„Ein Soldat kämpft nicht, weil er hasst was vor ihm liegt, sondern weil er liebt, was hinter ihm liegt.“
Autor unbekannt
Seit mehreren Wochen ist Krieg. Russland hat die Ukraine angegriffen. Es gibt keinen Zweifel, die Ukraine ist militärisch hoffnungslos unterlegen. Aber die Männer kämpfen aufopferungsvoll.
Es gibt Bilder, da bringen junge Männer ihre Frauen an die Grenze, verabschieden sich dort und marschieren zurück, um für die Freiheit der Ukraine zu kämpfen. Es gibt mittlerweile sogar Geschichten, wo ukrainische Männer im europäischen Ausland ihre Sachen packen und in die Ukraine reisen, um dort an den Kämpfen teilzunehmen. Und sie kämpfen hart. Leisten Widerstand in einer Härte, die wohl keiner erwartet hat. Diese Soldaten sind überzeugt, von dem was sie tun. Nur so ist ihre überaus hohe Motivation in fast aussichtsloser Lage zu verstehen. Lieber sterben, als in Unfreiheit leben. Das dürfte für viele das Motto sein.
Wie sehen wir Deutschen das?
In den Medien wird mittlerweile schon von einem heldenhaften Verhalten gesprochen. Und wir Deutschen sehen das mit Erstaunen. Da geben Menschen, die irgendwo in Frieden und Wohlstand leben, alles auf und ziehen in den Krieg. Ja, das sind Menschen, die stolz auf ihre Heimat sind. Das sind Menschen, für die ihre Heimat so wertvoll ist, dass es sich lohnt, dafür in den Kampf zu ziehen.
Mit dieser Einstellung können wir Deutschen nur wenig anfangen. Mittlerweile haben wir ja sogar in der Regierung einen Typen, der früher einmal gesagt hat, er könne mit diesem Deutschland nichts anfangen. Ja, wir leben sogar in einem Land, wo Nationalstolz rechts und damit anrüchig ist. Nationalstolz ist doch eigentlich nur noch beim Fußball erlaubt. Selbst das Absingen der Nationalhymne gilt hier unter Umständen schon als rechts.
Wie ist das und mit den Helden?
Am letzten Wochenende war ich wieder einmal bei meiner Tochter. Bei einem Spaziergang mit den Enkeln sind wir an einem Kriegerdenkmal vorbeigekommen.
Ich weiß, dass es in Deutschland viele solcher Denkmäler gibt. Und solche Denkmäler sind zu allen Zeiten entstanden. Viele allerdings nach dem deutsch-französischen Krieg, aber auch nach dem ersten Weltkrieg.
Und immer werden Soldaten als heldenhaft dargestellt. Aber sind Soldaten automatisch Helden?
Für Gott, Kaiser und Vaterland
Ich weiß nicht genau, wann es begann, ich bin kein Historiker. Aber in Verbindung mit den Deutschen Einigungskriegen (1840 – 1871) bis hin zum ersten Weltkrieg trat eine Heroisierung der Soldaten auf. Gott, Kaiser und Vaterland, das war der Kodex der dahinter steckte. Ein gutes Beispiel bietet der Film „Im Westen nichts Neues„. Dieser Film schildert die Situation ziemlich gut. Da ziehen junge Männer mit Gesang an die Front. Hier geht es an die Westfront. Ein bekanntes Lied ist „Die Wacht am Rhein„. Und was an der Westfront los war, das sollte aus dem Geschichtsunterricht bekannt sein. Unzählige Tote, da war nichts mit Heldentum. Diese jungen Soldaten waren nützliche Idioten für den Kaiser.
Was macht aber einen Helden aus?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Bevor ich mich mit dieser Frage kurz befasse, will ich ihnen kurz ein Buch vorstellen. Und wenn sie erwarten, es handle sich um einen wissenschaftlichen Brocken, dann täuschen sie sich. Es handelt sich um ein Kinder- und Jugendbuch. Ist aber auch für Erwachsene durchaus lesenswert.
Erschienen beim Oetinger Verlag,
ISBN 978-3-7891-4042-6, 12,00€
Ist auch als E-Book erhältlich
„Über einen unerschöpflichen Schatz köstlicher Geschichten verfügt dieser Urgroßvater, aus denen man sogar – aber das merkt man erst hinterher – jedes Mal eine Menge lernt.“
(Aus der Begründung der Jury zum Deutschen Jugendliteraturpreis für „Mein Urgroßvater und ich“)
Das vorliegende Buch ist die Fortsetzung.
Die Geschichte ist schnell erzählt. Der Urgroßvater, der alte Boy, geht der Obergroßmutter, nach einem Schlaganfall im Rollstuhl, schwer auf den Geist. Der Urenkel, mit einer vereiterten Ferse nervt die Untergroßmutter. Da beide einen Hang zum Dichten haben, verfrachtet man sie bei der Obergroßmutter auf dem Dachboden, wo sie in Ruhe ihrem Hobby frönen können. In dieser Woche schreiben sie zum Thema „Helden“. Dabei stellen sie fest, dass Siegfried aus der Nibelungensage eigentlich gar kein Held war. Der Clown Pepe, der auf einem in Seenot geratenen Schiff die Gäste unterhält und so eine Panik verhindert, kann aber sehr wohl ein kleiner Held sein. Eine Leseprobe mit dieser Geschichte finden sie hier.
