Betrachtungen zum Erdbeben in der Türkei
„Es reicht nicht aus, dass wir unser Bestes geben. Manchmal müssen wir das tun, was erforderlich ist.“
Winston Churchill
Es geht mir wieder einmal richtig auf den Sack
Ich will nicht über die vielen Toten reden. Empfinde ich überhaupt Mitgefühl? Ich kenne da doch niemanden. Egal, soll hier nicht Thema sein.
Mich interessiert, wie das von unserem ÖR Dummfunk verarbeitet wird. Man wirft der Türkei doch tatsächlich Versagen vor. Man sei auf so eine Katastrophe nicht vorbereitet. Kann sich hier überhaupt einer vorstellen, was da gerade passiert ist? Da haben sich zwei tektonische Platten bewegt, möglicherweise sogar drei. Dass es da ordentlich scheppert, ist doch klar.
Kehrt lieber vor der eigenen Tür. Die deutsche Administration ist ja sogar schon an der vergleichbar kleinen Katastrophe an der Ahr gescheitert. Und wir werfen den Türken Versagen vor.
Und jetzt stellen die sogar noch Twitter ab
Wie böse ist doch der Erdogan. Über Twitter halten doch die Angehörigen Kontakt. Das kann man doch nicht abschalten. Und das sagt gerade die Kommunistin Dunja Hayali im MOMA. Gerade die wollen doch Twitter ganz verbieten. Sie wissen, wegen „Hatespeech“.
Übrigens, auch in Deutschland ist es vorgesehen, Kommunikationssysteme in besonderen Krisenlagen abzuschalten. Also nochmals, kehrt endlich mal vor der eigenen Tür.
Wie schon gesagt, die Berichterstattung geht mir wieder einmal fürchterlich auf den Sack. Ständig diese Bilder aus dem Katastrophengebiet. Um was geht es da eigentlich? Natürlich, es geht um Spenden. Damit die deutschen Organisationen wieder einmal als Moralweltmeister auftreten können. Und der Staat hat ja kein Geld, das braucht er doch für die Energiewende. Ich finde, es ist endlich mal an der Zeit, sich mit den Fakten vertraut zu machen.
Tektonische Platten
Viele glauben, dass die Erde ein starres System ist. Dem ist aber nicht so. Die Erde besteht aus einer Vielzahl von tektonischen Platten, die sich auf dem flüssigen Erdkern bewegen. Und wenn die aufeinandertreffen oder aneinander vorbeischaben, dann rumpelt es schon gewaltig. Was für Kräfte dabei freigesetzt werden, kann sich kaum ein Mensch vorstellen.
Eine der bekanntesten Stellen ist der St. Andreas Graben im Westen der USA, wo sich die pazifische und nordamerikanische Platte gegeneinander verschieben. Wir wissen, dass es dort irgendwann zu einem schweren Erdbeben kommen wird. Auch San Francisco wird betroffen sein. Die Frage ist dabei nicht ob, sondern wann.
Wissenschaftler sagen dort, dass das erwartete Beben eigentlich schon überfällig sei. Näheres dazu finden sie hier.
Zurück zur Türkei
Auch die Türkei liegt in einem Bereich sehr hoher tektonischer Aktivität.
Entlang der türkisch-syrischen Grenze stoßen nämlich drei Platten aufeinander, die Afrikanische, die Eurasische und die Arabische. Und genau an dieser Nahtstelle hat es jetzt ordentlich gerumpelt.
Die Größenordnung
Wenn wir die Kommentare im Fernsehen beurteilen wollen, dann müssen wir uns intensiv mit der betroffenen Region befassen.
Sie sehen hier einfach mal einen Flächenvergleich. Der betroffene Raum dieser Erdbeben hat eine Fläche, die ist fast so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Allein das Zentrum mit den schwersten Beben hat eine Länge von etwa 180 Km. Liebe Leute, das ist die Entfernung von Frankfurt nach Kassel. Und wenn man jetzt nur den Bereich betrachtet, wo die Beben eine Stärke von sieben und acht auf der Richterskala erreicht haben, dann müssen wir erkennen, dass das eine Fläche von mehreren Bundesländern betrifft. Dass dann auch größere Städte betroffen sind, dürfte keinen mehr überraschen..
