Warum greift die öffentliche Hand nicht durch?

Beamter trotz schwerer Verfehlungen in Lohn und Brot

„Wer in der Pflicht versagt, geht häufig zur Willkür über.“
Martin Gerhard Reisenberg

(K)ein Märchen

Es war einmal eine Stadt in Sachsen-Anhalt, die hieß Klötze. Und wie viele andere Städte hat Klötze auch ein Ordnungsamt mit einem Amtsleiter. Nennen wir den einfach mal Ulf D. Der dürfte ein Beamter im gehobenen, vielleicht sogar im höheren Dienst sein.
Ulf hat keinen Führerschein. Ob er nie einen gehabt hat, oder ob er den aus irgendwelchen Gründen verloren hat, geht aus der Geschichte nicht hervor. Aufgrund der Geschichte glaube ich aber zweiteres.

Wie dem auch sei, das Ganze hat den Ulf nicht weiter gestört. Der ist einfach weitergefahren. Auch mit seinem Dienstwagen. Und jetzt kommt, was kommen musste. Der Ulf fährt besoffen und baut einen Unfall.

Da er Beamter ist, kann man ihn zunächst nicht fristlos entlassen. Der Mann wird also vom Dienst suspendiert. Er muss zuhause bleiben. Sein Geld bekommt er trotzdem. Es folgt eine disziplinare Ermittlung. Das Geld läuft weiter. Dann geht es vor Gericht. Klötze will den Ulf loswerden. Aber das lehnt das Gericht ab. Erst im Berufungsverfahren, fast sechs Jahre später, stimmt das Verwaltungsgericht Magdeburg dem Antrag auf Entlassung zu.
Jetzt endlich kann man den Ulf rausschmeißen. Nachdem der sechs Jahre lang sein Gehalt bekommen hat, ohne zu arbeiten.

Ein Blick ins Strafrecht

Ich muss gestehen, ich bin ein wenig verwundert. Denn es liegen in diesem Falle mehrere Straftatbestände vor. Im § 21 Straßenverkehrsgesetz ist das Führen eines KFZ ohne Fahrerlaubnis mit Strafe belegt. Im Falle des Ulf D. wäre hier eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder eine Geldstrafe möglich. Als Beamter steht Ulf D. zudem in einem besonderen Treueverhältnis, das heißt, seine Taten sind schärfer zu bemessen. Zudem handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Somit ist Fahrlässigkeit auszuschließen. Ich bin der Meinung, dass unter Berücksichtigung dieser Umstände die Maximalstrafe durchaus angemessen wäre.

Dazu kommt noch das Fahren unter Alkoholeinfluss. Allein das ist schon strafbar. Der § 316 Strafgesetzbuch sieht hier schon eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Da er aber im Rahmen seiner Trunkenheitsfahrt einen Unfall verursacht hat, kommt auch der § 315c Strafgesetzbuch zum Tragen. Hier geht es um „Gefährdung des Straßenverkehrs“. Ich will den nicht im Einzelnen beleuchten. Aber die Verursachung eines Unfalls dürften für diesen Straftatbestand schon ausreichend sein.
Dieser Paragraf sieht Strafen von bis zu fünf Jahren vor. Ich kenne nun die Umstände nicht genau. Auch die Quellen sagen darüber nicht genügend aus.
Aber selbst wenn es sich um einen minderschweren Fall handelt, sollte dabei eine Freiheitsstrafe von einem Jahr rauskommen.
Halten wir also fest. Bei einer strafrechtlichen Verfolgung wäre eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr durchaus erwartbar gewesen. Vielleicht auch eine Geldstrafe, die sich dann im Bereich um 100 Tagessätze bewegt hätte.

Die Entlassung im Falle einer Bestrafung

Es gibt eigentlich nichts, was nicht geregelt ist. So sagt der § 24 Beamtenstatusgesetzes, „Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils“. Das heißt, er ist ab diesem Zeitpunkt entlassen. Einer Kündigung bedarf es dann nicht mehr.
Diese Regelung gilt in allen Bundesländern. Für Bundesbedienstete ist dieser Sachverhalt völlig identisch im § 41 Bundesbeamtengesetz geregelt.

Zusammenfassung

Die Stadt Klötze hat sich in diesem Verfahren unglaublich schwergetan. Einen Beamten in einem Disziplinarverfahren loszuwerden ist wirklich schwierig. Ich rede da aus Erfahrung. Noch schwieriger wird es bei der Feststellung einer Dienstunfähigkeit.

Deutlich einfacher ist es, wenn ein Straftatbestand vorliegt. Und da stellt sich die Frage, warum Klötze diesen Weg nicht gewählt hat. Gerade in diesem Fall liegen die Straftatbestände doch auf der Hand. Klarer geht es doch kaum.

Wahrscheinlich hat man diese Möglichkeit nicht einmal gekannt. Auf der anderen Seite gehören solche juristischen Fragen aber zur Ausbildung von Verwaltungsbeamten.
Und man sollte noch eines wissen. Eine disziplinare Ahndung schließt eine strafrechtliche Verfolgung nicht aus.
Aber sechs Jahre Gehalt, ohne Leistung zu erbringen, darauf musste ich bis zur Pensionierung warten.

Ein Link

Besoffen gefahren, suspendiert: Ordnungsamts-Chef kassiert trotzdem 6 Jahre weiter » Journalistenwatch

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