Ukraine und die deutschen Medien

„Früher hieß es: Macht das Fernsehen blöd? Heute machen Blöde Fernsehen.“
Rudi Carell

Heute Morgen hatte ich wieder einmal Zeit. Während ich in aller Ruhe frühstückte, habe ich mir mal wieder das Morgenmagazin angetan. In einigen Phasen war es wie üblich schrecklich. Deshalb habe ich mir einige Punkte rausgepickt, die ich ihnen näher bringen will.

Die russischen Streitkräfte

Der russische Vormarsch läuft nicht wie gewünscht. Die Ukrainer verteidigen zäher als ursprünglich angenommen. Und jetzt werden Kräfte nachgeführt. Für einen Soldaten ist das logisch. Wenn ich das Ziel nicht erreicht habe, muss ich was tun. Und aufgeben ist für Putin derzeit noch keine Option.

In den Medien tauchen jetzt immer wieder Satellitenbilder von einem Militärkonvoy auf. Es wird berichtet, es seien hunderte von Militärfahrzeugen, auch Panzer. Der Konvoy erstrecke sich über eine Länge von 60 km. Das hört sich zunächst einmal brutal an. Deshalb versuche ich das mal in ein Verhältnis zu setzen.

Der Marsch mit Kraftfahrzeugen

Auf einem Marsch fahren die Fahrzeuge hintereinander. Sie halten Abstand zum Vordermann. Bei der Bundeswehr haben wir das immer trainiert. Die Abstände waren dort immer 50 m. Nehmen wir bei dem, was wir jetzt sehen, mal nur 30 m.

Ein Panzerbataillon hat in Deutschland 44 Panzer. Dazu kommen noch diverse kleinere Fahrzeuge aus den Stabs- und Versorgungsteilen. Dazu gehören unter anderem Küche, Instandsetzungskräfte, eventuell auch Sanitätskräfte. In meiner Dienstzeit war ich einmal Chef eines solchen Gemischtwarenladens. Wenn wir ausrückten, dann bestand diese Kolonne aus ca. 60 Fahrzeugen.

Bei 60 Fahrzeugen und 30 m Abstand erhalten wir da schon eine Länge von knapp 2 km. Und das ist nur eine Kompanie. Die Panzerkompanien sind zwar etwas kleiner, aber 1,5 km Länge erreichen die auch. Das heißt, ein Bataillon, bestehend aus 4 Kompanien, erreicht eine Marschlänge von etwa 6,5 km.

Eine Brigade, bzw. ein Regiment (rus), besteht in der Regel aus drei Bataillonen. Das ergäbe eine Länge von knapp 20 km. Dazu kommen aber noch diverse Spezialeinheiten, die nur bei der Brigade vorhanden sind. Somit dürfte die Marschlänge einer Brigade etwa 25 km betragen.

Jetzt wird die Länge des beobachteten Konvoys mit einer Länge von ca. 60 km angegeben. Das entspräche etwa drei Brigaden. Und das wäre dann eine Division. Und damit will Russland jetzt Kiew einnehmen.

Ein Blick in die Geschichte

Kennen sie die Geschichte von Stalingrad? Dort war im zweiten Weltkrieg die 6. Armee eingeschlossen. Die Armee bestand aus drei Divisionen, die zum Zeitpunkt der Einkesselung schon erheblich geschröpft waren. Trotzdem haben die sich noch über Wochen gehalten, obwohl die Russen seinerzeit drei russische Armeen zur Einkesselung eingesetzt hatten.

Wenn wir uns das als Beispiel nehmen, dann werden die herangeführten russischen Kräfte bei weitem nicht ausreichen. Da muss und wird noch mehr nachkommen.

