Wohin mit den Alten?

Zum Personalnotstand in der Pflege

„Wenn man einen Alten höflich und glimpflich um das Leben bringen will, so soll man ihm ein junges Weib geben.“
Friedrich III. (deutscher Kaiser)

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt

So steht es im Grundgesetz. Und wenn meine folgenden Betrachtungen vielleicht den Eindruck erwecken, dass ich das vergesse könnte, so ist das absolut nicht meine Absicht. Im Gegenteil, ich versuche einen Lösungsansatz zu finden, wie man die Menschen auch noch im Alter mit der nötigen Würde ausstattet.

Warum diese Überlegungen?

Ich sitze hier an meinem Computer und habe von diesem Platz aus einen guten Blick auf die Straße. Und da sehe ich immer häufiger unterschiedliche Pflegedienste. Ja, ich wohne in einer kleinen Sackgasse, die man durchaus als Mumienstraße bezeichnen könnte. Fast ausschließlich alte Menschen. Ich mit meinen 62 Jahren gehöre sogar noch zu den Jüngeren.

In Zeiten von Personalmangel ist dabei auffällig, wieviel Menschen benötigt werden, um nur diese wenigen alten Leute zu versorgen.
Zweimal täglich kommt ein Pfleger. In schweren Fällen sogar dreimal. So einen Fall hatten wir in der Nachbarschaft, der ist kürzlich verstorben. Dann kommt teilweise noch Essenb auf Rädern.

Und da stelle ich mir denn doch die Frage, wer das in Zukunft noch machen soll? Wir wissen ja, dass die Boomerjahrgänge jetzt in das Alter kommen, wo auch diese Pflegebedürftig werden. Noch sind viele von denen in einem Arbeitsverhältnis, aber mit Sicherheit nicht mehr lange. Wir müssen uns also schnellstens überlegen, wie wir mit weniger Personal mehr Menschen versorgen können.

Was sehe ich als das Ideal?

Idealerweise sollten alte Menschen überhaupt nicht pflegebedürftig werden. Ich kenne viele alte Menschen, die bis ins hohe Alter keine Pflege benötigten.
Mein Großvater war so einer. Der hat wohl nie einen Pfleger gesehen. Im Alter von 86 fühlte er sich dann auf einmal etwas schwächlich. Er kam dann zur Untersuchung in ein Krankenhaus. Und kurz darauf verstarb er nach einem erfüllten Leben. Und wenn ich mich noch daran erinnere, dann war er auch mit sich und der Welt im Reinen.

Ein solcher Lebensabend ist natürlich nicht jedem vergönnt. Trotzdem ist es für die Betroffenen schön, wenn sie im Kreise ihrer Lieben ihren Lebensabend verbringen können. Auch hier erinnere ich mich an meine Großeltern. Meine Großmutter hatte mit etwa 70 Jahren einen Schlaganfall. Danach war sie ein Pflegefall, konnte sich aber aufgestützt immer noch eigenständig bewegen. Ich erinnere mich noch, wie sie alle Namen der Enkel runterrasselte und am Ende war der nicht dabei, der vor ihr stand. Trotzdem hat sich Großvater liebevoll bis zu ihrem letzten Tag um sie gekümmert. Einen Pfleger kam auch da nicht ins Haus. Sicherlich war es von Vorteil, dass einer seiner Söhne im Haus wohnte. Da war natürlich Unterstützung durch einen Verwandten immer möglich.

Lassen sie mich das kurz zusammenfassen. Ich halte es für erstrebenswert, dass auch Menschen, die Pflege bedürfen, zuhause alt werden können.

Womit haben alte Menschen ein Problem?

Ich kenne viele alte Menschen, die den Gang in ein Altenheim scheuen. Das ist auch nachvollziehbar. Wenn ein Mensch sein ganzes Leben mit beiden Beinen auf den Füßen gestanden hat, dann will er auch im Alter sein Leben eigenständig gestalten. Und natürlich fällt es diesen Menschen schwer, anderen „zur Last zu fallen“. Ja, das ist für sie ein wesentlicher Teil ihrer Menschenwürde.
Das ist heute etwas anders. Grüne Politiker haben ja nicht einmal ein Problem damit, schon in jungen Jahren anderen zur Last zu fallen. Fester, Lang, Neubauer…

Aber Spaß beiseite. Irgendwann kommt dann aber doch der Zeitpunkt, wo es nicht mehr alleine geht. Sicherlich tun die Alten sich häufig schwer, sich das dann auch einzugestehen. Und nicht immer wohnt Verwandtschaft um die Ecke. Und dann müssen Pflegedienste her.

