Gedanken zu Rohkost
„Nicht was wir essen, sondern das, was wir verdauen, kommt uns zugute und gereicht uns zur Nahrung.“
Christoph Wilhelm Hufeland
Vorwort
Vor wenigen Tagen hatte ich mich zum Thema Vollkorn geäußert. Ich hatte schon da angekündigt, dass ich mich auch mit der Frage, ist Rohkost wirklich empfehlenswert, beschäftigen werde. Das will ich in diesem Beitrag tun.
Erinnern wir uns aber an eine Grundaussage, die ich im Bereich Vollkorn getroffen habe. Diese Aussage ist auch hier für die weitere Betrachtung wichtig.
Keine Pflanze hat ein Interesse daran gefressen zu werden. Pflanzen wollen in der Natur zur Blüte gelangen, Samen ausbilden und sich damit weiter vermehren. Wenn wir viele Gemüsesorten ernten, bei Kohl ist das besonders auffällig, dann lassen wir diese Pflanzen nicht einmal bis zur Blüte kommen. Wir essen sie schon vorher. Auch bei Salaten ist das der Fall.
Und dagegen versuchen sich die Pflanzen mit unterschiedlichen Mitteln zu schützen. Diese Erkenntnis ist auch hier wichtig.
Eine Erinnerung
Ich erinnere mich an eine Tante, die schon früh an Krebs verstorben ist. Natürlich war mein Onkel davon sehr betroffen. Und Menschen entwickeln zur Bewältigung von Trauer teilweise merkwürdige Verhaltensweisen. Mein Onkel ist in diesem Zusammenhang übergegangen, sich hauptsächlich mit Rohkost zu ernähren. Das betraf dabei nicht nur Obst, sondern auch sämtliches Gemüse. Brokkoli, Blumenkohl, Möhren, ich weiß nicht mehr was sonst noch alles, er verzehrte all diese Produkte völlig roh. Er glaubte damals sogar, das sei gesund. Und damit ist er nicht alleine. Das glauben nämlich immer noch sehr viele.
Ich habe ihn allerdings aus dieser Zeit in Erinnerung als einen ausgesprochen abgemagerten Mann. Er war zwar nie besonders füllig, aber so hatte ich ihn vorher noch nicht gesehen. Auch seine Hautfarbe war blass. Gesund sieht definitiv anders aus.
Was macht aber diese Rohkost in unserem Körper?
Natürlich haben die verschiedenen Obst und Gemüsesorten unterschiedliche Wirkungen auf unseren Verdauungsapparat. Ich kann das auch nicht im Detail behandeln. Aber ich möchte ihnen das an einigen Beispielen erläutern. Vorher möchte ich aber noch einen kleinen Ausflug machen.
Was ist der Unterschied zwischen Fleischfressern und Pflanzenfressern?
Werfen wir doch einfach mal einen Blick in die Natur. Was ist eigentlich der wesentliche Unterschied zwischen Fleischfressern, also Raubtieren, und Pflanzenfressern. Jetzt kommen sie mir bitte nicht damit, dass die einen Fleisch und die anderen Pflanzen fressen. Darauf wären sogar die Grünen gekommen.
Nein, denken sie einmal über die Fresszeiten nach. Nehmen wir einmal den Löwen. Der geht auf die Jagd, die Beute wird gefressen. Da schlägt man sich den Bauch mit Fleisch voll. Und dann, dann sucht man sich ein schattiges Plätzchen und verdaut. Den ganzen Tag rumliegen und verdauen.
Betrachten sie dem gegenüber mal eine Kuh. Die frisst den ganzen Tag. Und wenn sie dann mal nicht mehr frisst, dann würgt sie den ganzen Scheiß nochmal hoch und kaut den noch einmal durch. Dem Grunde nach ist eine Kuh den ganzen Tag am fressen. Neben den Kühen sind auch Ziegen und Schafe Wiederkäuer. Selbst Giraffen und Kamele sind Wiederkäuer, wobei die letztgenannten genetisch zu einer anderen Art gezählt werden. Tut aber nichts zur Sache, den mehrkammerigen Magen besitzen auch die.
Also wenn ich die Wahl hätte, ich wäre lieber ein Löwe.
Aber warum ist das so?
Nun dem Grunde ist das ganz einfach. Fleisch hat eine wesentlich höhere Energiedichte als Pflanzen. Somit kann ein Raubtier problemlos mit einer Mahlzeit täglich über die Runden kommen.
Pflanzliche Ernährung hat dem gegenüber nur eine verhältnismäßig geringe Energiedichte und ist dazu auch häufig noch schwer verdaulich. Genau aus diesem Grunde sind viele Pflanzenfresser auch Wiederkäuer. Und genau deshalb müssen die auch den ganzen Tag fressen.
Die Bekömmlichkeit von Rohkost
Darüber hinaus ist pflanzliche Nahrung häufig auch noch unbekömmlich.
Nehmen wir einmal das Beispiel Kohlrabi. Wenn ich die ersten Kohlrabi in meinem Garten ernte, dann sind die häufig butterweich. Und ich liebe die im rohen Zustand. Sie schmecken mir einfach. Aber wenn ich da zu viel esse, dann bekomme ich erhebliches Magendrücken und wenige Stunden später erhebliche Blähungen.
Das Gleiche gilt auch für Möhren. Auch die schmecken mir im rohen Zustand richtig gut. Vor allem, wenn sie noch ganz jung sind. Aber auch die liegen dann schwer im Magen.
Aber woran liegt das?
