Deutschland 2.0 – Kleinunternehmen

Ich war heute beim Friseur

„Der schlichtbehaarte Bauer Dümmel,
Sitzt auf den Sessel, riecht nach Kümmel
Und hofft getrost, dass man ihn schere,
Was denn auch wirklich nötig wäre.
Wipps! Sittz der Fipps auf seinem Nacken,
Um ihm die Haare abzuzwacken.
Die Schere zwickt, die Haare fliegen;
Dem Dümmel macht es kein Vergnügen.“
Wilhelm Busch (aus Fipps, der Affe)

So schlimm war es dann doch nicht

Tja, es war wieder einmal nötig. Und bei meinem Friseur ist derzeit ein wenig Land unter. Eine der Festangestellten ist wohl längerfristig krank. Also muss man ein wenig jonglieren, um die Termine der Dame aufzufangen.
Bei mir geht das Ganze recht schnell. Acht Millimeter rundum, also Maschine an und ab mit der Murmel. Danach war meine Frau an der Reihe und ich hatte ein wenig Zeit, die Betriebsabläufe zu beobachten.

Das Telefon

Heute Morgen war neben dem Chef nur noch eine Angestellte vor Ort. Auch der Lehrling hatte sich verspätet gemeldet. Und dann klingelt ständig das Telefon. Möglicherweise war es heute besonders schlimm. Aber nach Aussage des Chefs, wir kennen uns schon ewig, sei das wohl nie anders. Und es sind nicht irgendwelche Spaßanrufe. Nein, es geht durchweg um Termine. Absagen, kurzfristige Anfragen, Verschiebungen usw. Und natürlich ist da keiner, der Telefondienst macht. Dafür ist der Laden zu klein. Das machen die Friseure selbst. Wenn der Lehrling da ist, dann auch schon mal der. Aber der muss halt öfters mal nachfragen.

Ich will das noch einmal betonen. Da müssen die hochqualifizierten Friseure, Also die Fachkräfte, ihre ursächliche Arbeit unterbrechen, um irgendwelche Probleme am Telefon zu lösen. Das kostet logischerweise Zeit, die sie anderweitig einsparen müssen. Also Haare schneiden im Akkord, kurze Pausen zwischendurch sind kaum möglich. Ich wollte so nicht arbeiten. Nicht im 21. Jahrhundert.

Die Terminplanung

Die Terminplanung wird da noch in einem großen Tageskalender gemacht. Jeder Tag zwei Seiten mit 24 Stunden. Und dazu noch mehrere Spalten für die jeweiligen Arbeitskräfte. Irgendwie Steinzeit, aber es funktioniert. Kostet halt Zeit.
Ich bin mir sicher, das könnte man auch digital machen. Dabei meine ich nicht, dass man den Terminplan einfach in eine Tabelle packt. Denn dann tauscht man lediglich Papier mit Bildschirm. Mit Digitalisierung hat das sicherlich nichts zu tun.

Was müsste ein digitales System leisten?

Jetzt soll man ja nicht Kritik üben, wenn man keine Idee hat, wie man es besser machen könnte. Und während ich da so rumsaß, kamen mir einige Ideen. Auch wenn ich selbst keine App programmieren kann, so weiß ich sehr wohl, was solche Apps leisten können. Lassen sie mich also einfach mal so ins Blaue hineindenken.

Digitale Terminplanung

Ein digitales Terminplanungsprogramm sollte definitiv kein Problem sein. Kalender ins Internet, und schon kann jeder seine Termine buchen. Für die Buchung beim Friseur muss dann logischerweise auch angegeben werden, welche Wünsche der Kunde hat. Denn mein Haarschnitt dauert 10 Minuten, andere Haarschnitte dauern unter Umständen eine Stunde und mehr. Diese Zeitansätze kann man aber im System hinterlegen. Selbst Einwirkzeiten, die beispielsweise beim Färben oder Bleichen notwendig sind, können in einem solchen System berücksichtigt werden.

Terminänderung

Natürlich sollte man auch Terminänderungen möglich machen. Allerdings kann es passieren, dass ein neuer Termin gemacht wird, ohne dass der alte gelöscht wird. Hier kann man aber eine Routine einbauen, die den Kunden dazu zwingt, entweder einen Termin zu löschen, oder beide Termine zu bestätigen. Ich denke, dass ein Zeitraum von vier Wochen hier angemessen ist. Aber das müssen die Nutzer (in diesem Falle die Friseure) selbst entscheiden.

