Sind die Lockerungen eine Mogelpackung?

Die Sprache in der Politik ist wie die Mogelpackung in der Werbung:
Wenn man die Behauptung auspackt, zeigt sich, wie klein der Inhalt ist.
Dieter Lattmann (Schriftsteller und Politiker)

Das Kind war böse. Also habe ich ihm das Laufrad und den Roller abgenommen. Dem Grunde nach hätte der Roller genügt. 14 Tage später gebe ich ihm das Laufrad zurück, genau das, was ich ihm gar nicht hätte abnehmen sollen. Und trotzdem fühlt das Kind sich belohnt.
Eine an sich linke Tour, aber sie werden es kaum glauben, genauso fühle ich mich in dem Moment, wo die Politik von Lockerungen spricht.

Seit einer Woche dürfen wir wieder zum Friseur. Zu Beginn des Lockdowns im Oktober gab es keine Erkenntnisse, dass es hier zu Infektionen gekommen ist. Damit gab es auch keinen Grund, diese zu schließen. Trotzdem hat man es getan. Jetzt sind sie wieder geöffnet, wohl auch, weil Politiker diesen Bedarf bei sich selbst gesehen haben.
Das gleiche gilt für die anderen Geschäfte auch. Oder sind ihnen Infektionen im Lebensmitteleinzelhandel bekannt? Der war doch durchgehend geöffnet.
Der Einzelhandel darf jetzt auch so nach und nach öffnen, teilweise unter strengeren Auflagen als vor dem Lockdown. Und trotzdem empfinden wir es als ein Entgegenkommen. Eigentlich war es gar nicht notwendig diesen zu schließen.

Jetzt wird wieder Sport im Freien erlaubt, allerdings ohne Kontakt. War Joggen eigentlich verboten? Ja, man musste alleine Sport machen, Abstand halten. Was ist aber bei der jetzigen Regel anders. Wir dürfen uns einen Ball zuspielen, allerdings mit Abstand. Ob wir auch wieder in der Halle Sport treiben dürfen, wird die Zukunft weisen. Nach jetziger Planung frühestens ab dem 22.03. Das ist der Tag an dem die nächste Konferenz bei der Kanzlerin tagt. Ergebnis offen!

Jetzt dürfen sich auch wieder fünf Menschen aus zwei verschiedenen Haushalten treffen. Oma und Opa können also ihren Enkel wieder gemeinsam besuchen. Das haben sie auch schon vorher so gemacht. Die alte Regel war schwachsinnig und wurde sowieso von keinem befolgt. Also dient die Lockerung lediglich der Legalisierung der gängigen Praxis.

Und für die Gastronomie sieht es ganz böse aus. Öffnung der Außenbereiche frühestens ab 22.03. und dann mit vorhergehender Terminbuchung. Da hatten wir schon eine großzügigere Regelung, und erhöhtes Infektionsgeschehen war auch dort nicht erkennbar.

Weitere Lockerungen sind abhängig von den künftigen Inzidenzen. Derzeit ist nicht absehbar, wann diese erreicht werden sollen. Karl Lauterbach glaubt, nie. Auch die Festlegung der Inzidenzen für den Bereich zwischen 50 und 100, die zunächst als großzügig empfunden werden könnte, bringt ja keine Änderung. Denn die Dinge, die jetzt gelockert werden, hatten auch schon vorher kaum Einfluss auf diese Werte. Sie hätten gar nicht geschlossen werden müssen. Und die Belastung des Gesundheitswesens spielt weiterhin keine Rolle.

Also hat die Regierung dem Bürger einen Brocken vor die Füße geworfen, und viele werden nicht einmal erkennen, dass das Ganze nur ein Placebo ist. Viele werden sich freuen, dass es voran geht. Sie freuen sich, dass man ihnen das Laufrad wieder gegeben hat.
Wie oft sich ein solches Spielchen wiederholen läßt, bleibt abzuwarten. Die Zustimmung zum Krisenmanagement geht zurück. Und diese vermeintliche Lockerung wird diesen Trend nicht ändern. Ewig läßt sich auch der Dümmste nicht verarschen.

Das Spielchen mit dem Roller funktioniert nur einmal, mit Glück auch ein zweites Mal. Diese Erfahrung habe ich mit meinen Kindern gemacht.

https://www.rnd.de/politik/corona-beschlusse-das-sind-die-neuen-offnungsschritte-von-bund-und-landern-325MGQPQFC2FBF4QAY4GMGOPYA.html

https://www.tagesspiegel.de/politik/so-viel-oeffnung-ist-es-gar-nicht-ist-sie-eingeknickt-nein-merkel-hat-bekommen-was-sie-wollte/26973946.html

https://www.focus.de/gesundheit/news/mediziner-kritisiert-merkel-leidet-unter-kuba-syndrom_id_12971235.html

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