Warum der Gaza-Krieg kompliziert ist
„Es ist im Kriege alles sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig.“
Carl von Clausewitz
Israel ist immer schuld
Egal was derzeit in Gaza passiert, irgendwie soll Israel immer eine Mitschuld tragen. Sicherlich sind die israelischen Streitkräfte (IDF) derzeit in der Offensive, aber ist es deshalb ein Angriffskrieg? Zu dieser Frage werde ich mich in einem späteren Bericht noch einmal äußern.
Heute geht es darum, erst einmal das Szenario zu verstehen. Dann dürfte auch klar sein, wie kompliziert das Geschehen für die IDF ist.
Machen wir uns Gedanken über den Krieg
Ich weiß nicht, ob sie bei der Bundeswehr waren. Und ich weiß nicht, welche Bilder sie vor Augen haben, wenn es um einen Krieg geht. Ich bin mir aber sicher, dass da Vorstellungen herrschen, die nichts mit der Realität zu tun haben.
Vielleicht kennen sie den Roman „Im Westen nichts Neues“, der mehrfach verfilmt worden ist. Da geht es um den Grabenkampf im zweiten Weltkrieg. Irgendwo in der Pampa hat man Schützengräben ausgehoben und dann ordentlich aufeinander losgeballert. Vielleicht kennen sie auch andere Kriegsfilme, wo Panzer einen breit angelegten Angriff vorführen.
Vielleicht kennen sie aber auch Filme über den Krieg in Stalingrad. Dort verlief die Frontlinie teilweise zwischen den einzelnen Geschossen der Häuser. Wie dem auch sei, diese Bilder dürften mit der Realität nur wenig zu tun haben.
Taktische Grundsätze
Ich möchte ihnen einige wenige Grundsätze zur Taktik erläutern. Der taktische Führer teilt das Gefechtsfeld normalerweise in Gefechtsstreifen ein. Die Breite dieser Streifen ist abhängig von der Truppengattung und dem Auftrag. Bei einem Panzerbataillon kann man von einer Breite von etwa 5 km ausgehen. Bei Infanteriebataillonen sind die Gefechtsstreifen unter Umständen etwas schmaler. 3 km breit sind sie aber alle mal.
Vielleicht noch zwei Zahlen. Ein Panzerbataillon verfügt über knapp 50 Panzer. Infanterie Bataillone haben eine ähnliche Anzahl an Kampffahrzeugen, hier ist aber auch noch die Absitzstärke von Bedeutung. Die beträgt etwa 350 Infanteristen. Bewaffnet sind sie mit Sturmgewehren, die mit dem deutschen G36 oder dem amerikanischen M16 vergleichbar sind. Darüber hinaus dürften sie auch mit Maschinenpistolen wie die Uzi ausgestattet sein. Das soll erst einmal genügen.
Der Gaza-Streifen
Ich hatte es in den letzten Tagen schon einmal erwähnt. Der Gaza-Streifen ist etwa 40 km lang, und an der breitesten Stelle 12 km breit. An den schmalen Stellen beträgt die Breite gerade einmal 7 km. Sie erkennen schon aus diesen Angaben, dass ein breit angelegter Panzerangriff völlig absurd ist. Wäre der Gaza-Streifen ein offenes unbebautes Gelände, dann wäre das für ein Panzerbataillon eine Tagesaufgabe. Leider ist das aber nicht so.
Die Fläche des Gaza-Streifens ist etwas größer als die des Landes Bremen. Allerdings leben dort mindestens dreimal so viele Menschen.
Wir halten also fest, der Raum ist klein, die Bebauung dicht.
Der Feind
Auch der Feind ist anders als in großen Kriegen. Die Hamas operiert in Kleingruppen, vier bis fünf, vielleicht auch mal 10 Terroristen. Ich benutze bewusst nicht den Begriff „Kämpfer“. Die tauchen auf, setzen einen Nadelstich und verschwinden wieder. Oder sie zünden aus sicherer Entfernung Raketen. Den offenen Kampf werden die nicht suchen. Und neben dem Kampf gegen die IDF drangsalieren sie auch noch die Bevölkerung. So schaffen sie genau die Bilder, auf die die westliche Welt in ihrer grenzenlosen Naivität so gerne reinfällt.