Die Bausubstanz
Dass in der Türkei bei der Bauüberwachung geschlampt wird, will ich gar nicht in Frage stellen. Dass solche Gebäude dann natürlich schnell einsturzgefährdet sind, zweifelt auch keiner an. Was ich mich aber in diesem Zusammenhang frage, hätten sogenannte erdbebensichere Bauwerke dieses Beben tatsächlich überstanden? Vor allem, wenn wir berücksichtigen, dass auf das erste schwere Beben in kurzem Abstand ein zweites nicht minder schweres folgte. Ich bin mir sicher, da kann man dann froh sein, dass überhaupt noch etwas steht.
Die Vorbereitung des Katastrophenschutzes
Jetzt werfen wir der Türkei ja vor, sie sei nicht vorbereitet gewesen. Mag sein. Aber wir sollten dabei eines nicht vergessen. In dieser großen Fläche sind ja auch die Katastrophenschützer selbst betroffen. Und übertragen sie das ganze auf Deutschland. Ich habe ihnen die Fläche ja oben gezeigt. Da werden wir ohne Hilfe aus dem Ausland auch nicht über die Runden kommen. Und dass da dann überhaupt noch ein Katastrophenschutz existieren würde, ist sicherlich nicht sehr wahrscheinlich.
Wenn ich mich dann noch an die Flutkatastrophe an der Ahr erinnere. Da ist die deutsche Administration ja schon an einer vergleichbar kleinen Katastrophe gescheitert. Und wir werfen den Türken Versagen vor. Kehrt lieber vor der eigenen Tür.
Erdogan war noch nicht im Katastrophengebiet
Schon zwei Tage nach der Katastrophe kam genau diese Aussage in der Tagesschau und in den Heute-Nachrichten. Man warf dem Erdogan doch allen Ernstes vor, er würde sich im Katastrophengebiet nicht zeigen.
Auch da erinnere ich mich an die Ahrkatastrophe. Die beiden zuständigen Ministerinnen waren da gerade im Urlaub. Und als dann die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin vor Ort erschienen, da waren die nur lästig. Aber jetzt mit dem Finger auf die anderen zeigen. Bah, was ist das für eine Doppelmoral.
Die Betroffenen
Natürlich ist in der Region alles zerstört. Es sind eben nicht nur die Häuser. Strom, Wasser, Abwasser, sämtliche Infrastruktur dürfte im Kerngebiet völlig funktionslos sein. Wie viele Menschen da unmittelbar betroffen sind, weiß ich nicht genau. Ich habe aber Zahlen gehört, die liegen irgendwo bei 10 Mio. Menschen. Das sind also mehr, als in allen deutschen Millionenstädten zusammen leben. Und das auch noch verteilt auf eine riesige Fläche. Stellen sie sich jetzt einmal vor, was hier los wäre, wenn nur Berlin so zerstört wäre.
Die Zahl der Betroffenen ist also unvorstellbar groß. Dass es dann auch viele Tote gibt, ist eigentlich nachvollziehbar. Ob sie unter diesen Umständen die 30.000 Toten (Stand heute Morgen) noch als extrem hoch bezeichnen wollen, überlasse ich ihnen. Mit fehlender Vorbereitung hat es jedenfalls nichts zu tun.
Nur zur Erinnerung. Als 2001 die Twin Towers in New York einstürzten, da hatten wir 3.000 Tote. Und da waren lediglich zwei Türme eingestürzt.
Die politische Reaktion
Natürlich muss auch die türkische Regierung reagieren. Mittlerweile ist Erdogan auch im Katastrophengebiet aufgetaucht. Und schon werfen ihm westliche Medien vor, dass er sich da nur mit einem riesigen Aufgebot an Personenschützern zeigen kann. Man will so aufzeigen, dass der Präsident in seinem Land nicht so richtig beliebt sei. Als ob in Deutschland die Kanzler ohne ihre Personenschützer reisen würden.
