Todesstrafe – Exekution mit Stickstoff

Ist diese Methode wirklich so grausam?

„Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand.“
J. R. R. Tolkien

Grundsätzliches

Um eines klar zu machen. Ich bin grundsätzlich gegen die Todesstrafe. Obwohl, wenn bei einem Täter die besondere Schwere der Tat festgestellt worden ist, wenn nach der lebenslangen Haftstrafe anschließende Sicherheitsverwahrung angeordnet ist, dann könnte man möglicherweise darüber nachdenken,…
Ich will das nicht weiterführen. Darum geht es heute auch gar nicht. Tatsache ist, dass es in der Welt noch viele Staaten gibt, in denen die Todesstrafe nach wie vor angewendet wird. So auch in den USA. Und dort ist kürzlich ein Mann mit Hilfe von Stickstoff exekutiert worden. Aufmerksam bin ich darauf durch eine Meldung in der Tagesschau geworden. Dort wurde die Methode als grausam und unmenschlich dargestellt. Aber ist sie das wirklich?

Ersticken

Haben sie schon einmal versucht, eine längere Strecke zu tauchen? In meinen besten Zeiten habe ich es geschafft, fast 100 Meter weit zu tauchen. Gegen Ende der Strecke merkte man dann aber, dass die Luft immer knapper wurde. Und da musste man sich schon gewaltig quälen. Und wenn ich mir jetzt vorstelle, ich könnte nicht einfach auftauchen, das wäre wirklich hart. Weitere zwei bis drei Minuten diesen Todeskampf, bis dann das Leben meinen Körper endgültig verlässt, das stelle ich mir extrem grausam vor.

Auf der anderen Seite habe ich in der ersten Hilfe etwas über Kohlenmonoxidvergiftungen gehört. Auch diese Menschen sind erstickt. Wenn man sie aber aufgefunden hat, dann hatten sie eine durchaus rosige Gesichtsfarbe. Und ihre Gesichtszüge waren dabei völlig entspannt. Ich habe entsprechende Bilder gesehen. Von Todeskampf also überhaupt keine Spur. Wie kann das sein?

Warum atmen wir?

Wir sollten uns also mal Gedanken über unsere Atmung machen. Warum atmen wir? Sie werden jetzt sagen, das ist doch einfach. Wir brauchen Sauerstoff. Im Prinzip haben sie sogar recht.
Unser Körper sieht das allerdings ein wenig anders. Der steuert die Atmung, damit er Kohlendioxid (CO2) loswird. Wir verfügen über Sensoren, die die CO2-Konzentration messen. Wie die das im Einzelnen machen weiß ich nicht. Und wenn diese Konzentration steigt, dann beschleunigen wir die Atmung. Völlig automatisch.
Sie werden jetzt sagen, das sei doch völlig egal. Mag sein, aber für die weitere Betrachtung ist es doch entscheidend.

Die Atemluft

Unsere Atemluft besteht zu 78% aus Stickstoff und zu 21% aus Sauerstoff. Kohlendioxid ist mit 0,04% vernachlässigbar. Bei der Luft, die wir ausatmen hat sich der Anteil an Stickstoff nicht verändert. Der Sauerstoffgehalt ist allerdings auf 16-17% zurückgegangen. Dafür ist der Kohlendioxidgehalt auf etwa 4-5% angestiegen. Wir atmen also Kohlendioxid ab.
Was ist aber mit dem Stickstoff? Im Zusammenhang mit der Exekution sprachen die Medien auch von Stickstoffvergiftung oder Vergasung. Nur wenn Stickstoff mit 78% das häufigste Gas in der Luft ist, wie kann es dann giftig sein?

Außerdem kommt Stickstoff sogar im Blut vor. Taucher kennen das ganz gut. Wenn die sehr tief tauchen, dann kann aufgrund des hohen Druckes sehr viel Stickstoff im Blut gelöst werden. Wenn dann beim Auftauchen der Druck nachlässt, gast der Stickstoff unter Umständen wieder aus. Und das führt zu der berühmt-berüchtigten Taucherkrankheit. Im schlimmsten Fall führt die zum Tode. Der Stickstoff an sich ist allerdings nicht giftig.