Die Zivilbevölkerung

Was auf die Zivilbevölkerung zukommt, kann sich heute keiner mehr vorstellen. Aber auch hier kann uns die Geschichte von Stalingrad weiterhelfen. Es werden ja schon die ersten Versorgungsengpässe gemeldet.
Gestern fragte mich meine Frau, wie das denn sein könne. Der Krieg wäre gerade mal wenige Tage alt, und die ersten Geschäfte haben schon nichts mehr. Ich habe ihr das dann wie folgt erklärt. Stellen sie sich mal den Aldi, von mir aus auch den Lidl, in der Nähe vor. Wie oft steht da ein LKW mit frischen Waren? Mindestens einmal, manchmal sogar zweimal am Tag. Und wenn der einen Tag nicht kommt, dann wird das Sortiment unter Umständen schon sehr überschaulich. Spätestens am dritten Tag gibt es da nichts mehr. Und dann muss man sehen wie man über die Runden kommt.

Ein Blick in die Vergangenheit

Meine Großmutter wohnte mit ihrer Familie in Wuppertal-Ronsdorf. Als sie gegen Ende des Krieges ausgebombt wurden, zogen sie in eine Gartenlaube in Wuppertal-Cronenberg. Das Leben war dort mehr als nur behelfgsmäßig. Und Essen? Es gab Zeiten, da musste ein Brot zwei bis drei Tage reichen. Nicht für eine Person, für die Oma und ihre vier Kinder. Eine Scheibe Brot, das war die Tagesration.
Und Schule? Gab es mal, und gab es mal wieder nicht.
Und der Vater war im Krieg. Nicht freiwillig. Mein Großvater wurde zum deutschen Afrika-Korps einberufen. Er war einschließlich Gefangenschaft von 1941 bis 1949 von der Familie getrennt.

Nur damit sie eine Vorstellung bekommen, was auf die Zivilbevölkerung noch zukommt. Ich hoffe nur, dass möglichst viele Kinder aus dem Kessel rauskommen und in einem sicheren Umfeld aufwachsen können, wenn auch vom Vater getrennt.

Ich finde es ätzend, wie das Staatsfernsehen immer wieder betont, wie schlimm das doch sei. Mir erscheint das schon fast effektheischend, hebt aber die Einschaltquoten. Ja, natürlich ist das schlimm. Aber Leute, da ist Krieg, und Dank der Russen noch einer von der übelsten Sorte.

Die Flüchtlinge

Polen, Slowakei, Ungarn, es sind die Osteuropäer, die die Hauptlast der ersten Flüchtlingsströme tragen müssen. Und unsere Qualitätsmedien tun überrascht, dass sie das so bereitwillig tun. Denn bisher hätten die sich doch gegen Flüchtlinge gewehrt.
Dass diese Qualitätsmedien den Unterschied nicht erkennen, zeigt wie blasiert die sind. Wenn wir uns die Flüchtlinge aus Syrien Afghanistan usw. anschauen, dann sind da mit Masse junge Männer im wehrfähigen Alter dabei. Die haben ihre Familien im Stich gelassen, natürlich in der Hoffnung später ihre Familien nachholen zu können. Bei den Ukrainern handelt es sich aber um Frauen mit ihren Kindern. Auch Ältere sind dabei. Die brauchen wirklich Hilfe. Und die Männer bleiben in ihrem Land zurück, um dort die Freiheit der Ukraine zu verteidigen. Zum Teil tun die das sogar aus Überzeugung, wenn auch nicht alle.

Darüberhinaus kommen diese Menschen aus einem ähnlichen Kulturkreis wie wir. Damit gibt es bei der Aufnahme deutlich weniger Probleme. Und es sind Nachbarn, was man von Afghanen und Syrern nicht unbedingt behaupten kann.
Deshalb nehmt die Flüchtlinge auf, kümmert euch insbesondere um die Kinder. Schafft zusätzliche Kindergartenplätze. Scheißt auf Gruppenstärken. Bringt sie in unsere Schulen unter. Die Sprache lernen die schneller als wir glauben. Unter Kindern ist das oft überraschend unkompliziert.