Natürlich kann dieser Feind erheblichen Schaden anrichten. Und was er ganz sicher erzeugt, ist Angst. Denn keiner weiß, wo er auftaucht, was er tun wird. Aber jeder weiß, wenn er erwischt wird, dann wird es schlimm. Über Menschenwürde braucht da keiner mehr zu reden.
Der Charakter des Krieges
Natürlich tragen diese Terroristen keine Uniform. Und so sind sie für die Kräfte der IDF kaum zu erkennen. Darüber verschanzen sie sich natürlich in den bebauten Bereichen. Auf Fragen des Kriegsvölkerrechts nehmen sie natürlich keine Rücksicht. Im Gegenteil, sie benutzen die Bevölkerung als Schutzschild. Insbesondere Kinder und Jugendliche werden dafür gerne missbraucht. Denn genau das erzeugt die Bilder die man braucht. Und dass die Propaganda funktioniert, kann man sehr gut an den Reaktionen unserer Politidioten erkennen.
Israel ist angetreten
Israels Ziel in diesem Konflikt ist die Vernichtung der Hamas. Aber wie ist denen beizukommen? Eigentlich müssen die israelischen Soldaten Haus für Haus durchkämmen. Straße für Straße. Und hinter jeder Ecke lauert möglicherweise ein Terrorist. Darüber hinaus verstecken sich die Brüder auch noch in Tunneln unter der Erde. Wenn wir das auf Bremen übertragen, dann müsste man auch noch die Kanalisation durchkämmen. Und genau das versuchen die israelischen Streitkräfte. Wenn israelische Bodentruppen dann wieder so ein Rattennest aufgeklärt haben, dann kommt die Luftwaffe. In einem so dicht besiedelten Gebiet lassen sich Kollateralschäden gar nicht vermeiden. Und die sind nach Kriegsvölkerrecht nicht einmal zu bemängeln. Wird der Keller eines Krankenhauses militärisch genutzt, dann verliert dieses seinen Schutzstatus. Dem Grunde nach hätten die Israelis nach derzeitigen Erkenntnissen das Recht, den Gaza-Streifen in Gänze platt zu walzen. Dass sie es nicht tun, zeigt, wie vorsichtig die IDF vorgehen.
Schaffen von Korridoren und sicheren Räumen
Ich hatte es oben schon beschrieben. Der Raum ist eng. Und in einem übersichtlichen Gelände würde er gerade einmal für ein, maximal zwei Kampftruppenbataillone ausreichen. Da dürfte klar werden, wie schwer es ist, sichere Räume oder Korridore für humanitäre Hilfe einzurichten. Trotzdem haben die Israelis das immer wieder versucht. Aber es ist und bleibt einfach eine Herkulesaufgabe. Vor allem lassen sich solche Räume aufgrund der dichten Bebauung kaum lückenlos überwachen. Nicht umsonst gelingt es der Hamas, mindestens 50 Prozent der Hilfsgüter zu stehlen.
Womit ist der Krieg vergleichbar
Es handelt sich also um einen Krieg, der fast ausschließlich im Orts- und Häuserkampf geführt wird. Er dürfte also dem Krieg in Stalingrad durchaus ähnlich sein. Allerdings hatte ein Großteil der Bevölkerung Stalingrad schon verlassen. Das ist in Gaza nicht der Fall. Und das macht es nicht leichter.
Fazit
Wenn sie also die täglichen Vorwürfe gegen Israel hören, dann denken sie bitte daran, in welch widrigen Umständen die IDF dort zu tun haben.
Und wollen wir uns doch einmal eines klar machen. Der Krieg wäre sofort zu Ende, wenn die Hamas ihre Waffen niederlegt und die Geiseln freilässt.
Stattdessen verkünden sie, dass man die Geiseln ordentlich versorgen würde, wenn Israel die Versorgung der Bevölkerung übernimmt. Liebe Hamas, es geht nicht um anständige Behandlung der Geisel, es geht um deren Freilassung. Alles andere ist nicht verhandelbar.