Eine kleine Rückschau auf mein Leben
Man kann mit sechzig immer noch so jung sein wie mit fünfzig, aber nur noch zwei Stunden täglich.“
Danny Kaye
Gestern im Fernsehen
Gestern lief auf MDR der Fernsehfilm Bornholmer Strasse. In diesem Film wird die Situation eines Grenzüberganges der DDR am 9. November 1989 geschildert. Ein wenig komödiantisch aufgebaut, aber durchaus authentisch. Es beginnt mit der Verkündung der Reisefreiheit durch Günter Schabowski. Hier ein Auszug aus der schon legendären Pressekonferenz auf Youtube.
Meine Idee zu diesem Beitrag
Und da stellte meine Frau und ich fest, dass das schon über 30 Jahre her ist. Das hat mich dazu veranlasst, mal auf die 63 Jahre meines Lebens zurückzuschauen. Und dabei ist mir bewusst geworden, dass ich in ziemlich bewegten Zeiten gelebt habe. Und daran möchte ich sie teilhaben lassen.
Ich kann sie beruhigen, es wird jetzt keine Biographie. Es wird auch keine Lehrstunde in Geschichte. Aber auch sie haben Momente, an die sie sich gut zurückerinnern können. Ich bin mir fast sicher, sie wissen noch genau, was sie am 11. September 2001 gemacht haben. Aber dazu später mehr.
Meine Kindheit
Geboren bin ich im Jahr 1959. Natürlich habe ich aus dieser Zeit keine Erinnerungen an das politische Zeitgeschehen. Vieles weiß ich aber aus den Geschichtsbüchern oder aus Filmen die aus dieser Zeit berichten. Ich wuchs also auf in der Hochzeit des Kalten Krieges. Vielfach wird die Kubakrise als der Höhepunkt des Kalten Krieges bezeichnet.
Auch die Sturmflutkatastrophe 1962 fiel in diese Zeit.
Und nicht zu vergessen ist der historische Besuch John F. Kennedys 1963 in Berlin mit dem berühmten Ausspruch „Ich bin ein Berliner„.
Meine Jugend
Spätestens mit dem Besuch auf dem Gymnasium im Jahr 1969 begann ich mich auch für politische Dinge zu interessieren. Sehr gut erinnnere ich mich noch an die erste Mondlandung im Juli 1969. Ja, das haben wir schon im Fernsehen verfolgen können, schwarz weiß natürlich, das versteht sich von selbst.
Was ich dann schon sehr bewusst wahrgenommen habe, waren die Olympischen Spiele 1972 in München. Natürlich erinnere mich an sportliche Erfolge. Ulrike Meifarth im Hochsprung oder Heide Rosendahl im Sprint. Merkwürdig, warum habe ich gerade diese Beiden noch so in Erinnerung?
Was aber regelrecht in der Erinnerung eingebrannt ist, ist das Attentat auf die israelische Olympiamannschaft durch die Terrororganisation „Schwarzer September“. Es ist unglaublich. Selbst nach 50 Jahren kann ich mich noch an den Namen dieser Terrororganisation erinnern. Was da im einzelnen geschah, ist im Fernsehen immer wieder aufgearbeitet worden. Zuletzt bei den European Championchips in München in diesem Jahr.
Woran ich mich dann auch noch gut erinnere, ist das Unwesen der Terrorgruppe RAF. Anfangs hießen die noch Baader-Meinhof-Bande. Ich möchte nicht wissen, wen die so alles umgebracht haben. Die waren in den Siebzigern omnipräsent. Als die dann endlich gefasst waren wurden sie vor Gericht gestellt. Ein Teil der Verhandlungen fand sogar im Bürgerhaus des Frankfurter Vorortes Sindlingen statt, in dem ich zu Hause war. Das war logischerweise ein Hochsicherheitstrakt. Auf dem Weg zur Schule mussten wir immer daran vorbei. War irgendwie spannend.
Meine Zeit in der Bundeswehr bis 1989
Ja, ich bin 1979 als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr gegangen. Es war gerade die Zeit des NATO-Doppelbeschlusses. Da hatte man beschlossen mit nuklearen Mittelstreckenraketen nachzurüsten. Das war heiß diskutiert. Und linke Proteste waren auf der Tagesordnung. „Schwerter zu Pflugscharen“ und wie deren Parolen so lauteten. Oder auch der Mißbrauch des Tucholsky-Zitates „Soldaten sind Mörder“. All das begleitete mich durch meine anfängliche Militärzeit. Und trotzdem war ich überzeugt, das richtige zu tun. Ich wurde dann zunächst Zeit- und später Berufssoldat.
Ich bin überzeugt, dass in diesen zehn Jahren viel geschehen ist. Merkwürdigerweise habe ich daran keine Erinnerung mehr.
