Die schönste Nebensache der Welt

Ein etwas anderer Blick auf den Fußball

„Nein, liebe Zuschauer, das ist keine Zeitlupe, der läuft wirklich so langsam.“
Werner Hansch

Eigentlich bin ich kein Fußballfan

Naja, interessieren tut mich Fußball schon. Aber eben nicht, dass ich jedes Spiel sehen muss. Klar, ich bin geborener Frankfurter, und ein wenig schlägt mein Herz schon für die Eintracht. Aber so ein richtiger Fußballfan? Der sich mit Schal und Mütze vor den Fernseher setzt? Oder der sich Fähnchen ans Auto hängt? Eher nicht.

Trotzdem verfolge ich die Spiele bei der EM

Entgegen allen vorangegangenen Aussagen, läuft der Fernseher nahezu bei allen Spielen. Ich bin allerdings nach wie vor kein totaler Fußballfan. Die Gründe sind andere.

Meine Familie hat eine Tipprunde aufgemacht. Wenn man Sieg, Niederlage oder Unentschieden richtig tippt, dann erhält man zwei Punkte. Stimmt auch noch das Torverhältnis, dann werden es drei Punkte, hat man das Ergebnis richtig getippt erhält man vier Punkte. Jetzt könnte man sagen, dann würde es ja reichen, wenn man die Ergebnisse liest. Eigentlich ist das richtig. Aber es ist schon aufregend, wenn man lange Zeit glaubt, endlich mal einen Vierer gemacht zu haben und in der 86. Minute schießt noch so ein Dämel ein Tor.

Der zweite Grund liegt in dem genialen Fernsehprogramm. Ich bin ja schon im Rentenalter. Okay, ich habe einen Garten und ich schreibe diesen Blog. Aber trotzdem bleibt da noch Zeit. Daher läuft beim uns häufig der Fernseher. Das Programm besteht im Schwerpunkt aus Wiederholungen, und politische Sendungen kann man sich ja nicht mehr anschauen. Dann doch lieber Fußball. Da kann man sogar noch was nebenher machen. Denn eigentlich interessiert ja nur das Ergebnis.

Die Stimmung im Land

Was hat man nicht alles erzählt. Die EM sollte nach der WM 2006 ein zweites Sommermärchen werden. Aber was ist die Realität? So richtig kommt keine Stimmung auf. Während Deutschland 2006 in einem Meer von Schwarz-Rot-Gold versank, sieht man derzeit nur vereinzelt Fahnen. Selbst in den Fanmeilen beim Public Viewing ist Schwarz-Rot-Gold nur spärlich vertreten. Zumindest im Vergleich zu 2006.
Stimmung machen eigentlich nur die Anderen. Da tauchen dann Bilder von eine schottischen Piper-Band auf, wie sie vor dem Spiel durch Köln und Stuttgart marschieren. Bei den Holländern sieht es kaum anders aus. In den Stadien sind mir die Türken besonders aufgefallen. Die machen die Spiele ihrer Mannschaft zu Heimspielen. Aber auch die Albaner hatten eine lautstarke Fangemeinschaft im Rücken.
Und wenn die Deutschen spielen? Natürlich gibt es da auch Schlachtgesänge. Dass wir aber eigentlich immer Heimspiele haben ist für mich kaum erkennbar.

Die Medien

Bei der medialen Aufbereitung fallen dann viele Aspekte auf. Ich will davon aber nur einige beschreiben. Denn eine Komplettbetrachtung würde definitiv zu weit führen.

Vor dem Spiel

Vor den Spielen werden die Gegner analysiert. Auffällig ist dabei, dass bei den deutschen Gegnern die Stärken besonders hervorgehoben werden. Ich werde das Gefühl nicht los, dass man da die Gegner bewusst stark redet. Denn wenn man gegen einen starken Gegner verliert, dann ist es vielleicht noch entschuldbar. Nun ja, gegen Griechenland hat man haushoch gewonnen. Deren Sieg bei der Fußball EM 2004 war wohl ein Ausrutscher. Ansonsten kam von denen nicht viel.
Gegen Ungarn das Gleiche. Und da hatte ich meiner Frau schon gesagt: „Wer Europameister werden will, für den darf Ungarn kein Thema sein.“ Ich glaube, Ungarn hatte vor 1954 Mal eine Mannschaft, die als unschlagbar galt. Damals hatten die auch noch den Ferenc Puskás. Aber nach der verlorenen WM war es aus mit dem Glanz. Im Bereich der Großen sehe ich Ungarn und Griechenland eher als zweite Liga. Trotzdem wurden sie auch von den Co-Moderatoren stark geredet.
Die erste Herausforderung war dann die Schweiz. Gegen den ersten wirklich starken Gegner reichte es dann auch nur zu einem mühsamen Unentschieden.