Terminabsagen

Das gleiche gilt für Terminabsagen. Es kommt immer wieder vor, dass ein Termin versäumt wird. In der Regel ist das kein Problem. Die Friseure haben auch so genug zu tun. Auf der anderen Seite ist es aber schon doof, wenn der Kunde nicht kommt und die Arbeitskraft dann eine Stunde dumm rumsteht. Da kann man aber Abhilfe schaffen. Man legt einfach eine Frist fest, bis zu der spätestens die Absage erfolgen muss. Kommt der Kunde zu spät, wird eine Pauschale fällig. Mit Geld kann man auch Kunden erziehen. Im System muss dann programmiert sein, dass nach der Frist keine Änderung mehr möglich ist. Und im Notfall muss der Kunde halt anrufen. Ich bin mir sicher, dass der Friseur das in aller Regel großzügig abwickelt.

Urlaub und Krankheit

Auch die Urlaubsplanung kann in das System eingegeben werden. Für diese Zeit ist dann die entsprechende Kraft im System nicht buchbar. Dass das geht, weiß ich aus meiner Erfahrung an der technischen Schule in Aachen. Das setzt aber voraus, dass die Arbeitskraft frühzeitig eine Urlaubsplanung in das System eingibt. Bei kurzfristigen Angelegenheiten muss dann halt wieder telefoniert werden. Auch bei Krankheit, und das ist eigentlich immer kurzfristig, wird es ohne Telefon nicht gehen.

Da kann ein gutes System aber auch unterstützen. Möglicherweise kann das System die betroffenen Kunden per E-Mail benachrichtigen. Dann gibt man dem Kunden zwei Möglichkeiten. Entweder er ändert seinen Termin eigenständig, das System könnte ihm dafür Vorschläge für die anderen Angestellten machen, oder er bittet um Rückruf. Die Rückrufe werden dann in einer Liste zusammengefasst und auf den Computer oder das Tablett aufgespielt. Diese Liste kann dann auch und nach abgearbeitet werden. Und wenn die Telefonnummer hinterlegt ist, reicht möglicherweise ein Knopfdruck um die Verbindung herzustellen.

Was kann das System noch?

Das System hat ja sämtliche Termine gespeichert. Und die tauchen jeden Morgen als Stundenplan in einem großen Bildschirm auf. So ähnlich wie auf dem Flughafen. Und so weiß jede Arbeitskraft, was sie über den Tag zu tun hat.

Rein theoretisch könnte das System sogar die Arbeitsplätze zuweisen. Aber das ist bei einem kleinen Friseur nicht unbedingt notwendig.
Bei einer Physiotherapiepraxis, die mehr als zehn Arbeitsplätze verwaltet, könnte das aber durchaus Sinn machen. Meine Frau arbeitet in einer solchen Praxis.

Und wer die nächsten Tage sehen will, der muss dann halt an den Zentralrechner. Kann ja mal vorkommen, dass man kurzfristig einen Tag frei braucht. Da ist dann definitiv Handarbeit erforderlich. Aber auch hier könnte ein gutes System bei den Terminverschiebungen unterstützen.

Zusammenfassung

Sie wissen ja, ich bin ein Gegner von Digitalisierung um der Digitalisierung Willen. Es müssen schon Vorteile für die Arbeitskräfte oder den Unternehmer dabei herausspringen. In diesem Falle glaube ich aber, dass den Angestellten eine Menge an Verwaltungsaufgaben abgenommen werden können. Diese zusätzliche Zeit können sie in ihrer eigentlichen Aufgabe viel besser nutzen. Und vielleicht ist dadurch auch die eine oder andere kleinere Pause möglich. Das würde den Stressfaktor deutlich verringern.

Noch ein Wort zur KI

Das von mir angedachte System kann eine ganze Menge. Aber ist das nun künstliche Intelligenz? Ganz sicher nicht. Denn das System tut nur das, was wir ihm vorher gesagt haben. Nicht mehr und nicht weniger.
Einfach irgendetwas zu reproduzieren, hat für mich nichts mit Intelligenz zu tun. Das trifft aber auch auf Menschen zu. Einfach irgendwelche Parolen nachblubbern hat nichts mit Intelligenz zu tun. Das sollte wir mal den Links-Grünen sagen. (Der musste jetzt einfach noch sein.)

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