Zu unserem Berufsbild gehörten auch Weiterbildungen. Und natürlich war die politische Lage immer ein Thema. Das Pionierbataillon, dem ich angehörte, fuhr regelmäßig auf den Truppenübungsplatz Schwarzenborn. Von dort aus war es nicht weit bis zur innerdeutschen Grenze. Ein Besuch mit unseren Wehrpflichtigen gehörte dabei immer zum Programm. Unterstützt wurden wir dabei von der Grenzschutzgruppe, so hieß die Bundespolizei früher, in Bad Hersfeld. Ja, da wurde einem richtig klar, wofür man seinen Beruf ausübte.
Das Jahr 1989
Bis zum Jahr 1989 war ich davon überzeugt, dass man sich in Deutschland mit dem Status Quo zufrieden geben müsse. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass diese Grenze jemals fallen würde. Nein, das schob ich in das Reich der Utopien.
Und dann geschah das völlig Unerwartete. Das Datum weiß ich nicht mehr so genau. Aber es muss Ende November 1989 gewesen sein. Unser Bataillon war wieder mal in Schwarzenborn. Diesmal war ein Pionierzug unseres französischen Patenregimentes dabei. Auch mit denen wollten wir zur Grenze. Also erst einmal zum Grenzschutz nach Bad Hersfeld. Der Offizier der uns betreute sagte gleich zu Beginn, dass er möglicherweise die Veranstaltung abbrechen müsse, an der Grenze passierten unglaubliche Dinge. Es kam wie es kommen musste. Er bekam einen Anruf. Er musste raus.
Ich kannte diesen Offizier allerdings recht gut, so dass er mir auf der Karte einen Aussichtspunkt zeigte, den wir aufsuchen könnten. Ja, auch den Weg dahin beschrieb er mir sehr genau. Und wir mögen nicht vom Weg abweichen. Es könnte sein, dass wir dort Dinge sehen, die wir nie wieder vergessen würden.
In meinem Falle hat er Recht behalten. Ich erklärte den Franzosen was nun abgeht. Mit Dolmetscher natürlich, ich kann nur französch essen, mit dem Sprechen hapert es ein wenig.
Und dann fuhren wir zu diesem Aussichtspunkt. Dort konnten wir dann beobachten, wie NVA-Pioniere die Grenzanlagen beseitigten und einen Übergang schufen. Das, was ich für unmöglich gehalten hatte, passierte in diesem Moment tatsächlich.
Das ist jetzt schon 33 Jahre her. Und das Bild werde ich wohl nie vergessen.
1989 bis 2019
Natürlich gibt es nach dem Fall der Mauer unzählige Ereignisse, bei denen eine Erwähnung angebracht wäre. Da war Kanzler Schröder, der nach seiner Wahlniederlage zu Gazprom wechselte. Ich habe das schon damals für Landesverrat gehalten. Es scheint aber nicht so schlimm gewesen zu sein. Er ist selbst heute noch Mitglied bei der SPD.
Auch die 16 Merkeljahre bieten unzählige Ereignisse. Am stärksten ist da noch die Erinnerung an die Flüchtlingskrise in den Jahren 2015/2016. Ja, das war schon komisch. Da hat Angie gesagt, wir nehmen alles. Und als es dann zu viele wurden, da hat sie dann versucht, die anderen EU-Länder mit ins Boot zu holen. Die waren aber wohl etwas verschnupft. Die haben uns was gehustet.
Erstaunlich ist dabei, wieviel unsere Politelite daraus gelernt hat. Wieder kommen alle nach Deutschland. Und auch jetzt merkt Faeser, dass Deutschland es alleine nicht schaffen kann. Und wieder soll Europa helfen. Aber die sind immer noch erkältet.
Wie heißt es so schön, dumm ist der, der den gleichen Fehler zweimal macht.
Der 11. September 2001 oder 9/11
In all diesen Jahren stechen die Ereignisse vom 11. September 2001 hervor. Zu diesem Zeitpunkt war ich Chef einer Stabs- und Versorgungskompanie. Und es war ein Tag, den ich mir freigehalten hatte, um all meine Teileinheiten vor Ort aufzusuchen. Das habe ich regelmäßig zweimal im Monat gemacht. Ich kam gerade aus dem Bataillonsstab zurück in die Kompanie. Da wurde mir von einem Flugzeugabsturz in einen der Twin Towers berichtet. Ich wollte mir das ganze Drama gar nicht vorstellen. Und ich dachte auch noch nicht an einen Anschlag.
Ich machte mich also auf zu meinem Instandsetzungszug. Dort kam ich gegen 10.00 Uhr an. Und dort erzählte man mir vom Anschlag auf den zweiten Turm. Ich wollte es zunächst gar nicht glauben. Aber spätestens da wurde mir klar, das es sich um einen perfiden Terroranschlag gehandelt haben muss.
Noch am selben Abend, kurz vor Dienstschluss, ließ ich die Kompanie antreten. Ich habe meinen Soldaten in kurzen Worten meinen Standpunkt zu den Anschlägen dargestellt. Ähnliche Aussagen kamen dann einen Tag später auch aus dem Ministerium.
