Die Katastrophe – wer ist wirklich Schuld (3)

Die Fehler der Vergangenheit

„Erfolg besteht nicht darin, dass niemals Fehler gemacht werden, sondern dass der gleiche Fehler nicht zweimal passiert.“
(George Bernard Shaw, irischer Schriftsteller)

Die Starkregenfälle vom 14. und 15. Juli haben wieder einmal gezeigt, dass wir in Deutschland auf so etwas unzureichend vorbereitet sind. Mittlerweile geben wir Millionen für den Klimaschutz aus. Dabei ist klar, dass diese Massnahmen erst in ferner Zukunft Wirkung zeigen können, wenn überhaupt.
Gleichzeitig vergessen wir aber das Naheliegende.

Auf extreme Wetterereignisse sind wir nur unzureichend vorbereitet.
Es ist eigentlich unvorstellbar, dass in Deutschland Menschen sterben, nur weil ausnahmsweise einmal 200 Liter Regen pro Quadratmeter runterkommen. Obwohl dieses Phänomen nicht mehr neu ist, lassen wir uns immer wieder davon überraschen. Naja, es soll ja auch Leute geben, die sich jedes Jahr von Weihnachten überraschen lassen.

Wo liegen die Fehler

Die Fehler sind vielfältig. Die sind hier in Gänze gar nicht zu erfassen. Ich erlaube mir aber, zumindestens einige Aspekte zu betrachten.

Für Hochwasserlagen im Zusammenhang mit der Schneeschmelze im Frühjahr sind wir im Allgemeinen gut aufgestellt, zumindest im Bereich der großen Flüsse. Köln ist schon lange nicht mehr abgesoffen, das gleich gilt für das Flusskreuz Rhein-Lahn-Mosel bei Koblenz. Auch an der Elbe und ihren Nebenflüssen haben wir nach den Hochwassern von 2002 und 2013 einiges getan. Ich gehe davon aus, dass die dort getroffenen Maßnahmen in Zukunft ausreichen werden, vorausgesetzt, dass sie weiter auf Stand gehalten werden.

Probleme bereiten uns aber kurzfristige heftige Wetterlagen, die sehr viel Wasser bringen. Da fehlt es nicht nur in kleineren Städten an kleineren Gewässern, nein, da sind auch die größeren Städte betroffen.

Versiegelte Flächen

Ich hatte berechnet, dass 200 l/qm eine Wasserhöhe von 25 cm bedeutet. Das ist zunächst nicht viel. Im Bereich der Mittelweser, wo ich wohne, zuckt man bei einer solchen Regenmenge nur müde mir den Schultern. Im Verhältnis kaum versiegelte Flächen und das Land ist komplett flach.

In großen Städten sind aber die Masse der Flächen versiegelt. Das Wasser muss also irgendwo hin. Es sammelt sich an den tiefsten Stellen. Häufig sind das Unterführungen oder auch Tiefgaragen. Im schlimmsten Fall sind es die U-Bahnschächte wie derzeit in China.
Man muss also Auffangbecken schaffen, die im Notfall große Wassermengen aufnehmen können. Was spricht für ein großes Auffangbecken unter einer Tiefgarage oder auch unter den U-Bahnschächten. Was spricht gegen Auffangbecken unter einem Wohnblock?

In München gibt es riesige unterirdische Kavernen, die Millionen von Kubikmetern Wasser aufnehmen können. Wenn der Regen wieder nachlässt, werden die wieder entleert.
Die gleiche Funktion haben auch Talsperren. Warum die nicht im Vorfeld teilweise abgelassen worden sind, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Falsche Bebauung

In engen Tälern, wie beispielsweise das Ahrtal, sind häufig die Bebaungspläne Ursache für Katastrophen. Wenn wir die Lage in Schuld sehen, erkennen wir, dass ein kompletter Ortsteil im Überschwemmungsgebiet gebaut ist. Dass dieser Ortsteil bei extremen Hochwasser überschwemmt würde, hätte jedem klar sein müssen. Und dass fließendes Wasser eine unbändige Kraft hat, können sie selbst überprüfen. Gehen sie einfach mal durch einen schnellfließenden Bach, der lediglich knietief ist.

Die Ahr hatte am 15.07. einen Wasserstand von ca. acht Metern. Da halten auch massiv gemauerte Häuser nicht mehr. Hier hätte man zum Einen nicht bauen dürfen. Zum Anderen hätte man über Auffangbecken nachdenken müssen. Ich habe ein Beispiel gesehen, wo die Gemeinde ihren Sportplatz bewusst tiefer gelegt hat. Bei Starkregen ist dort sowieso keiner, also kann der ruhig mit Wasser vollaufen. Auch wenn das Becken nicht ausreicht, es bringt zumindest einen Zeitgewinn.