Wie dem auch sei. Jetzt hat die türkische Justiz die ersten festgenommen, die für die schlechte Bausubstanz verantwortlich sein sollen. Ist auch nur Symbolpolitik. Schließlich haben die verantwortlichen Behörden es 20 Jahre lang geschehen lassen. Die verantwortlichen Bauingenieure dürften also nur Bauernopfer sein.
An der Ahr hat man seinerzeit den zuständigen Landrat in die Wüste geschickt. Die verantwortlichen Minister sind auch bei uns im Amt geblieben. Da haben sich unsere Medien allerdings nicht beschwert.
Wie dem auch sei, das politische Gehabe ähnelt durchaus dem Vorgehen, wie wir es in Deutschland auch schon erlebt haben. Dass die Türken deshalb schlechter sein sollen, erschließt sich mir persönlich nicht.
Die weitere Entwicklung
Hilfe ist schwierig. Schauen wir mal in die Geschichte. Sagt ihnen der Begriff „Berlinblockade“ noch etwas? Da hatten die Russen über fast ein Jahr den Westen Berlins von der Außenwelt abgeschnitten. Westberlin musste aus der Luft versorgt werden. Etwa eine Millionen Menschen über eine Luftbrücke versorgen. Da flogen pausenlos Flugzeuge. Selbst Kohle zum Heizen kam über die Luftbrücke. Und Berlin hatte noch Vorteile. Es gab zwei funktionierende Flughäfen. Und trotzdem war alles knapp.
In der Erdbebenregion dürfte es jetzt ähnlich sein. Es gibt aber leider keine funktionsfähigen Flughäfen. Nicht mal einen wie den BER. Die Hilfsgüter müssen alle über Straße herangeführt werden. Und auch die Straßen dürften teilweise in einem erbärmlichen Zustand sein. Denken sie bitte noch einmal an die riesige Fläche, die betroffen ist.
Egal was sie jetzt tun, alles ist schwer und alles ist langsam. Und nochmals, das hat nichts mit Vorbereitung zu tun. Das ist einzig und allein der größer der Katastrophe geschuldet.
Gewalt
Natürlich werden die Menschen werden unruhig und ungehalten. Es fehlt doch an allem. Wasser, Nahrung, Kleidung Unterkünfte, Brennstoff zum Heizen, es gibt nichts mehr. Selbst wenn sie lebend aus den Trümmern gerettet werden, ist nicht sicher, dass sie überleben. Ja, da kommt es zum Kampf um die wenigen Ressourcen. Sie können machen was sie wollen, in einer solchen Situation ist sich jeder selbst der nächste. Ich glaube nicht, dass wir uns das wirklich vorstellen können. Wir haben es nicht erlebt.
Ich kann mich nur noch an Erzählungen meiner Großmutter erinnern. Kurz nach dem Krieg musste ein Laib Brot für eine fünfköpfige Familie eine Woche lang ausreichen. Und der Vater war nicht einmal vor Ort. Der war in Afrika in britischer Gefangenschaft.
Genauso müssen sich die Menschen in der Region dort fühlen. Ohne Hoffnung und Perspektive. Und wer noch irgendetwas ergattern kann, der wird es sich holen. Es geht ums Überleben. Da spielen soziale Überlegungen überhaupt keine Rolle mehr. Und natürlich kommt es da zu Gewalt.
Nur mal so nebenbei, in Berlin braucht man noch nicht einmal ein Erdbeben um eine solche Lage zu erzeugen.
Ich bin mir sicher, unsere grüne Mischpoke hätte nicht einmal die ersten drei Tage überlebt.
Mittlerweile ist Militär in der Region eingetroffen. Versucht soweit wie möglich Ordnung zu schaffen. Die örtliche Polizei dürfte nach den Beben auch nicht mehr funktionieren. Überall herrscht Chaos. Und das in einem Raum, der die Größe der Bundesrepublik Deutschland hat.
