National oder International

Gesamteuropäische Streitkräfte

„Die Welt ist ein gefährlicher Ort, nicht wegen derer, die Böses tun, sondern wegen derer, die zusehen und nichts tun.“
Albert Einstein

Eine Umfrage bei Civey

Kürzlich hat Civey eine Umfrage im Auftrag von Focus online durchgeführt. Es ging um die Frage, ob die EU eine gemeinsame Armee aufbauen solle. Das Ergebnis sehen sie auf dem Bild. Und genau dieses Ergebnis hat ist der Anlass für diesen Beitrag. Denn ich habe das Gefühl, dass viele nicht wissen, welche Bedeutung gemeinsame Streitkräfte haben können.

66,2 Prozent

Fast zwei Drittel der Befragten halten es für richtig, eine gemeinsame europäische Armee aufzubauen. Ich persönlich gehöre zu den 17,8 Prozent, die das kategorisch ablehnen. Sie könnten jetzt argumentieren, aber wir haben doch auch die NATO. Das ist richtig. Im NATO-Vertrag sind auch bestimmte Beistandspflichten festgelegt. Der Einsatz von Streitkräften verbleibt aber trotz all dieser Regelungen in nationaler Verantwortlichkeit.

Vorteile von gemeinsamen Streitkräften

Der wesentliche Vorteil von gemeinsamen Streitkräften ist der Spareffekt. Der ergibt sich zum einen aus der Gesamtstärke, die kann unter Umständen geringer ausfallen. Zum anderen ergibt dieser sich aber auch aus der Tatsache, dass nicht mehr jeder alles machen muss. Und da Kosten heute eine große Rolle spielen, darf man diesen Aspekt nicht unterschätzen.
Ein zweiter wesentlicher Aspekt ist die Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern. Nicht mehr jeder entwickelt für sich alleine. Es wäre doch wirklich traumhaft, wenn in der EU alle den gleichen Panzer nutzen würden. Das würde beispielsweise die Entwicklungskosten massiv senken. Und auch die Kosten für das Gerät selbst würden wahrscheinlich massiv gesenkt werden können, da die beschafften Stückzahlen dann deutlich höher würden.
Es gibt also durchaus Aspekte, die gemeinsame Streitkräfte sinnvoll erscheinen lassen. Und jetzt kommt das große Aber.

Die Führung

Ich glaube nicht, dass es Probleme bei der unmittelbaren Führung von solchen Streitkräften gibt. Das kann man mit Sicherheit lösen. Viele multinationale Einsätze in der Vergangenheit haben gezeigt, dass so etwas funktionieren kann.

Das große Problem sehe ich in der politischen Führung. Wer soll denn über diesen Einsatz beschließen? Der europäische Rat mit allen Regierungschefs. Am besten noch mit Einstimmigkeit. Da sehen wir doch heute schon, was dabei rauskommt.
Oder vielleicht das europäische Parlament. Wenn die das sollen, dann muss man an die aber auch eine Menge nationaler Befugnisse abtreten. Und wollen sie wirklich, dass ein französischer EU-Abgeordneter über den Einsatz deutscher Streitkräfte entscheidet?
Oder sollte darüber vielleicht die EU-Kommission darüber entscheiden? Oh Gott, jetzt kommt bei mir das kalte Grausen. Leute wie von der Leyen oder Frans Timmermans entscheiden über den Einsatz von Streitkräften. Am besten noch nach privatem SMS-Kontakt mit anderen. Nein, das geht schon einmal gar nicht. Die Kommission hat dafür nicht einmal eine demokratische Legitimation.

Die Stärke

Schauen wir mal in die Vergangenheit. Da hatte die Bundeswehr allein beim Heer 12 Divisionen, insgesamt 36 Brigaden. Dazu kamen dann noch unzählige Reservisten. Allein Deutschland hätte im kalten Krieg 500.000 Soldaten auf die Beine stellen können. Die gleiche Anzahl an Reservisten wäre noch dazu gekommen.
Und heute verfügt die Bundeswehr nicht einmal mehr über 200.000 Soldaten. Die wenigen verfügbaren Reservisten sind eigentlich bedeutungslos.

Alle anderen Nationen in der EU haben eine vergleichbare Reduzierung ihrer Streitkräfte vollzogen. Ich gehe einmal davon aus, dass die Mitglieder der EU maximal noch ein Fünftel der früheren Stärke erreichen. Darüber hinaus sind auch immer weniger Gelder in die Modernisierung der Streitkräfte geflossen. Auch das ist nicht das Problem der Deutschen allein. Das gleiche Problem ist auch in den anderen EU-Staaten sichtbar. Und dann kam halt die tolle Idee, man müsse gemeinsame Streitkräfte aufstellen.

Beispiele gibt es derer viele. Die deutsch-französische Brigade. Nie wirklich funktionsfähig, weil die politischen Interessen der Staaten nicht wirklich identisch sind. Mittlerweile haben die Franzosen ihren Teil der Brigade sogar aus Deutschland abgezogen.
Oder das multinationale Korps Nord Ost in Stettin. An diesem beteiligen sich Polen, Dänemark und Deutschland mit je einer Division. Auch dieses ist ein rein politisches Konstrukt. Zusammen gekämpft haben die nie. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob die jemals gemeinsam geübt hätten.

Die Gefahren der Multinationalität

Bei all diesen multinationalen Großverbänden besteht die Gefahr, dass der eine sich auf den anderen verlässt. In vielen Fällen erbringt die verantwortliche Nation nicht die geforderten Leistungen. Insbesondere Deutschland ist da ziemlich groß drin. Wir Deutschen verstehen es sogar, den gleichen Verband für mehrere Aufgaben anzubieten. Es ist durchaus möglich, dass Deutschland Soldaten in Einsatzgebiete sendet, die dann dem multinationalen Korps nicht mehr zu Verfügung stehen. Aber es merkt ja keiner. Ist ja multinational.

Fazit

So sehr ich Multinationalität befürworte, Streitkräfte sollten immer in nationaler Hand liegen.
Das erinnert mich an den Begriff Team. Das ist eine Abkürzung und das heißt, „toll ein andrer machts“. Sobald Streitkräfte in der Multinationalität verschwinden, werden sie schwerer überprüfbar. Dann spielt man auf dem Papier mit etlichen multinationalen Großverbänden, nur der Unterbau fehlt.
Und das Zweite ist der politische Zugriff. Ich finde es absolut richtig, dass das deutsche Parlament über den Einsatz von deutschen Soldaten entscheiden muss. Dass ein Spanier das bestimmen soll, halt ich schon für ein wenig schräg.
Also, gemeinsame Streitkräfte sind für mich ein NoGo. Einbindung unserer Streitkräfte in gemeinsame Bündnisse halte ich aber für durchaus richtig, solange der Einsatz von Streitkräften in nationaler Befugnis verbleibt. Und genau so funktioniert die NATO.

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