„Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.“
Otto von Bismarck
Seit geraumer Zeit verfolge ich die politische Entwicklung in Deutschland. Ich bin ein wertekonservativer Mensch, und gehöre somit eher zum Spektrum der CDU-Wähler. Allerdings muss ich in letzter Zeit bei mir beobachten, dass ich mich von der CDU nicht mehr vertreten fühle. Wenn ich dann vor Wahlen den Wahlomat benutze, kommen regelmäßig Ergebnisse zu Vorschein, die mir eigentlich nicht gefallen. Daher habe ich mir Gedanken gemacht, wie sich die Parteienstruktur in den letzten 50 Jahren verändert hat. Ich betrachte dabei nur Parteien, die in den verschiedenen Parlamenten eine gewisse Relevanz an den Tag legen.
Die Phase bis 1983
Bis 1983 war die Lage in Deutschland noch einfach und übersichtlich. Es gab drei Parteien. Die SPD stand Links, war die Arbeiterpartei. Die CDU stand rechts, war die Partei der Konservativen. Die CSU gab es nur in Bayern. Der damalige Parteichef, Franz-Joseph Strauss, hat einmal gesagt: „Es gibt keine Partei rechts der CSU.“ In der Mitte stand die FDP, eine kleine Partei, die der Wirtschaft nahe stand. Diese Partei war dadurch der Mehrheitsbeschaffer. Sie war auch verantwortlich dafür, dass Helmut Kohl 1982 an die Macht kam.
1983-1989
1983 kam dann ein neuer Player auf die große Bühne. Die Grünen zogen erstmalig in den Bundestag ein.
Ältere werden sich noch an den bunten Haufen erinnern. Frauen die während der Parlamentsdebatten Pullover strickten, Mütter die ihre Babys im Parlament stillten. Sie versprühten ein Flair, dass ein wenig an Woodstock, an die Hippiezeit erinnerte. Wo waren sie politisch anzusiedeln? Sie gehörten eher dem Linken Spektrum an, ob sie links der SPD oder links der Mitte anzusiedeln waren, ist unerheblich. Dadurch ergaben sich automatisch zwei mögliche Koalitionen, Rot-Grün oder Schwarz gelb. Das hat an und für sich gut funktioniert.
1990 – 2015
Und dann kam die Wende. Neue Parteienbündnisse zwischen Ost und West wurden geschmiedet, wirklich neu war nur die PDS, die Nachfolgeorganisation der SED. Diese ging schon bald ein Bündnis mit der im Westen neu gegründeten Partei „WASG“ ein. Es entstand „die Linke“.
Diese neue Partei ist nach wie vor dem ultralinken Spektrum zuzuordnen. Es gab Zeiten, da wurden Mitglieder dieser Partei durch den Verfassungsschutz beobachtet. Dass es im Parlament noch zu keiner Linksverschiebung kam lag daran, dass die Union kaum an Stärke verlor. Die Rot-Grüne Regierungszeit unter Gerhard Schröder 1998 – 2005 ist uns sicherlich noch in Erinnerung. Interessant ist dabei, dass Schröder gezwungen war, Positionen der Union umzusetzen. Sie erinnern sich an die Hartz IV-Gesetzgenbung und an den Beginn der Auslandseinsätze der Bundeswehr.
2005-2014
2005 begann die Zeit mit Angela Merkel. Zu Beginn ihrer Amtszeit gab es noch kaum Veränderungen. Es war allerdings schon früh zu erkennen, dass sich Merkels Politik deutlich von der bisherigen wertekonservativen Politik der Union unterschied. Besonders deutlich wurde dies 2011, als sie nach dem Reaktorunglück in Fukushima mit Hau-Ruck den Ausstieg aus der Kernenergie durchpeitschte. Bezeichnend dafür ist der folgende Spruch: „Merkel ist die beste Kanzlerin, die die Grünen je hatten“. Auch das politische Magazin „Cicero“ titelte: „Die erfolgreichste sozialdemokratische Kanzlerin der Geschichte“.
Es gab viele solcher Situationen, wo erkennbar war, wie weit die Union nach links driftete. Denken wir nur einmal an die ihre Flüchtlingspolitik.
Für die ehemaligen Großen Parteien begann jetzt der Kampf um die „Mitte“. Die Linke Flanke war durch Grüne und Linke besetzt, aber rechts entstand ein regelrechtes Vakuum. Wer sollte das besetzen? Denn sogar die CSU entdeckte unter dem Wendhals Söder plötzlich ihr links-grünes Herz.
Seit 2014
Dadurch entstand der Raum, der bis heute von der AfD besetzt wird.
Wie immer bei den Randparteien sammelt sich dort auch die Extreme. Das gilt für Rechts genauso wie für Links. Bedauerlich ist nur, dass Links gerne verschwiegen wird. Wer war denn nun verantwortlich für die Krawalle in Berlin am 1. Mai? Querdenker und Rechte waren es wohl nicht. Das wäre in den Medien sicherlich ausgeschlachtet worden. Vielleicht doch Links?
Was soll ich tun?
Da die Union heute schon fast die SPD-Politik der sechziger und siebziger Jahre macht, ist sie für mich kaum noch wählbar. Grün kann man auch nicht wählen, denn wer deren Wahlprogramm gelesen hat, wird wissen, es wird alles noch viel teurer, aber nicht besser.
Wussten sie eigentlich, dass Deutschland fast nirgendwo mehr führend in der Welt ist? Es gibt nur eine Ausnahme. Das ist bei den Steuern. Da belegt Deutschland den zweiten Platz hinter Belgien.
Die Linke kommt für mich überhaupt nicht in Frage.
Bleiben nur wenige Alternativen. Also werde ich wieder einmal den Wahlomat betätigen. Das Ergebnis, was ich dabei erwarte, ist möglicherweise auch nicht das weiche vom Ei. Mal abwarten, ich habe ja noch ein halbes Jahr.
„Das Warten ist die grausamste Vermengung von Hoffnung und Verzweiflung, durch die eine Seele gefoltert werden kann.“
Sully Prudhomme (1839 – 1907, erster Literatur-Nobelpreisträger 1901)
Den Cicero-Artikel von 2017 hänge ich an
https://www.cicero.de/innenpolitik/angela-merkel-die-erfolgreichste-sozialdemokratische-Kanzlerin-der-Geschichte