Zur Verkehrsinfrastruktur gehören auch die Wasserstraßen
„Ein Schiff im Hafen ist kein Schiff, sondern eine Kiste, die gepackt wird.“
B. Traven
Produktion und Logistik
Zu einer funktionierenden Wirtschaft gehören nicht nur Produktionsstätten, sondern auch eine Logistik, die Waren dorthin und die Endprodukte zum Verbraucher transportiert. So erkennt man eine funktionierende Wirtschaft unter anderem an der Menge der transportierten Güter.
Wer will das leugnen, der tagsüber auf deutschen Autobahnen unterwegs ist. Ein LKW hinter dem anderen. Ein vorankommen mit 80 Km/h ist häufig noch erfreulich. Und wenn dann eine Straße blockiert ist, dann können wir die Folgen sehr schnell erleben. Plötzlich bewegt sich der Schwerverkehr wieder über Landstraßen durch Ortschaften hindurch. Die betroffenen Einwohner können ein Lied davon singen. Fragen sie einfach mal Menschen, die entlang der Sauerlandlinie (BAB 45) wohnen.
Daneben gibt es noch die Bahn. Auch die transportiert Güter. Allerdings lässt die Zuverlässigkeit zu wünschen über. In Zeiten, wo Lagerkosten geringgehalten werden sollen, müssen Güter genau dann angeliefert werden, wenn sie gebraucht werden. Da hat der LKW halt erhebliche Vorteile.
In diesem ganzen Transportwesen wird die Binnenschifffahrt gerne vergessen. Sicherlich hat die Binnenschifffahrt Nachteile, wenn es um just-in-time Transporte geht. Wenn es aber um große Mengen wie bei Schüttgütern geht, dann wird sie wieder hoch interessant. Und so werden Güter wie beispielsweise Getreide, Schrott, Kohle aber auch Diesel und Benzin über Wasser transportiert. Das liegt auch daran, dass der Schifftransport vergleichsweise billig ist.
Größe von Schiffen
Binnenschiffe gibt es unterschiedlichsten Größen. Die haben ein Ladevermögen von etwa 400 Tonnen bei kleinen Schiffen bis zu 2.500 Tonnen bei großen Rheinschiffen. Schubverbände können sogar bis zu 6.000 Tonnen transportieren. Das hängt aber auch von der Größe der befahrenen Flüsse ab.
Auf der Mosel, um die geht es heute, dürften sogenannte Euroschiffe unterwegs sein, die bis zu 1.350 Tonnen Ladekapazität haben. Das entspricht etwa 40 LKW-Ladungen oder der Ladung eines Güterzuges mit 40 Waggons
Die Mosel ist blockiert
Die Masse der Wasserschifffahrtsstraßen ist durch Schleusen aufgestaut. Soviel ich weiß, kommt einzig und allein der Rhein ohne Schleusen aus.
Und wenn eine solche Schleuse ausfällt, dann ist der betroffene Fluss keine Wasserstraße mehr, sondern ein großer Wasserparkplatz. Und genau das ist an der Mosel passiert. Dort hat ein Frachtschiff an der Schleuse Müden die Schleusentore gerammt, so dass die Schleuse nicht mehr passierbar ist. Die Schleusentore müssen komplett erneuerte werden. Das wird nach derzeitiger Schätzung mindestens bis Ende März des kommenden Jahres dauern.
Dem Grunde nach wäre das kein Problem, wenn alle Schleusen mit zwei Kammern ausgestattet wären. Das ist aber an der Mosel leider nicht der Fall.
Allein in Deutschland wird die Mosel mit insgesamt 10 Schleusen aufgestaut. Und nur fünf dieser Schleusen haben ein Zwei-Kammer-System. Und leider ist genau eine von den Schleusen ausgefallen, die nur über eine Kammer verfügt. Das war es dann für die nächsten drei Monate.
Die Folgen
Derzeit hängen etwa 70 Schiffe auf der Mosel fest. Können den Rhein nicht mehr erreichen. Auch Binnenschiffe die vom Rhein herkommen, können die Mosel nicht mehr befahren. Die sind allerdings nicht vom gesamten Güterverkehr abgehängt.
Die Schiffe auf der Mosel liegen zunächst einmal fest. Nach Aussagen in der Tagesschau verursacht so ein Schiff Kosten in Höhe von zwei- bis dreitausend Euro pro Tag. Bei 70 Schiffen sind das dann 210.000 Euro täglich. Und bis Ende März sind es noch gut 100 Tage. Rechnen können sie das selbst.
Lösungsansatz
Man überlegt jetzt, ob man die Schiffe nicht oberhalb der Schleuse löschen kann, die Güter dann per LKW an einen Ladeplatz unterhalb der Schleuse verbringt und dort dann auf andere Schiffe umlädt. Das heißt aber, dass pro Schiff 40 LKW über die Moseluferstraßen (B416 und B49) unterwegs sind. Wie viel das täglich sein werden, darüber fehlt mir jegliche Vorstellung. Mal abgesehen davon, dass ich kaum glaube, dass auf die Schnelle so viel Transportkapazität überhaupt verfügbar ist. Aber besser wenig als gar nichts.
Wer ist schuld an diesem Dilemma?
Natürlich in erster Linie der Havarist. Klar.
Aber warum gibt es überhaupt noch Schleusen ohne ein Zwei-Kammer-System? Die Betreuung von Bundeswasserstraßen liegt in der Verantwortung des Bundesverkehrsministeriums. Dort hätten also die Gelder für einen Ausbau der Schleusen bereitgestellt werden müssen. Für den Bau selbst wäre dann das Land Rheinland-Pfalz zuständig. Und jetzt wird es interessant. Der derzeitige Verkehrsminister ist Volker Wissing, ehemals FDP. Das genau gehört zu seinem Job. Und was noch besser ist, dieser Typ stammt aus Rheinland-Pfalz. Die Situation dürfte ihm nicht unbekannt gewesen sein.
Der Bund baut aber viel lieber Windräder als dass er nur einen Euro in die Verkehrsinfrastruktur investiert. Und genau diese Windräder können die Schiffer auf der Mosel jetzt in Ruhe betrachten.
Fazit
Das Dilemma an der Mosel ist für mich wieder einmal klassisches Politik-Versagen. Verkehrsinfrastruktur ist eben ein wesentlicher Bestandteil für einen Wirtschaftsstandort. Und die ist marode. Nicht nur die Straße, auch Bahn und Wasserschifffahrt sind am Ende. Und dann wundern sich unsere Hochleistungspolitiker, die man nicht einmal als Schwachköpfe bezeichnen darf, darüber, dass unsere Wirtschaft abwandert oder den Bach runter geht.
Okay, die Mosel runter geht momentan nicht. Wenigstens etwas.
Weiterführende Links
Sackgasse Mosel: Politisches Versagen legt Schiffsverkehr lahm
Schiffsunfall auf der Mosel: Heftige Folgen für Wirtschaft und Schifffahrt
Wirtschaft drängt auf Schleusen-Reparatur – ZDFheute