Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt
Bertold Brecht (Schriftsteller)
Ich möchte Ihnen zunächst noch einmal die Fragestellungen der Teile 1 und 2 in Erinnerung rufen. Im Teil 1 beschäftigte ich mich mit der Frage ob der Tod tragisch oder traurig ist, im Teil 2 versuchte ich zu erläutern was für mich Leben bedeutet.
Nun komme ich in meinem letzten Teil zur Frage, warum uns der Tod, insbesondere der durch Corona verursachte, so nahe geht.
In einer Welt, in der Menschen glauben, sie könnten durch ihr Verhalten das Klima verändern (ohne dass das Hauptproblem des Bevölkerungswachstums gelöst wird), in einer Welt, wo Menschen glauben, sie könnten durch ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse die Natur beherrschen, da ist es nicht verwunderlich, dass Menschen auch glauben, dass sie den Tod besiegen könnten. Unterstützt wird das durch Aussagen der WHO. Dort wird prophezeit, dass im Jahr 2050 kein Mensch mehr an einer Infektion sterben müsse.
Um so heftiger trifft es die Menschen, wenn sie jetzt erkennen müssen, dass es Erreger gibt, die zunächst einmal ordentlich zuschlagen. Und wenn dieser Erreger dann besiegt ist, dann wird sicher ein neuer kommen, und das gleiche Spiel beginnt von vorne.
Gehen wir zunächst ein wenig in der Zeit zurück. In einer Zeit, wo die wissenschaftlichen Erkenntnisse noch gering waren, haben Menschen Halt in ihrem Glauben gesucht. Interessant dabei ist, dass dort der Tod nicht als endgültig, sondern viel mehr als Anfang für ein neues besseres Leben gesehen wurde. Der Tod war Erlösung vom irdischen Jammertal.
Im neuen Testament, Lukas 23, steht geschrieben:“Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“
Den Schritt vom irdischen Leben in ein Leben im Paradies findet man in vielen Religionen.
Selbst alte Religionen, wie zum Beispiel die der Ägypter, glaubten an ein Leben nach dem Tod. Auch bei vielen Urvölkern gibt es diesen Glauben. So glaubten beispielsweise die Indianer an ein Leben zu Füßen des großen Manitu.
Was all diesen Religionen gleich ist, der Tod hatte etwas unabänderliches, aber auch etwas tröstliches. Er gehörte zum Leben dazu.
Je weiter Menschen sich von diesem Glauben entfernen, bedingt durch wissenschaftliche Erkenntnisse, um so mehr entwickelte sich die Angst vor dem Tod.
Stellen wir uns jetzt die Frage, für wen der Tod eigentlich schlimmer ist, für die Angehörigen oder für den Betroffenen selbst. Ich will hier nicht über Unfalltote sprechen, denn in diesen Fällen kommt alles so plötzlich, dass sich diese Frage gar nicht stellt. Und für Tote im Zusammenhang mit Corona ist diese Frage auch unerheblich.
Aber wie sieht es bei Menschen aus, wo der Weg durch eine schwere Krankheit vorgezeichnet ist. Hier kann ich mich nur auf Erzählungen stützen, erlebt habe ich persönlich nur einen einzigen Fall.
Woran kann ich mich erinnern. Wenn ich als kleines Kind mit meiner Oma über das Thema sprach, sagte sie immer, der Tod sei gar nicht so schlimm, und sie müsse doch sterben, damit es Platz für die jungen Leute gebe. Heute weiß ich, was sie gemeint hat.
Sie hat als Jugendliche den ersten Weltkrieg, als Mutter von 4 Kindern teilweise alleinerziehend (1942-1949) den zweiten Weltkrieg überstanden. Sie hatte zum Schluß 6 Enkel. Und ihr Feld war bestellt. Sie hat ihr Alter genossen, sie hat gerne gefeiert, aber vor ihrem Ende war ihr nicht bange. Sie hat immer gesagt, wenn es soweit ist, dann ist das so. In ihren letzten Lebensjahren bedurfte sie nach einem Schlaganfall noch einige Jahre der Pflege meines Großvaters, bevor sie dann mit knapp 80 Jahren verstarb.
Natürlich haben die Angehörigen getrauert, aber dadurch, dass sie diese Situation schon früh kommuniziert hatte, hatte ihr Tod schon einiges von seinem Schrecken verloren.
Mein Großvater erlebte sogar noch den Mauerfall, bevor er mit 86 Jahren verstarb. Auch bei ihm war die Situation kaum anders. Er hatte für seine Nachfolge alles geregelt, konnte auf ein bewegtes und erfülltes Leben zurückblicken, hatte sogar noch zwei Urenkel erlebt. Er verstarb wie er gelebt hatte, aufrecht selbstbestimmt und ohne Groll.
Ob der Tod durch Infektion oder durch andere Gründe bedingt wäre, spielte für beide keine Rolle.
In vielen anderen Fällen habe ich ähnliches gehört. Für die Betroffenen war der letzte Gang gar nicht so dramatisch. Er entstand sogar der Eindruck einer gewissen Normalität. Bei verwitweten kam sogar der tröstliche Gedanke auf, sie würden jetzt ihrem Partner folgen.
Die Angehörigen hatten viel größere Probleme. Natürlich reißt ein solcher Verlust eine Lücke. Und wenn man dem Verstorbenen sehr nahe steht, dann ist die Trauer größer. Aber die Welt geht trotzdem nicht unter.
Meine Kinder und deren Cousins und Cousinen können immer noch lachen, wenn sie sich an eine Geschicht ihres Großvaters erinnern. Er hatte einmal erzählt, wie er und seine Brüder auf Schafen geritten sind.
Wie sieht das heute in Corona-Zeiten aus. Zum einen glaube ich, dass die Menschen die Fähigkeit verloren haben, sich mit ihrem Tod, oder dem eines Angehörigen auseinanderzusetzen. Das Thema wird verdrängt. Ich kann verstehen, dass ein 30 oder 40 Jähriger noch nicht damit auseinandersetzt. Aber ich, ich bin jetzt 62 und die Einschläge kommen näher, sollte mir schon mal Gedanken machen, wie ich mir meinen letzten Weg vorstelle. Und ich sollte es auch kommunizieren.
Dadurch werden diese Menschen vom Tod überrascht, selbst wenn er voraussehbar ist. Auch die Politik trägt dazu bei. Derzeit gibt es fast nichts, was irgendwie mit diesem Virus begründet wird.
Das Virus ist immer schuld!
Leider wird dabei vergessen, dass ein Virus nicht agiert, es ist einfach da. Schuld können nur Menschen sein, sie sind allein für ihr Handeln verantwortlich.
Und da die Politik uns immer wieder einredet, wenn Menschen sterben sei das die Schuld der Bürger, die sich nicht an Regeln halten, wird das Virus immer schrecklicher. Ich habe sogar das Gefühl, dass suggeriert wird, ohne Corona würden die Menschen nicht sterben. Ich bin absolut sicher, das stimmt nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob all die Corona-Toten ohne Infektion wirklich soviel länger gelebt hätten.
Dass der Grund für das Sterben vielleicht auch im hohen Alter der Toten begründet ist, wird von politischer Seite konsequent ignoriert. Und da Alter keine Rolle spielt, muß ja das Virus so schrecklich sein.
Übrigens, haben sie schon mal nach Übersichten gesucht, die sich mit Todesursachen in Deutschland beschäftigen? Altersschwäche als Todesursache kommt darin nicht vor.
Sterben kann gar nicht so schwer sein – bisher hat es noch jeder geschafft.
Norman Mailer (Schriftsteller)