschnitte aufteilen. Heute werde ich einen kurzen historischen Rückblick wagen. Darüber hinaus werde ich Überlegungen zur Stärke dieser Kräfte anstellen. In weiteren Beiträgen werde ich etwas zur Ausstattung sagen. In einem letzten Beitrag werde ich ihnen die Schwierigkeiten aufzeigen, die Pistorius oder sein Nachfolger zu überwinden hat, nachdem man diese ganze Organisation leichtfertig zerschlagen hat.
Rückblick
Bis 1989 unterschied man das Feldheer und das Territorialheer. Das Feldheer ist die Bundeswehr, wie sie sie kennen dürften. Im kalten Krieg bestand dieses Feldheer aus 12 Divisionen, jede Division aus drei Brigaden. Die Brigade war etwa 3.500 Mann stark. Drei Brigaden hatten also 10.500 Mann. Dazu kamen dann noch spezielle Divisionstruppen, so dass eine Division aus etwa 12.000 Mann bestand. Nur dass sie einmal eine Vorstellung der Größenordnung haben.
Das Territorialheer war allerdings anders gegliedert. Es gab da keine Divisionen. Ich glaube die größte Truppengliederung war die Brigade mit etwa 3.500 Mann. Ich kenne die Zahlen nicht mehr genau. Wir hatten allerdings sechs Wehrbereiche. Und in jedem Wehrbereich gab es solche Truppenteile. Diese Truppenteile waren den Wehrbereichskommandos, das ist so etwas ähnliches wie die heutigen Landeskommandos, unterstellt. Hatten also mit dem Feldheer überhaupt nichts zu tun.
Über die Gesamtstärke kann ich keine sicheren Aussagen machen. Ich weiß es einfach nicht mehr. Ich gehe aber einmal davon aus, dass das Territorialheer etwa 50 – 60 Tausend Mann stark war. Allerdings waren das keine aktiven Soldaten. Es waren mit Masse Reservisten
Das Material der Heimatschutzkräfte
Die persönliche Ausrüstung der Soldaten wurden in großen Hallen gelagert. Das waren sogenannte Mobilmachungsstützpunkte. Die mussten nicht zwingend in Kasernen sein. Ich erinnere mich noch, dass es in Koblenz einen solchen Stützpunkt gab, der im Keller eines Real-Marktes lag.
Die größenabhängige Bekleidung bewahrte in der Regel der beorderte Soldat zuhause auf. Waffen wurden häufig in der Truppe gelagert. Da hatte jeder Truppenteil einige Waffen über Soll. Das waren die Waffen, die im Fall der Fälle den Reservisten zu Verfügung gestellt werden sollten.
Fahrzeuge hatten diese Truppenteile keine. Die sollten im Rahmen der Mobilmachung aus der Wirtschaft geholt werden. Die entsprechenden Unternehmen hatten das sogar gewusst. Und genau diese speziellen Fahrzeuge waren teilweise sogar vom Bund gesponsert
Kreiswehrersatzämter
Alle notwendigen Unterlagen wurden bei Kreiswehrersatzämtern gelagert und gepflegt. Das beinhaltete Personal wie Material, soweit es von der zivilen Seite bewirtschaftet werden musste. Die heutigen Karrierecenter der Bundeswehr sind dazu nicht mehr in der Lage. Diese dienen ausschließlich der Personalgewinnung für die aktiven Streitkräfte.
Die Kreiswehrersatzämter hat man nach 1989 allesamt aufgelöst.
Überlegungen zur Stärke
Nach 1989 hat man nach und nach das komplette Territorialheer aufgelöst. Man muss dabei berücksichtigen, dass man da hochmotivierten Reservisten die militärische Heimat genommen hat. Ein Großteil dieser Leute hat danach der Bundeswehr den Rücken gekehrt. Einige wenige haben sich allerdings beschwert. Also hat man nach einer Lösung gesucht. Man stellte also wieder Heimatschutzkompanien auf. Man nannte sie allerdings „regionale Unterstützungskräfte“, bzw. „RSU-Kompanien“, es sollte ja nicht gar so militärisch klingen. Kluge Menschen wussten damals schon, dass die Politik da einen riesigen Fehler gemacht hatte.