Zurück zum Thema
Um zum Helden zu werden, muss man in einer besonderen Situation eine besondere Leistung gezeigt haben. Nehmen wir noch mal unseren Soldaten aus dem ersten Weltkrieg. Auch wenn der tapfer im Schützengraben kämpft, dann wird der kaum zum Helden. Jetzt springt der aber trotz Beschuss aus der Deckung, um einen verwundeten Soldaten zu retten, dann sieht das ganz anders aus. Gelingt ihm diese Aktion, dann ist er der große Held, zumindestens an diesem Tag. Mißlingt allerdings diese Rettungsaktion, dann ist er wie viele andere einfach ein nützlicher Idiot.
Man muss aber nicht nur beim Militär suchen. Auch bei Feuerwehreinsätzen gibt es solche herausragende Einzeltaten. Vielleicht wird sogar eine Feuerwache nach diesem Menschen benannt. Oder der einfache Rettungsschwimmer, der ein Kind vor dem Ertrinken rettet.
Aber auch Politiker können einen solchen Status erreichen. In Erinnerung habe ich hierbei Helmut Schmidt, der als Innensenator in Hamburg während der Sturmflutkatastrophe 1962 durch sein besonnenes und entschlossenes Handeln Schlimmeres verhindert hat.
Es gibt viele Möglichkeiten heldenhaft zu handeln. Lassen sie ihrer Phantasie freien Lauf. Vielleicht kennen sie ja sogar einen, der einmal so gehandelt hat.
Was sind keinen Helden?
Hier möchte ich nur ein Beispiel nennen. Vielleicht erinnern sie sich noch an Reinhold Messner, diesem Extrembergsteiger. Dieser hat den Mount Everest ohne Sauerstoff bestiegen. Das ist zwar eine herausragende Leistung, aber wem hat das irgendwas genützt. Solche Leistungen, die in meinen Augen völlig nutzlos sind, eignen sich nicht für einen Helden. Ich halte solche Aktionen sogar für absoluten Schwachsinn. Da bringt sich einer in Lebensgefahr, ohne den geringsten Nutzen. Das ist nicht heldenhaft, für mich ist das einfach nur dumm.
Wie geht Deutschland mit seinen Helden um?
Jedes Volk, jede Nation sucht sich seine Vorbilder, seine Helden. Das ist auch in Deutschland so. Man findet diese Vorbilder auf Straßennamen. Aber auch Gebäude werden nach diesen benannt. Bei der Bundeswehr benennt man Kasernen nach solchen Vorbildern. Allerdings sind die Deutschen ein wenig speziell. Endlich hat man ein solches Vorbild, an dem man sich orientieren kann, gefunden. Und sofort beginnt die Suche in der Biographie, damit man etwas findet, was diesen „Helden“ als Vorbild ungeeignet macht. Und wieder steht man orientierungslos ohne Vorbilder da. Da kann sich natürlich auch keine nationale Identifikation bilden. Ist ja auch nicht gewollt. Den Nationalstolz ist ja „Rechts“. Warum haben wir eigentlich die Nationalhymne noch nicht abgeschafft?
Schluss
Nochmal zu unseren Ukrainern. Sie ziehen in den Kampf, obwohl sie wissen, dass sie kaum eine Chance haben zu gewinnen. Und trotzdem tun sie es. Da ist schon Heldenmut mit dabei. Trotzdem werden nur die Wenigsten einen entsprechenden Status erhalten. Die meisten von denen werden am Ende lediglich nützliche Idioten gewesen sein.
Wie heißt es so zutreffend im Buch?
„Nicht jeder, dem man ein Denkmal errichtet ist ein Held. Und nicht jeder, der ein Held ist, bekommt ein Denkmal.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Nachwort
Vielleicht noch ein Beispiel, wer für mich Helden sind. Ich kenne es nur aus Geschichtsbüchern, bzw. aus Filmen. Die Geschwister Scholl, die sich einem verbrecherischen Regime entgegen gestellt haben. Und sie waren sich sicher, dass sie dem Tod nicht entkommen können, wenn man sie erwischt. Das sind für mich wahre Helden.
Sapere aude. Sehr kluge Gedanken!
Vor über 30 Jahren, 1972, hatte der dänische Anwalt und Politiker Mogens Glistrup eine Idee, die ihn über Nacht berühmt machte. Um Steuern zu sparen, sollte die dänische Armee aufgelöst und im Verteidigungsministerium ein Anrufbeantworter geschaltet werden: „Wir kapitulieren!“ So eine Maßnahme würde nicht nur Geld sparen, sondern im Ernstfall auch Menschenleben retten. Mit diesem „Programm“ wurde Glistrups populistische Fortschrittspartei (die radikale Steuersenkungen und den Austritt aus der NATO forderte) bei den Wahlen 1973 zur zweitstärksten Fraktion im dänischen Parlament.
Natürlich wäre es sinnvoll zu kapitulieren, wenn man eh keine Chance hat. Aber könnte dann nicht ein kleiner „Verbrecher-Staat“ nach und nach die ganze Welt ohne Kampf erobern?
Ein wahrscheinlich unlösbares Dilemma!
Mit Mitte 40 habe ich (obwohl mit 20 begeisterter Soldat gewesen und es bis zum Leutnant gebracht; die 2 Jahre beim Bund waren beste Zeit meines Lebens) den Kriegsdienst verweigert. Weil ich nicht auf fremde Menschen schießen wollte, die ebenfalls keine Lust hatten, auf mich zu schießen. Und das nur, weil -wie 1870- sich der eine Kaiser über den anderen geärgert hatte. Oder weil ein 19 jähriger Spinner den österreichischen Kronprinz und seine Frau erschossen hatte.
Inzwischen (auch bedingt durch die derzeitige Situation in der Ukraine) denke ich anders.