Und es dürfte ihnen klar sein, dass diese Anschläge dann auch zum militärischen Engagement in Afghanistan geführt haben. Übrigens, es war eine rot-grüne Regierung, die für die Bundeswehr diesen Einsatz beschloss.
Einsätze
Ich will jetzt nicht über die unterschiedlichen Einsätze der Bundeswehr im Ausland referieren. Es soll ja weiterhin ein ganz persönlicher Rückblick sein. Also betrachte ich nur die Einsätze, an denen ich selbst teilgenommen habe.
In Afghanistan war ich dreimal. Der erste Einsatz in Kabul war zwar lang, aber dennoch irgendwie unspektakulär. Die Lage war ruhig und wir konnten nahezu ungestört unseren Job machen. Zum Zeitpunkt der Anschläge im dritten Kontingent war ich schon wieder zuhause.
Die beiden Einsätze in Kunduz hatten da schon eine ganz andere Qualität. Trotzdem sind mir da viele Erinnerungen geblieben. Ja, es waren richtig böse dabei. Mit Mischa Meier, der einem Anschlag zum Opfer gefallen ist, war ich tags zuvor noch auf Patrouille. Und wenn man dann vor dem Container steht, in dem er aufgebahrt ist, das wird man auch nie vergessen. Da liegt ein junger Familienvater, der zuhause zwei kleine Kinder hat. Ich glaube, das muss ich nicht weiter ausführen. Für Interessierte hier ein Bericht aus der FAZ aus 2008.
Der Kurzeinsatz im Kosovo, da war ich drei Monate, war dem gegenüber wenig spektakulär.
Einige private Dinge
Bis hierhin habe ich nur die politischen und beruflichen Dinge beleuchtet. Aber auch im privaten gab es absolute Toppereignisse. Mittlerweile bin ich fast 38 Jahre verheiratet, und ich betone, mit der ersten Frau. Das geht nicht von alleine. Da muss man was für tun, beide. Und da bin ich richtig stolz drauf. Ich nehme an, es geht meiner Frau ähnlich.
Auch die Geburt meiner Kinder sind solche Highlights. Leider war ich bei beiden Geburten dienstlich gebunden. Konnte so meine Frau erst einige Tage später besuchen. Ja, auch das war früher noch anders. Wie sagte mir mein Kommandeur damals. Kinder bekommen, das können die Frauen sehr gut alleine. Irgendwie hatte er Recht. Und trotzdem…
Mittlerweile sind die Kinder verheiratet, haben selbst Kinder. Und es ist der Wahnsinn. Ich bekomme von meinen Enkeln mehr mit als früher von meinen eigenen Kindern. Whats App macht es möglich. Und außerdem habe ich ja Zeit, bin mittlerweile Pensionär. Oder Privatier, wie es in neudeutsch heißt
Was mich sonst noch bewegt
Ich war insgesamt vierzig Jahre in der Bundeswehr. Als ich dort eintrat, verfügte die Bundeswehr über knapp 400.000 Soldaten. Etwa die gleiche Anzahl an Reservisten stand dazu auch noch zu Verfügung. Das Material war zwar teilweise alt, aber es funktionierte. Ich war da mal Zugführer in einem Fernmeldezug, da gab es einen Unimog, der war so alt wie ich.
Das Heer hatte damals 12 Divisionen, 36 Brigaden. Alle sauber durchnummeriert. und alle voll einsatzbereit. Das wurde sogar von der NATO überprüft.
Und dann kam das Jahr 1989. Plötzlich war Deutschland nur noch von Freunden umzingelt. Landesverteidigung war nicht mehr so wichtig. Und die Bundeswehr wurde zur Spardose der Nation. Eigentlich ständig unterfinanziert. Das Ergebnis können wir heute sehen. Seit Beginn der Ukraine-Krise muss man nun feststellen, dass wir Streitkräfte haben, die alles können, nur nicht das, was sie sollen, „Landesverteidigung“. Deshalb müssen wir der Ukraine ja helfen. Den wenn Putin an unsere Grenze kommt…
Zusammenfassung
Ja, ich habe viel erlebt. Und ich kann mit Sicherheit auch beurteilen, wo etwas falsch läuft. Das was diese Klimaterroristen derzeit veranstalten, ist nicht mehr zum Aushalten.
Eigentlich wollte ich meinen Kindern eine bessere Welt zurücklassen als ich sie vorgefunden habe. Es scheint so, dass mir das nicht gelungen ist.
Wenn ich die derzeitige Situation betrachte, dann besteht meiner Meinung eine deutliche Tendenz zu einem Ökosiozialismus.
Im Moment kann ich nur diesen Blog betreiben, um dagegen zu halten. Das werde ich auch weiterhin tun. Für eine politische Karriere bin ich wohl zu alt.
Trotzdem, sollte mal einer auf mich zukommen, weil er eine bürgerlich-konservative Partei gründen will, dann könnte ich mir das tatsächlich noch überlegen. Auch Adenauer ist erst mit 72 Kanzler geworden. Also habe ich noch etwas Zeit.