Die Pflegedienste

Erschrecken sie nicht, ich werde jetzt nicht sämtliche Pflegedienste aufzählen und am besten noch ein Ranking aufstellen. Nein es geht mir um etwas anderes.

Auch diese Pflegedienste haben ein Anrecht auf einen geregelten Arbeitstag. Auch dort gilt in der Regel die 40-Stunden-Woche. Natürlich findet man dort auch Teilzeitbeschäftigte.
Was aber jetzt wichtig ist, wieviel dieser Zeit sind die wirklich in der Pflege beschäftigt? Die setzen sich nämlich in ihr Auto, und fahren zu ihren Pflegefällen.

Ich habe eine Bekannte, die arbeitet in der Physiotherapie. Und wenn die einen außer Haus Termin hat, da ist die auch schon einmal eine halbe Stunde unterwegs. Hin und zurück ist das schon eine Stunde ihrer Arbeitszeit, die dann für die Pflege verloren geht.

Ich nehme an, dass das bei den Pflegediensten kaum anders ist. Natürlich kann man die Fahrzeiten verkürzen, indem man die Routen etwas anpasst. Festzustellen bleibt aber, dass sehr viel Zeit auf den Wegen zu den Patienten verloren geht. Abgesehen davon, dass diese Zeiten ja auch bezahlt werden müssen, kann man in diesen Fahrzeiten auch niemanden pflegen.

Vielleicht die Beifahrer, das sind ja auch schon mal Pflegefälle. Sorry, ein schlechter Witz, aber sie wissen, was ich meine.

Es kommt also jetzt darauf an, wie man diese Zeiten besser nutzen kann. Das gleiche gilt auch für Dienste wie „Essen auf Rädern“.

Betrachten wir einmal eine Kaserne

Ja, sie lesen richtig. Schauen wir uns mal eine Kaserne an. In einer militärischen Kaserne war früher mindestens ein Bataillon untergebracht. Meistens sogar mehrere. Das soll uns aber jetzt nicht interessieren.

In der Regel war das so, dass in einem Gebäude eine Hundertschaft untergebracht war. Bei der NVA waren die Gebäude noch größer, die hatten sogar Bataillonsgebäude.
Nun gut. Zu diesen Gebäuden gehörte ein kleiner Verwaltungsbereich. Vergleichbar mit der Aufnahme in einem größeren Ärztezentrum. Dann gab es noch ein Gebäude, wo der Stab, also das Führungselement untergebracht war. Und es gab auch einen eigenen Sanitätsbereich. Dort wurde die ärztliche Verorgung sichergestellt. In besonderen Fällen wurde man auch zu Fachärzten überwiesen. Der Transport konnte durch eine Fahrbereitschaft sicher gestellt werden.
Last but not least hatte so eine Kaserne auch noch eine Küche. Dort wurde Essen zubereitet und verteilt. Auch der Transport nach Außerhalb war mit den verfügbaren Thermen möglich.
Betreuungseinrichtungen für Sport und andere Freizeitgestaltungen waren logischerweise auch vorhanden.

Ist dort Altenpflege möglich?

Zunächst betrachten wir die verschiedenen Behinderungsstufen. Ich möchte hier gerne eine Dreiteilung vornehmen.

Erste Gruppe

Im Alter gibt es noch eine Menge Menschen die ziemlich rüstig sind, und ihr tägliches Dasein recht gut alleine bewältigen können. Sie fühlen sich unter Umständen aber einsam, suchen Kontakt zu älteren Menschen. Sind halt nicht mehr so mobil wie früher und lange Wege sind ihnen ein Gräuel. Selbst kochen möchten sie auch nicht mehr. Die brauchen letztlich eine Wohneinheit mit 1-2 Zimmern einem Bad und einer kleinen Küche, damit sie sich mal einen Kaffee kochen können.

Ich kenne Kasernengebäude, die genau so umgebaut worden sind. Es gab in Berlin sogar mal ein Hotel, das eine frühere Britische Offizierunterkunft ähnlich umgebaut hat. Auch die ehemalige Kaserne Wangerland bei Jever mag als Beispiel dienen.
Und wenn diese Menschen dann mal in die Stadt wollen, dann nehmen sie eben einen Bus. Das machen sie doch jetzt auch.

