Der Unsinn mit der Brandmauer
„Die Demokratisierung der Gesellschaft ist der Beginn der Anarchie, das Ende der wahren Demokratie. Wenn die Demokratisierung weit genug fortgeschritten ist, dann endet sie im kommunistischen Zwangsstaat.“
Franz Josef Strauss
Die Ampel ist geplatzt
Die FDP hat die Ampel verlassen. Damit ist die Kanzlermehrheit futsch. Und jetzt sucht man nach Möglichkeiten, wie man den Kanzler loswerden kann. Darüber wird in den Medien berichtet, aber leider auch sehr viel Unsinn erzählt. Es gibt letztlich nur zwei Möglichkeiten, mit der eine Kanzlerschaft innerhalb einer Legislaturperiode beendet werden kann. Und die sind noch mit ziemlichen Hürden versehen. Ich möchte ihnen diese beiden Möglichkeiten näherbringen. Ich bin mir sicher, sie haben noch einiges aus ihrer Schulzeit in Erinnerung. Aber das eine oder andere Detail dürfte doch verloren gegangen sein.
Die Sitzverteilung im Bundestag
Bevor wir uns dem Thema nähern, sollten wir uns erst einmal mit der Sitzverteilung im Bundestag beschäftigen.
Wie sie auf dem Bild sehen können, hat der Bundestag derzeit 733 Sitze (Quelle: Sitzverteilung des 20. Deutschen Bundestages). Für die Kanzlermehrheit sind also 367 Sitze erforderlich. Die Ampel verfügte bisher über 415 Sitze. Das war eine klare Mehrheit. Durch den Ausstieg der FDP sind allerdings 91 Sitze verloren gegangen. Somit verfügt die Fußgängerampel lediglich über 324 Sitze. Selbst wenn jetzt die Linken und das BSW für die Regierung stimmen würden, dann käme man nur auf 362 Sitze. Selbst das wäre zu wenig. Man wäre somit also auch noch auf die Fraktionslosen angewiesen. Da es aber unwahrscheinlich ist, dass das BSW für die Regierung stimmt, ist auch das belanglos.
Die Vertrauensfrage
In einem solchen Fall kann der Kanzler die Vertrauensfrage stellen. Dem Grunde nach fragt er das Parlament ob die Abgeordneten ihm noch vertrauen. Stimmt die Mehrheit der Abgeordneten dagegen, dann ist seine Kanzlerschaft beendet und er muss den Bundespräsidenten um seine Entlassung bitten. Der ordnet dann Neuwahlen an. Diese müssen dann innerhalb von 60 Tagen durchgeführt werden.
Der Kanzler hatte zunächst angekündigt, noch einige Gesetzesentwürfe durch den Bundestag zu bringen, und dann am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen. Wie ich dazu stehe ist völlig unerheblich. Die CDU versucht aber, den Kanzler zu zwingen, die Vertrauensfrage deutlich früher zu stellen. Aber kann sie das überhaupt?
Nein, sie kann es nicht. Keiner kann den Kanzler zwingen, die Vertrauensfrage zu stellen. Der ist nämlich vom Bundestag für die gesamte Legislaturperiode gewählt. Wenn sich Scholz entscheidet, sein Amt bis zur nächsten Wahl auszuüben, dann ist das so. Selbst die eigene Partei kann ihn nicht abberufen. Er muss also selbst entscheiden, ob und wann er die Vertrauensfrage stellt. Dass natürlich politischer Druck ausgeübt wird ist logisch. Aber letztendlich geht es da nur darum, wie man sich für den kommenden Wahlkampf aufstellen wird. Und da spielt Scholz halt auf Zeit.
Ein konstruktives Misstrauensvotum
Es gibt allerdings eine Möglichkeit, den Kanzler abzusetzen. Das Parlament kann dem Kanzler das Misstrauen aussprechen. Allerdings muss in diesem Zusammenhang gleich ein neuer Kanzler gewählt werden. Sollte Merz also ein solches Misstrauensvotum anstrengen, dann muss er auch gleich als Kanzler antreten. In diesem Zusammenhang behaupten die Mainstream-Medien, Merz habe dafür keine Mehrheit. Und das wollen wir doch einmal genauer betrachten.
Die CDU verfügt über 196 Sitze, nehmen wir noch die FDP mit 91 Sitzen dazu, dann kommt man auf 287 Sitze. Das ist weit entfernt von einer Kanzlermehrheit. Selbst wenn man BSW, Linke und die Fraktionslosen hinzunimmt, reicht es mit dann 333 Sitzen nicht annähernd für eine Mehrheit.
Allerdings gibt es ja noch die AfD. Ginge die CDU mit AfD und FDP ins Rennen, dann käme man auf 363 Sitze. Man müsste dann noch den einen oder anderen Fraktionslosen überzeugen, aber eine Kanzlermehrheit wäre möglich.
Warum tut Merz das nicht?
Ich glaube, dafür gibt es viele Gründe. Zunächst scheitert die CDU an der selbst gesteckten Brandmauer. Die jetzt einzureißen würde die CDU in erhebliche Erklärungsnot bringen. Und das könnte bedeuten, dass es für Merz eine sehr kurze Kanzlerschaft geben würde. Da das konstruktive Misstrauensvotum sich nicht auf die Wahlperiode auswirkt, gäbe es turnusgemäß im September Neuwahlen. Und ob ihm der Wähler das verzeiht, weiß niemand. Jedenfalls wird Merz das Risiko nicht eingehen.
Zum Zweiten würde er bis September in der Regierungsverantwortung stehen. In dieser Zeit kann er nicht viel bewegen. Möglicherweise will er das auch gar nicht. Er muss aber vor seinen Wählern dann die Hosen runterlassen. Und wenn die dann merken, dass die CDU doch so weiterwurschtelt wie die Ampel, dann könnte das in einem Desaster enden. Man muss ja nur nach Berlin schauen.
Ein konstruktives Misstrauensvotum wird es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht geben. Kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen.
Fazit
Wenn die Medien behaupten, es gäbe keine Mehrheit für ein Misstrauensvotum, dann lügen sie. Die gäbe es schon. Dass sich die CDU darauf nicht stützen will ist eine andere Sache. Versrehen kann ich es schon.
Ob und wann der Kanzler die Vertrauensfrage stellt, ist allein seine Entscheidung. Ich persönlich fände es anständig, wenn er das schnell tut, noch vor Weihnachten. Alles andere ist eine Hängepartie. Aber wer erwartet schon Anstand von unseren Ökosozialisten. Ich jedenfalls nicht.