Die Russen in Deutschland

Natürlich gibt es Menschen mit russischen Wurzeln in Deutschland. Und wenn es um den Krieg geht, spricht man schnell von „den Russen“. Heute im Morgenmagazin wurde dann ein Bericht anmoderiert, es seien ja nicht die Russen für den Krieg verantwortlich, den viele Russen aus dem Volk wollen diesen Krieg nicht. Ich kann das absolut nachvollziehen.
Aber warum gilt das dann nicht auch für die Deutschen? Wenn es um die dunkle Vergangenheit in unserer Geschichte geht, spricht man immer von einer Gesamtverantwortung der Deutschen. Wir sind schuld und wir müssen…
Also ich muss das mal klarstellen, ich war damals nicht dabei. Ich bin daher auch nicht verantwortlich. Und von denen, die dabei waren, dürften schon viele nicht mehr leben. Also was soll dieses Geschwafel. Ist wieder einmal ein klassisches Beispiel dafür, wie man mit zweierlei Maß messen kann.

Waffenlieferungen

Die Berichterstattung zu den Waffenlieferungen ist überraschend neutral. Da hätte ich mehr Gegenwind erwartet. Aber volle Unterstützung der Medien sieht auch anders aus. Hier sollte man vielleicht auch berücksichtigen, dass die Ukrainer nicht nur sich selbst verteidigen. Letztendlich kämpfen die auch für die Werte des freien Westens. Genau dieses Westens, der sie jetzt ziemlich alleine lässt. Ihr lieben Regierenden aus dem Westen, erzählt ihr mir nichts mehr von Verantwortung.

Die Friedensdemonstrationen

Anstelle von Karnevalsumzügen fanden jetzt Friedensdemonstrationen statt. Solidarkundgebungen. Ist ja gut gemeint. Den Ukrainern helfen die nichts, die brauchen Waffen und Kämpfer. Und den Russen dürfte das kaum beeindrucken.

Betrachten wir mal die Zahlen. Die Medien sprechen von 250.000 Teilnehmern. An dieser Zahl habe ich erhebliche Zweifel. Als nämlich vor einem Jahr rund um das Brandenburger Tor gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert wurde, da sprach man von maximal 20.000 Teilnehmern. Und jetzt plötzlich in Köln das Zehnfache. Und Verstöße gegen die Abstands- und Maskenpflicht soll es auch nicht gegeben haben. Wer es glaubt…

Hier geht es doch deutlich um eine Abgrenzung von den Corona-Protesten. Hier geht es einzig und allein um eine moralische Erhöhung der Friedensbewegten. Würden die alle freiwillig am Rosenmontag arbeiten gehen und dann das zusätzlich verdiente Geld für die Flüchtlinge spenden, dann wären die für mich deutlich glaubhafter. So bleiben es nutzlose Solidarkundgebungen. Aber es stärkt die Moral.

Ich bin daher gestern auch nicht spazieren gegangen. Denn ich kämpfe weiterhin für unsere Grundrechte. Und ich will nicht in einen Topf mit so einer Symboldemonstration geworfen werden.

Die Berichterstattung an sich

Es ist schon fast wieder Propagandafernsehen. Ich weiß nicht, wieviele Stunden täglich irgendwelche Sondersendungen laufen. Und immer wieder die gleichen Bilder. Mindestens dreimal täglich die gleichen Berichte. Und ob das noch nicht genug wäre, nach Tagesschau oder Heute kommt dann auch noch ein Extra. Und auch da kommen selten neue Informationen. Somit sind diese Sendungen überflüssig.

Dann will man solche Informationen erklären. Oft geht es dabei um militärische Fragen. Dafür holt man dann Journalisten als Experten. In den ganzen Tagen habe ich erst drei Militärs gesehen. Zwei Generale a.D. und den Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes. Die Verteidigungsministerin hat man alledings noch nicht gehört. Naja, die hat ja von dem ganzen Geschäft überhaupt keine Ahnung. Die gilt in Militärkreisen als arrogant und beratungsresistent. Eine gute Voraussetzung für die Bundeswehr in diesen Tagen.

Liebes Fernsehen. Weniger ist manchmal mehr. Und eure Sendungen werden nicht besser, wenn ihr sie unter anderem Titel ständig wiederholt.

Meine lieben Leser

Bleiben sie kritisch.

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