Zweite Gruppe

In der zweiten Gruppe befinden sich Menschen, die ohne fremde Hilfe nicht mehr über die Runden kommen. Auch diese könnten in ähnlichen Wohneinheiten leben. Allerdings ist hier der Ansatz von Pflegekräften höher. Das kann man aber bererechnen. Und ob die noch in die große Heimküche laufen, oder ihr Essen im Gemeinschaftsraum ihres Gebäudes einnehmen, das kann doch im einzelnen festgelegt werden. Auch die ärztliche Versorgung ist doch sichergestellt. Selbst wenn ein Hausbesuch nötig ist, die Wege sind doch kurz. Und jetzt kommt noch ein toller Effekt dazu. Es gibt bei den Rüstigen bestimmt welche, die diese Personen unterstützen können und wollen. Dann lasst sie doch, dann haben sie eine wertvolle Aufgabe. Und das ist doch auch ein Aspekt, der zur Menschenwürde gehört, oder?

Dritte Gruppe

In der dritten Gruppe sind jetzt die schwer Pflegebedürftigen. Das sind die, die einer Pflege bedürfen, die schon eine Krankenhauspflege nahe kommt. Auch die könnten in einem dafür speziell ausgebauten Gebäude untergebracht werden.
Aber welchen Vorteil haben die, wenn sie in so einer Art Kasernengemeischaft leben? Nun die Pflegefälle werden das in vielen Fällen gar nicht so mitbekommen. Für die Pflege selbst hat es dennoch Vorteile. Verpflegung wird von der Küche geliefert und muss nur noch im Gebäude verteilt werden. Auch die ärztliche Versorgung ist durch die nahe Sanitätsstation gewährleistet. Selbst die Versorgung mit Medikamenten könnte zentral gemanaged werden. Und die Pfleger könnten sich dann auch deutlich mehr um die Pflege kümmern.

Die Vorteile einer solchen Anlage

Im Vergleich zur häuslichen Pflege werde ich eine Menge Personal einsparen könne. Weil eben die Fahrzeiten größtenteils wegfallen. Auch sogenannte Springer, die bei Krankheitsfällen oder Urlaubsvertretungen einspringen, können deutlich zielgenauer geplant werden. Und der Verwaltungsapparat wird wohl auch noch deutliches Sparpotential haben.

Vielleicht kann zukünftig auch noch Personal eingespart werden durch den Einsatz von Robotik. Bitte verstehen sie mich nicht falsch. Ich will den persönlichen Kontakt zu den Alten überhaupt nicht verringern. Aber es ist halt doch ein Unterschied zwischen Wollen und Können.

Fazit

Es geht mir in meinen Überlegungen nicht um finanzielle Einsparpotentiale. Es geht nur darum, wie ich bei immer knapper werdenden Ressourcen Arbeitskräfte einsparen kann. Denn wenn es keine Pfleger mehr gibt, dann nützt auch alles Geld der Welt nichts mehr. Wenn es ein Produkt nicht gibt, dann kann ich bezahlen, was ich will, es gibt das Produkt halt immer noch nicht.

Und dafür werden wir Lösungen finden müssen.
Ich halte dafür eine solche Kasernenlösung daher nicht für abwegig.
Besser wäre es natürlich, wenn die Alten von ihren Kindern zuhause gepflegt würden. Dafür müssten sie aber auch Kinder haben.

Was noch zu tun wäre

Um solche Ideen umzusetzen, müssen allerdings Vorbehalte gegen die Kasernierung abgebaut werden. Kaserne wird immer noch mit Zwang, vielleicht sogar mit eingesperrt sein verbunden. Aber das ist doch ger nicht mehr der Fall. Das sind Dinge die sich nur im Kopf abspielen. Also fangen wir an.

Noch eine Randbemerkung

Wenn ich die ambulanten Pflegedienste vor meinem Haus beobachte, da fällt mir eines ganz besonders auf. Es gibt keine Pfleger, die aus dem Kontingent unserer Qualitätseinwanderer kommen. Ich sehe immer nur weiße Männer und Frauen, junge, nicht alte. Wie kann das sein?

2 Kommentare

  1. Diese Lösungen gibt es schon. Die Diakonie Himmelsthür bietet für verschiedenste Fälle Unterkünfte an, die genau in solchen Wohnblöcken untergebracht sind.

  2. Ja, das habe ich auch schon gehört und gelesen. In Zukunft wird man das aber meines Erachtens deutlich größer anlegen müssen. Und möglicherweise wird es dann sogar zur Regel.

Kommentar verfassen