Kanalisation

Wenn irgendwo ein neues Baugebiet erschlossen wird, wird auch die Kanalisation neu eingerichtet. Aber irgendwo muss diese Kanalisation an das alte System angeschlossen werden. Dieses alte System ist aber für das zusätzliche Wasseraufkommen nicht ausgerichtet. Somit ist es schon im Normalbetrieb nahezu ausgelastet. Das gleiche gilt für die Klärwerke. Wenn dann noch Wasser bei Starkregen hinzukommt, ist eine Überlastung nicht abzuwenden. Das Wasser drückt aus der Kanalisation ins Freie. Diese Bilder sehen wir regelmäßig in den tiefer gelegenen Ortsteilen. Leider sind es häufig die historischen Altstädte.
In Bayern soll es Ortschaften geben, wo Kanäle unter dieser zusätzlichen Last sogar geplatzt sind. Wenn man also nicht in die Abwassersysteme investiert, dann sind Katastrophen vorprogrammiert. Da helfen dann auch keine Windräder.

Fehlende Vorbereitung

Trotz aller infrastruktureller Vorbereitung können sich Katastrophen ereignen. Dann müssen die zuständigen Akteure vorbereitet sein. Bei den Feuerwehren sehe ich da noch nicht einmal das Problem. Auch beim THW oder den Katastrophenschutzeinheiten der Hilfsorganisationen nicht. Die Schwachpunkte sind häufig die Krisenstäbe bei den Kreisen und den Ländern. Diese Stäbe werden mit Leuten aus dem Kreis besetzt, die diese Funktion im Nebenamt wahrnehen. Das Arbeiten im Krisenstab muss also ausgebildet und geübt werden. Wenn sich ein solcher Stab in der Krise erst finden muss, geht wertvolle Zeit verloren. Privat initierte Hilfe verselbstständigt sich, die zuständige Behörde verliert die Übersicht in ihrem Verantwortungsbereich. Genau das ist im Landkreis Ahrweiler passiert.

Alarmierung

In der Diskussion wurde vielfach bemängelt, dass nicht mehr über Sirene alarmiert wird.
Die Sirenen waren Mittel aus dem Zivilschutz und dienten zur Auslösung des Luftalarms. Vor 1989 heulten diese Sirenen noch monatlich. Nach Ende des kalten Krieges bestand für den Bund dafür keine Notwendigkeit mehr. Man überließ aber den Katastrophenschützern, ob sie Sirenen weiter nutzen wollten oder nicht. Viele Kreise haben sich aus Kostengründen entschieden, diese Sirenen abzuschaffen, sie seien nicht mehr zeitgemäß. Man verließ sich auf digitale Alarmierungsmöglichkeiten (NINA). Leider hat man aber nicht registriert, dass ein Großteil der Bevölkerung gar nichts damit anfangen kann.

Notversorgung der Bevölkerung

Zu Zeiten des kalten Krieges gab es noch große Verpflegungslager. Mit diesen sollte die Bevölkerung über mehrere Tage mit Grundnahrungsmitteln versorgt werden. Auch diese gibt es nicht mehr. Vielleicht müssen die nicht mehr so groß sein wie früher. Aber zur Linderung der ersten Not wären solche Lager ausgesprochen hilfreich gewesen.

Fazit

Neben infrastrukturellen Mängeln, viele davon sind schon lange bekannt, spielen wohl auch Ausbildungsmängel bei Schlüsselpersonal eine Rolle. Der Kenntnisstand, „Ich habe da schon mal was von gehört“, reicht zur Bewältigung einer solchen Krise nicht aus. Das BBK bietet für Krisenstäbe sogar Ausbildungsunterstützung an. Die Länder müssen diese nur annehmen.

Die Bereitschaft, in die Sicherheit der Bevölkerung zu investieren, ist auf allen politischen Ebenen unzureichend ausgeprägt. Maßnahmen für den Katastrophenschutz sind teuer und wenig sichtbar. Damit lässt sich kein Wahlkampf machen. Lieber investiert man in einen Klimaschutz, von dem man noch nicht einmal weiß, ob er überhaupt nennenswerte Ergebnisse bringt.

Das erinnert mich an Religion. Bevor man etwas konkretes in die Hand nimmt, betet man zu Gott. Und wenn es nicht hilft, dann hat man zu wenig gebetet. Unsere Religion heute heißt „Umweltschutz“, und unsere Vorbeter Baerbock, Söder und Konsorten.

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