Was passiert im Körper

Der Sauerstoff wird durch das Blut zu den Zellen geführt. Dort verbindet er sich mit den eingelagerten Kohlenwasserstoffen (Zucker). Dabei entsteht Kohlendioxid. Je schneller das vonstattengeht, umso schneller müssen sie atmen. Der Körper will das Kohlendioxid ja wieder loswerden.
Was passiert aber, wenn ich der Atemluft den Sauerstoff entziehe. Sie atmen dem Grunde also nur noch Stickstoff ein. Es kommt also auch kein Sauerstoff mehr in den Zellen an. Eine Oxidation findet dort also nicht mehr statt. Die Kohlendioxidkonzentration im Blut sinkt. Das merkt der Körper und er senkt somit auch die Atemfrequenz. Wenn wir also keinen Sauerstoff zuführen, Kohlendioxid aber weiter abatmen, dann wird die Atmung immer langsamer, bis sie dann ganz aussetzt. Und es ist interessant. Der Delinquent selbst hat niemals das Gefühl der Atemnot.

Beispiele aus dem Pilotentraining

Es gibt Trainingsformen, wo man Piloten in entsprechenden Druckkammern den Sauerstoff entzieht. Man simuliert dabei beispielsweise den Luftmangel in großen Höhen. Einen ähnlichen Effekt können sie erleben, wenn sie in den Bergen wandern. Ab einer bestimmten Höhe werden sie feststellen, wie die Leistungsfähigkeit ihres Körpers immer weiter abnimmt. Wirkliche Atemnot verspüren sie dabei nicht.
Bei den Piloten macht man das aber noch extremer. Da reduziert man den Luftdruck deutlich weiter. Auch die leiden nicht unter Atemnot. Aber irgendwann besteht natürlich ein akuter Sauerstoffmangel. Und dann setzt das Hirn aus. Ein gutes Beispiel finden sie in einer Szene des Filmes „Ein Offizier und Gentleman“. Ab einem bestimmten Luftdruck werden da die Typen ein wenig wunderlich.

Merke

Was wir uns also merken müssen. Sauerstoffmangel führt nicht zu Atemnot. Zu Atemnot führt der Überschuss an Kohlendioxid.

Zurück zur Exekution

Aus diesem Grunde halte ich die Exekution mit Stickstoff durchaus für eine relativ sachte Art der Hinrichtung. Wirklich Schmerzen empfunden dürfte der Kandidat nicht haben. Und der Tod kommt in wenigen Minuten.

Jetzt berichtet allerdings die Reporterin eines Regionalsenders, der Delinquent habe sich gewunden und gezittert. Und bevor er verstorben sei habe er mehrere Minuten lang schwer geatmet.
Das mit dem Zittern und Winden kann ich nachvollziehen. Der Mann weiß, dass er gleich getötet wird. Wer das stoisch und reglos erträgt, der muss schon ziemlich hart gesotten sein. Mit der Methode hat das mal gar nichts zu tun. Auch das mit der schweren Atmung hat meines Erachtens ähnliche Gründe. Mit der Methode dürfte das auch nichts zu tun haben.

Fazit

Egal wie sanft die Methode auch ist. Die Todesstrafe ist in meinen Augen abzulehnen. Die Todesstrafe an sich ist grausam, unmenschlich und erniedrigend. Wenn man sich aber lediglich auf die Stickstoffmethode beschränkt, dann treffen diese Attribute definitiv nicht zu.

USA: Erstmals Häftling mit Stickstoff hingerichtet | tagesschau.de

Ein Kommentar

  1. Sehr gut dargestellt.
    Der Tod mittels Stickstoff (der ja bekanntlich zu 79% neben rund 21% Sauerstoff unsere Atemluft dar­stellt, ist schmerz- und krampffrei – ähnlich wie mit Kohlenmonoxid (CO). Nur dass man einiges mehr braucht. Weil unser Gehirn nicht durch „Vergiftung“ (wie beim CO), son­dern wegen Sauerstoffmangels den Betrieb einstellt. Und dass völlig ohne Warnzeichen!

    Das Absterben des Gehirns durch Sauerstoff-Mangel – die sogenannte Hypoxie- geschieht ohne Vorwarnung und ist meist mit angenehmen Halluzinationen verbunden. Wahrscheinlich sind die bekannten „Nahtod-Visionen“ darauf zurückzuführen.
    Siehe auch den Artikel „Ein fröhlicher Tod“ im Spiegel 43/2013:

    Stickstoff ist völlig geruch- und geschmacklos. Da ja die Luft 79% Stickstoff -sozusagen als „Verdünnungsmittel“ des aggressiven Sauerstoffs- enthält, fehlt uns ein Warnzeichen, wenn z.B. der Stickstoffgehalt der Luft ansteigt. Erhöht man den Stickstoffgehalt z.B. auf 90%, bedeutet das einen Sauerstoffgehalt von 10% . Und dies entspricht einem Aufenthalt von über 8.000 m Höhe und damit in der Todeszone.

    s.a.
    https://helmuth-herterich.jimdofree.com/humaner-tod-f%C3%BCr-schweine/

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