Wie dem auch sei, man stellte solche Kompanien auf. Je nach Größe des Landes unterschiedlich viele. Bayern hatte wohl sieben dieser Kompanien, die Stadtstaaten nur eine. Insgesamt waren es wohl mal 30 Kompanien.
Die Heimatschutzdivision
In der neuen Struktur werden diese Kompanien zu Regimentern zusammengefasst. Dabei ist die Anzahl der Kompanien in den Regimentern nicht einheitlich, weil nach wie vor eine regionale Zuordnung beibehalten werden soll. Insgesamt werde es sechs Heimatschutzregimenter.
Die Personalstärken
Eine Kompanie besteht aus drei Zügen mit etwa 30 Mann. Dazu kommt noch eine Führungs- und Versorgungsgruppe mit 10 bis zwanzig Mann, sodass die Heimatschutzkompanie etwa 110 Mann haben dürfte. Das entspricht auch in etwa der Stärke einer leichten Infanteriekompanie wie beispielsweise bei den Fallschirmjägern. Von diesen Kompanien haben wir 30, das heißt die Gesamtstärke beläuft sich dann auf 3.300 Mann. Jetzt werden diese Kompanien in sechs Regimentern zusammengefasst. Für jedes Regiment wird wahrscheinlich eine Art Stabs- und Versorgungskompanie aufgestellt. Die dürfte in etwa einer Stabs- und Versorgungskompanie anderer Heeresverbände entsprechen. Sie ist also etwa 150 Mann stark. Das macht bei sechs Regimentern insgesamt 900 Mann. Dazu kommt dann noch ein Divisionsstab mit schätzungsweise 200 Mann.
Insgesamt dürfte diese Division dann etwa 4.400 Mann stark sein. Mit Masse dürfte es sich dabei um Reservisten handeln.
Personalgewinnung
Wenn heute ein junger Mann Interesse an der Bundeswehr hat und Soldat nicht als sein Beruf sieht, dann könnte er sich in diesen Reservisten-Einheiten melden. Es ist allerdings eine Tatsache, dass er sich dann nicht mit dem einfachen Dienst zufrieden stellen lässt. Er will in Bezug auf seinen Beruf als Unteroffizier oder Offizier verwendet werden. Jetzt hat aber eine Kompanie in der Regel nur vier Offiziere und 15-20 Unteroffiziere. Dem gegenüber besteht ein Bedarf von etwa 90 Mannschaften. Diese wurden früher aus den Wehrpflichtigen gewonnen. Aber die allgemeine Wehrpflicht ist ausgesetzt. Daher hat man erhebliche Probleme mit der Besetzung der Mannschaftsstellen. Das hat die Struktur mit den RSU-Kompanien schon deutlich bewiesen. Da habe ich tatsächlich noch eigene Erfahrungen mit gemacht. Wie man dieses Problem bewältigen will, wissen wohl nur die Götter.
Sie kennen ja das Problem: zu viele Häuptlinge, aber keine Indianer.
Zusammenfassung
Division hört sich erst einmal gut an. Von der Personalstärke handelt es sich eher um eine Brigade.
Und beim Personal sieht es auch nicht wirklich rosig aus. Offiziere und Unteroffiziere dürfte man noch genug gewinnen können. Es gibt viele, die in ihrem Portfolio Offizier oder Unteroffizier der Reserve anführen wollen. Bei den Mannschaften sieht es allerdings mau aus. Ich weiß auch nicht, was man jungen Menschen anbieten will, damit die als Mannschaftssoldat in einen Reservistenverband Dienst leisten. Vor allem auch deshalb, weil man ja seit Jahrzehnten von Friedensdividende spricht und die Wehrbereitschaft Deutschlands gegen null tendiert.
Vielleicht war der Ausstieg aus der Wehrpflicht doch nicht so schlau.