Nun diese Gemüse haben ziemlich harte und lange Fasern. Bei Kohlrabi wird das besonders deutlich, wenn die holzig werden. Und diese Fasern kann unser Verdauungsapparat nur schlecht verdauen. Meistens findet da dann eine Vergärung im Dickdarm statt, was zu erheblichen Blähungen führt. Nährstoffe werden dabei kaum noch gewonnen.
Oder nehmen wir einmal die Kartoffel. Die Kartoffel ist aufgrund ihres hohen Stärkeanteils geradezu eine Energiebombe. Leider kann aber der menschliche Körper diese Energie nicht gewinnen, solange die Kartoffel roh ist. Dann flitzen all die guten Bestandteile ungenutzt durch den Verdauungstrakt und werden hinten wieder ausgeschieden.
Gifte in der Pflanze
Darüber hinaus schützen sich die Pflanzen durch Gifte. Wir hatten diesen Effekt auch schon bei Vollkornprodukten. Bei Bohnen weiß ich beispielsweise, dass diese im rohen Zustand einen hohen Blausäuregehalt haben. Auch bei Spinat soll das der Fall sein. Wie das bei anderen Gemüsepflanzen ist weiß ich im Detail nicht. Aber es gibt viele Gemüsepflanzen, die im rohen Zustand unbekömmlich sind. Bei Obst ist das etwas anders. Ich komme da am Ende nochmals drauf zurück.
Also besser doch Kochen
Um diese Pflanzen für den menschlichen Körper nutzbar zu machen, muss man sie kochen. Dabei werden die harten Fasern besser verdaulich, die Abwehrgifte werden in der Regel abgebaut. Von gekochten Bohnen droht definitiv keine Gefahr mehr. Und gekochte Kartoffeln sind dann tatsächlich wahre Energiebomben.
Und es ist erstaunlich. Selbst die uralten Naturvölker haben schon Möglichkeiten gesucht, Gemüse zu garen. Ob in der heißen Asche oder später in dafür vorgesehenen Kochgefäßen. Mit der Erfindung des Feuers hat man begonnen, Nahrungsmittel zu verarbeiten. Und sind wir doch einmal ehrlich. Diese Völker haben entdeckt, dass gekochte Nahrungsmittel deutlich bekömmlicher sind. Warum sollte das jetzt auf einmal falsch sein. Da haben uns Menschen über Jahrtausende Erkenntnissen für das Leben gebracht, wie wir es heute kennen. Und jetzt soll das alles falsch sein? Möglicherweise werden wir tatsächlich wieder dümmer. Bei den Grünen bin ich mir da übrigens ganz sicher.
Die Vitamine
Jetzt wird ja immer wieder behauptet, dass durch das Kochen Vitamine und andere Nährstoffe zerstört werden. Das mag sogar richtig sein. Und dennoch macht man bei dieser Überlegung einen gewaltigen Fehler. Denn all die Vitamine und Nährstoffe bringen nur etwas, wenn der Verdauungstrakt diese auch verwerten kann. Und das gelingt eben bei Rohkost nur sehr eingeschränkt.
Die Wissenschaft hat es sich da ziemlich einfach gemacht. Die haben den Nährstoff- und Vitamingehalt im rohen Zustand gemessen. Das gleiche haben sie dann nach dem Kochen gemacht. Und dann kommt man natürlich zu dem Ergebnis, dass beim Kochen viel Substanz verloren geht. Dass aber diese wichtigen Stoffe nur aufgenommen werden können, wenn die Pflanzen gekocht sind, das hat man bei dieser Betrachtung dann eben nicht berücksichtigt.
Um also überhaupt diese wertvollen Stoffe aufnehmen zu können, sollte man Pflanzen besser kochen. Zumindest für Gemüse gilt das.
Besonderheit beim Obst
Bei vielen Obstsorten ist das allerdings anders. Obst soll im reifen Zustand gefressen werden. Das Obstfleisch ist oft auch roh einigermaßen bekömmlich. Die Samen werden allerdings nicht verdaut. Die werden dann über die Ausscheidung von Tieren in einem große Raum verteilt. Daher können die meisten Obstsorten auch im rohen Zustand gegessen werden. Die Kerne aber bitte nicht mitessen. Die liegen dann unter Umständen doch wieder schwer im Magen.
Und trotzdem. Wenn sie bei bestimmten Obstsorten zu heftig zugreifen, dann kann auch das zu erheblichen Ranzenreißen führen. Bei Aprikosen ist mir das schon mal passiert.
Wenn die aber mit Klößen gegart worden sind, dann besteht diese Gefahr tatsächlich nicht. Auch für Obst gilt, gekocht ist es bekömmlicher. Von Marmelade habe ich bisher noch keine Bauchschmerzen bekommen.
Zusammenfassung
Die Behauptung, Rohkost sei gesünder, halte ich für ein Märchen. Gerade im rohen Gemüse befinden sich häufig Gifte, die beim Kochen neutralisiert werden. Und leider kann unser menschlicher Körper viele Stoffe aus Rohkost nicht herauslösen. Da können noch so viele Nährstoffe und Vitamine drin sein. Wenn der Körper sie nicht herauslösen kann, dann nützen sie nichts. Also lieber mal mit weniger zufrieden geben und kochen. Wie heißt es so schön? Weniger ist manchmal mehr.
Schlusswort
Viele dieser Erkenntnisse habe ich auch aus dem Buch „Lizenz zum Essen“ von Gunter Frank gewonnen. Die Aussagen erscheinen mir allerdings sehr plausibel. Daher möchte ich ihnen das Buch nochmals empfehlen.
„Lizenz zum Essen, Stressfrei essen, Gewichtssorgen vergessen“
ISBN 978-3-492-25370-3, für 11,00 € beim Piper-Verlag.
Guetti hat mir wiedereinmal den Tag gerettet.