„Wenn man dies als Milchmädchenrechnung bezeichnen würde, wäre das eine grobe Kränkung aller Milchmädchen.“
Gerhard Stoltenberg
Gestern versprach der neue Finanzminister Steuerentlastungen in einer Größenordnung von 30 Mrd Euro noch in dieser Amtsperiode.
Was bedeutet das?
Sie wissen, dass ich gerne rechne. Also tue ich das auch jetzt. 30 Mrd in vier Jahren bedeutet 7,5 Mrd pro Jahr. Um einfacher zu rechnen nehme ich mal 8 Mrd. bei 80 Mio Einwohnern in Deutschland. Das heißt das letztendlich, es bleiben für jeden Bundesbürger 100 Euro jährlich über. Das sind noch nicht einmal 10 Euro im Monat. Für eine vierköpfige Familie wären das 40 Euro. Das reicht gerade einmal für zwei Großpackungen Windeln. Nach einer solchen Ankündigung käme ich mir als einfacher Arbeitnehmer ziemlich verarscht vor. Und es ist ja noch nicht einmal sicher, dass der Großteil der Steuerersparnisse beim Arbeitnehmer ankommt.
Einige Beispiele
Unternehmensverluste
So sollen beispielsweise Unternehemen ihre Verluste aus den Corona-Jahren dadurch ausgleichen, dass sie die mit den Gewinnen der Vorjahre verrechnen. Von diesen Steuereinsparungen profitieren einzig und allein die Unternehmen. Der Arbeitnehmer hat da mal gar nichts von.
Die EEG-Umlage
Die EEG-Umlage wird abgeschafft. Sie beträgt derzeit etwa 6Ct/kWh. Bei einem Jahresverbrauch von 3500 kWh (vierköpfiger Haushalt) sind das rund 200 Euro. Wir müssen aber davon ausgehen, dass die Strompreise aufgrund einer verfehlten Energiepolitik deutlich steigen werden. Derzeit bezahlt man für die kWh einen Grundpreis von ca. 15 Cent. Experten erwarten in den nächsten Jahren eine Verdopplung der Preise. Und das ist noch vorsichtig geschätzt. Rechnen wir einmal mit einer Erhöhung der Preise um 15 Ct/kWh. Bei 3500 kWh/Jahr bedeutet das zusätzlich Kosten von 525 Euro plus Mehrwertsteuer. Unterm Strich macht das für den vier-Personen-Haushalt ein Minus von mindestens 325 Euro. Und bitte beachten sie, das Ende bei der CO2-Besteuerung ist ja noch nicht erreicht.
Rentenversicherungsbeiträge
Die Rentenversicherungsbeiträge sollen zukünftig voll absetzbar sein. Diese Beiträge bemessen sich bei einem Arbeitnehmer nach seinem Gehalt. Derzeit belaufen sich diese Beiträge auf 18,6 % des Bruttolohns. Bei einem monatlichen Einkommen von 3.000 Euro zahlt der Arbeitnehmer nun 558 Euro Rentenversicherung, das sind im Jahr etwa 6.700 Euro. Bisher konnte man diese Vorsorgeaufwendungen nur anteilig von der Steuer absetzen. Ich glaube es sind maximal 50%. Im Falle der Rentenversicherung soll das jetzt komplett möglich sein. Aber beachten sie: es geht nicht um die 6.700 Euro, sondern lediglich um die Hälfte. Und sie erhalten auch nicht das gesamte Geld, sondern nur den steuerlichen Anteil. Wenn dann 100 Euro im Monat übrig bleiben, dann ist das viel. Betrachten sie dann aber einmal die derzeitige Inflation, dann wissen sie was wirklich übrig bleibt.
Wie soll das Ganze finanziert werden?
Der große Wurf ist hier wohl noch nicht gelungen. Man müsse sparen, so Lindner. Man könnte beispielsweise auf den Ausbau eines Regierungsterminals beim BER verzichten. Das wären etwa 50 Mio Euro. Ja, Herr Lindner, dann fehlen ja nur noch 29,5 Mrd.
Noch ein Schmankerl am Rande
Gleichzeitig wird groß verkündet, der Mindestlohn werde auf 12 Euro angehoben. Ich kenne kaum noch Berufe, wo man in Festanstellung weniger verdient. In Süddeutschland geht selbst eine Reinigungskraft dafür nicht mehr arbeiten. Mit Masse dürften gerinfügig Beschäftigte oder Aushilfskräfte in der Landwirtschaft profitieren.
Für die geringfügig Beschäftigten bedeutet das aber nur, dass sie weniger Arbeiten dürfen. Ansonsten fallen sie aus der Freigrenze heraus. Für mehr Geld im Geldbeutel sorgt das nicht.
Aber
Ab 2023 soll die Schuldenbremse wieder gelten. Wie man dann die Klimaschutzmaßnahmen finanzieren will, weiß wahrscheinlich nur der Finanzminister. Bis dahin bedient man sich dann halt bei den Geldern, die aus dem Corona-Haushalt übrig geblieben sind.
Fazit
Große Versprechungen eines Finanzministers, der sich hat gewaltig über den Tisch ziehen lassen. Wenn man das Ganze hinterfragt, bleibt letztlich nur noch eine Luftnummer. Damit passt auch die FDP hervorragend in das links-grüne Phantasiereich.
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/lindner-steuern-entlastungen-101.html
https://www.welt.de/wirtschaft/article235991400/30-Milliarden-Euro-Entlastung-Die-Steuer-Schwindelei-des-Christian-Lindner.html (Dieser Beitrag ist hinter einer Bezahlschranke, kann also nur von Welt-Abonnenten eingesehen werden.)