Klimawandel
In dem Zusammenhang ist mir noch etwas aufgefallen. Prophezeien die Grünen nicht ständig den Weltuntergang. Wegen der Erderwärmung. Faseln die nicht ständig irgendwas von Millionen von Hitzetoten? Und jetzt ist im Erdbebengebiet plötzlich die Kälte das große Problem. Meine lieben Grünen, was denn nun.
Sorry, das musste mal gesagt werden. Auch wenn es der Lage dort nicht gerecht wird.
Spenden
Überall werden wieder Spenden gesammelt. Ich habe manchmal das Gefühl, dass diese ständige Präsenz in den Medien nur diesen einzigen Zweck hat, Spenden zu generieren. Und ich bin mir sicher, dass einiges an Spenden eingehen wird.
Auch wenn sie mich vielleicht als hartherzig bezeichnen, ich spende nicht. Die Türkei unterhält Streitkräfte, die zu den größten in Europa gehört. Wer soviel Geld für Militär ausgeben kann, der muss auch mit einer solchen Katastrophe zunächst alleine klar kommen. Logisch, dass wir mit Fachexpertise unterstützen, das THW ist ja so eine Organisation, aber auch noch Geld spenden? Es tut mir leid, aber von mir bekommt ihr nichts.
Und wenn man mal an die Ahr schaut, da gibt es Menschen, die bis heute noch keine staatliche Hilfe erhalten haben. Aber Geld für die Türkei ist da.
Zusammenfassung
Es ist zu einer großen Katastrophe gekommen. Das Leid der Menschen dort ist kaum zu beschreiben. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn die ÖR nicht gleich wieder die Moralkeule auspacken und versuchen würden, die türkische Regierung in ein schlechtes Licht zu rücken. Ein wenig Bescheidenheit würde den Deutschen gut tun.
Ich hoffe, es ist mir gelungen, mal ein Bild aufzuzeigen, was da wirklich abgeht. Leider bin ich nicht in der Lage zu beurteilen, was da jetzt funktioniert oder nicht funktioniert. Ich bin mir aber sicher, dass dort jeder vor Ort sein bestes tut, um den Menschen zu helfen. Und vor all diesen Helfern habe ich Hochachtung. Nationalitäten oder Geschlechter oder sonst noch was spielen dabei überhaupt keine Rolle.
Mit Besserwisserei von unseren politischen Blindgängern, einschließlich des ÖR Dummfunks, ist hier keinem geholfen.
Nachwort
Es gibt Wissenschaftler, die davon ausgehen, dass eine ähnliche Katastrophe in naher Zukunft Istanbul heimsuchen wird. Dann haben wir das gleiche Bild, allerdings in einer Metropole mit 15 Mio. Einwohnern. Überlegt euch schon mal, was ihr dann tun könnt.
Ein Link zum Thema
Unterschiedliche Bilder zum Thema
erdbebengebiet türkei bilder – Bing images
Wiedereinmal eine tiefschürfende Analyse. Chapeau!
Ich wundere mich nur, dass unsere Klima-Hysteriker dieses Erdbeben (wie sonst bei Naturkatastrophen) nicht dem CO2 in die Schuhe schieben. Aber Herr Latif wird sich schon noch was ausdenken.
Wenn man bedenkt, wieviele Milliarden im vergangenen Jahr in der Ukraine „verschossen“ wurden, kommt einem schon der Gedanke, was man stattdessen damit im Katastrophengebiet machen könnte.
==>Beträge, die für die militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe in 9 Monaten für die Ukraine erbracht wurden: (laut Tichys Einblick 13.02.23)
(Zeitraum: 24.02.2022 bis 20.11.2022) :
USA: 195,71 Milliarden US$ ; Deutschland: 171,58 Milliarden US$ ; Rest der Welt: weniger als 75 Milliarden US$ ; davon: GB: 28,19 Milliarden US$ ; Polen: 24,32 Milliarden US$ ; Estland: 5,48 Milliarden US$ ;