Und jetzt kommt Dänemark. Nach der Vorrunde auch ein eher schwacher Gegner. Ich bin mal gespannt, wie die Medien die wieder künstlich stark reden. Für einen Aspiranten auf den Titel dürften die kein Auftrag sein. Das sagt wahrscheinlich aber keiner. Danach dürfte Spanien kommen, und dann ist es mit dem Glanz eh vorbei. Trotzdem wird man sich wieder beweihräuchern, man hat ja das Viertelfinale erreicht. Klingt irgendwie nach dem Spruch: Nimm dir nichts vor, dann geht dir nichts fehl.

Die Kommentatoren

Beri den Kommentatoren gibt es nichts neues. Der übliche seichte Scheiß. Und nach wie vor gibt es da welche, die kommentieren wohl ein anderes Spiel. Die Co-Kommentatoren sind kaum besser. Hitzelsberger, Mertesacker, Kramer, als Moderatoren nicht unbedingt die hellsten Kerzen auf dem Kuchen. Und um alles in der Welt, wer ist Tabea Kemme? Und dann ist da noch Kathrin Lehmann. Die hat mal Fußball gespielt, spielt jetzt Eishockey. Genauso sind auch ihre Kommentare. Einfach nur zum Weglaufen.
In der WELT gibt es dazu sogar eine Rankingliste. Die Ergebnisse sehe ich allerdings anders. Da wird beispielsweise die Ex-Nationaltorhüterin Almuth Schult kritisiert, sie würde dem Hauptmoderator zu oft ins Wort fallen. Ich frage mich dabei, soll der Experte schweigend daneben sitzen? Ich halte Schult im Gegensatz dazu für einen positiven Lichtblick in diesem Geschäft. Endlich mal eine, die weiß, wovon sie redet. Überrascht hat mich Lothar Matthäus. Ich bin nicht unbedingt ein Freund von dem. Aber wie er sich hier als Experte verkauft, das finde ich schon ziemlich gut. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

Sicherheit

Da werden die Grenzen geschlossen. Vor Betreten der Fanmeilen wird jeder gefilzt. Und ins Stadion sollte auch nicht jeder kommen. Trotzdem gelingt es immer wieder, dass Fans den Rasen betreten. Und mit der Personenkontrolle scheint es auch nicht immer zu klappen. Letztens ist es sogar zu einer Messerstecherei innerhalb einer Fanmeile gekommen. Gilt da nicht sogar ein Messerverbot? Hat da wohl nicht geklappt. Ich glaube, wir können nur dankbar sein, dass uns wohl derzeit keiner so richtig böse gesinnt ist. Aber Sicherheit sieht wohl anders aus.

Ach ja, nur so ein Nebeneffekt. Sagte die Faeser nicht, so wolle die Grenzen aufs schärfste überwachen. Und behauptete sie nicht vor einigen Tagen, dass das sehr gut klappen würde? Da frage ich mich dann doch, wieso das bei Flüchtlingen nicht gehen soll.

Die Deutsche Bahn

Ich nehme an, dass die Masse der Fans mit dem Auto anreist. Mit der Bahn scheint es nicht so richtig zu klappen. Die Ösis singen schon „die Deutsche Bahn ist am Arsch“. Da wollte eine Fangruppe mit der Bahn nach Düsseldorf anreisen. Leider erreichte man den Spielort erst kurz vor dem Abpfiff. Auch der deutsche Cheforganisator Philipp Lahm musste das auch leidvoll erfahren, konnte so einen Interviewtermin nicht wahrnehmen. Das hält ihn allerdings nicht davon ab, über die doch so tolle Organisation zu schwärmen.
Irgendwie sieht das nicht nach Sommermärchen aus.

Was war sonst noch

Dass sich die Politik in der Sonne des Erfolges zeigen will, ist nicht neu. Ob es aber hilft, ist zweifelhaft. Denn die Sorgen und Nöte der Menschen sind am Ende ja nicht weg.
Die hochbezahlte Küchenhilfe schießt dabei den Vogel ab. Nach dem 2:0-Sieg über Ungarn postet sie auf X:“ Diese Mannschaft ist wirklich großartig. Stellt euch kurz vor, da wären nur weiße deutsche Spieler.“ Eigentlich ist die Hautfarbe egal. Deutsche Nationalspieler müssen den deutschen Pass haben. Ansonsten zählt einzig und allein die Leistung. Was das mit Hautfarbe zu tun hat, das weiß wahrscheinlich nur Göring-Eckardt.

Übrigens sind wir 1954 und 1974 Weltmeister geworden ohne einen einzigen farbigen Spieler. Im Moment sind wir lediglich Moral-Weltmeister. Ob es zu mehr reicht, dass müssen unsere Fußballer erst noch beweisen.
Göring-Eckardt ist dabei jedenfalls überflüssig.

Fazit

Die Geschichte vom zweiten Sommermärchen ist wohl wirklich ein Märchen. Vielleicht straft mich aber die Zukunft Lügen. Bei mir entsteht jedenfalls noch keine Euphorie. Das war 2006 definitiv anders.

Übrigens, wie hoch ist der Marktwert der deutschen Fußballnationalmannschaft?
2,75 Euro – 11-mal Flaschenpfand.

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