Bürokraten halten den Amtsschimmel für ein Paradepferd.
Rupert Schützbach (Diplomfinanzwirt und Schriftsteller)
Eine kleine Geschichte aus dem Leben
Mein Personalausweis ist abgelaufen. Für einen neuen braucht man ein Passbild, biometrisch, versteht sich.
Also beim Fotografen anrufen, Termin machen. Geht richtig schnell. Einen Tag später können wir die Fotos machen. Terminshopping, Inzidenz über Hundert, ist dann halt so.
Habe dann einen Termin beim Amt gemacht, natürlich online. Habe sogar einen bekommen, vier Wochen später. Begründung mit vier Buchstaben: „Isso!“
Also warten.
Vier Wochen später
Ich begebe mich mit meiner Frau zum Rathaus. Meldung beim Pförtner, dann Warteraum. Großzügig angelegt, man soll ja keinen Kontakt zu anderen haben. Außer uns ist nur noch eine weitere Dame da, direkter Kontakt ist kaum möglich. Maskenpflicht gilt sowieso. Dann kommt eine Dame aus dem Stadtkontor und holt uns ab.
Wir kommen in ein großzügiges Büro mit sechs Arbeitsplätzen. An zwei Arbeitsplätzen ist Kundschaft. An den anderen nicht. Es sieht nicht so aus, als ob dort gearbeitet wird.
Die Kunden sind durch eine kleine Scheibe von den Mitarbeitern getrennt. Maskenpflicht gilt auch hier, zumindest für die Kunden. In der Scheibe ist eine kleine Öffnung, wie eine Futterluke. Da kann man Unterlagen durchreichen. Ein Schild „Bitte nicht füttern“ ist Gott sei Dank nicht angebracht.
Die einzelnen Termine sind für jeweils 30 Minuten angelegt, man soll ja keinem begegnen. Nach 20 Minuten sind wir beide fertig. Die Dame hat also 40 Minuten gewonnen. Was macht sie wohl damit?
Die Mitarbeiter an den anderen vier Arbeitsplätzen haben immer noch keine Kundschaft. Wahrscheinlich dürfen maximal zwei Kunden gleichzeitig bedient werden.
Wir sind fertig
Jetzt müssen wir nur noch wissen, wann wir den neuen Perso abholen können. Also die Herstellung des Ausweises ist nicht das Problem, das ginge recht zügig. Wir brauchen aber wieder einen Termin beim Amt. Den bekommen wir auch. In sechs Wochen. Wow, ich bin überrascht, dass es so schnell geht.
Die vier anderen Mitarbeiter haben immer noch nichts zu tun. Zumindest sieht es so aus. Kaffee trinken dürfen sie wohl nicht, Corona-Regel.
Das erinnert mich an einen bösen Spruch.
Was ist das? In einem Raum sitzen sechs Leute und einer arbeitet? Das ist eben diese Amtsstube wenn der Ventilator läuft.
Jetzt freue ich mich schon auf die nächste Runde. Dann bin ich in 10 Minuten fertig…
Und die Moral von der Geschicht
Von den Bediensteten der Stadt ist keiner in Kurzarbeit. Öffentlich Bedienstete bekommen trotz Minderleistung weiterhin volles Gehalt. Da fällt es leicht, die Maßnahmen der Regierung gut zu finden.
Ob diese Einstellung auch auf diese Mitarbeiter zutrifft, weiß ich nicht.
Und der Herr sprach: „Fasse dich, es könnte schlimmer kommen.“
Und ich fasste mich, und es kam schlimmer.
In diesem Sinne…