Und die Sache mit dem grünen Wasserstoff
„Toren bereisen in fremden Ländern die Museen, Weise gehen in die Tavernen.“
Erich Kästner (deutscher Schriftsteller)
Eine deutsche Delegation reist nach Kanada
Die Energie wird knapp. Und man muss überall um Gas betteln. Leider bisher erfolglos. Schaut man halt mal nach Kanada. Die haben Gas. Also chartert man den A310 von der Flugbereitschaft BMVg und macht sich auf den Weg. Der unsichtbare Kanzler, der Wirtschaftsminister, der eigentlich Philosoph ist, ein Haufen von ministeriellen Begleitern. Der Flieger ist, wenn man den Bildern trauen darf, randvoll. Wow, und das alles wegen dem Gas. Ich weiß, dass es richtigerweise wegen des Gases heißen müsste, aber ich will ja, dass es auch die Grünen verstehen.
Übrigens, etwa 25 Vertreter der deutschen Medien sind auch an Bord. ARD, ZDF, RND, halt alles die Staatstreuen. Jetzt wird mir auch klar, warum die Reise am Ende ein so großer Erfolg ist. Zumindestens berichten die Medien das.
Es gibt auch da kein Gas
Kanada hat gas, aber nicht für Europa. Nein, tatsächlich nicht. Vielleicht nach 2025, vielleicht aber auch nicht. Denn die Flüssiggasterminals befinden sich an der Westküste Kanadas. Der Gastransfer ist nämlich in den Pazifikraum ausgerichtet, beispielsweise nach Japan. Und wenn man Europa beliefern soll, dann muss man ganz Nordamerika umfahren und dann durch den Panamakanal reisen. Da wird sogar den Grünen klar, dass das nicht so richtig funktioniert.
Dem Grunde nach hätte man das mit dem gesunden Menschenverstand erkennen können. Einfach mal fünf Minuten nachdenken, und man hätte sich die Reise sparen könne. Halt, Stop, ich habe da was vergessen. Es waren ja Grüne dabei.
Der Wasserstoff
Aber man will ja nicht mit leeren Händen zurückkommen. Also überlegt man, gemeinsam mit dem Sozialisten Trudeau, wo man vielleicht grünen Wasserstoff produzieren kann. Und da bietet sich Neufundland an. Das ist eine große Insel im Nordosten Kanadas. Sie ist etwa drei mal so groß wie Nord-Rhein-Westfalen und hat etwa 500.000 Einwohner, etwa genau so viele wie Düsseldorf. Und dort soll es immer Wind geben.
Mensch, das muss doch das Paradies für Grüne sein. Aber es hat schon seine Gründe, warum da so wenig Menschen leben. Da ist es nämlich ziemlich kalt und unfreundlich.
Nun denn, man kann da aber viele Windräder bauen. Da ist ja keiner, der sich beschwert. Und man kann damit dann „grünen Wasserstoff produzieren.
Die Schwierigkeiten
Blöd ist nur, dass da bisher noch nicht ein einziges Windrad steht. Und der Grund ist denkbar einfach. Die Entfernung zu den großen Stromverbrauchern auf dem Festland ist viel zu groß. Da kommt von dem erzeugten Strom fast nichts mehr an. Also wenn man dort mit Windenergie arbeiten will, muss man den erzeugten Strom in einen transportablen Energieträger umwandeln. Und dann sind wir schon bei Wasserstoff.
Das Transportproblem
Ich weiß nicht, ob sie sich schon einmal über das Thema Transportgewicht und Transportvolumen Gedanken gemacht haben. Beides ist beim Transport eine begrenzende Größe. Betrachten wir einfach mal zwei verschiedene Güter. Transportieren wir erst einmal Stahl. Da sehen sie LKW, die transportieren gerade einmal 10-12 größere Stahlträger. Da fragt man sich dann, wieso transportieren die nicht das Doppelte? Ganz einfach, die Träger sind so schwer, dass das maximale Transportgewicht schon erreicht ist. Volumen wäre noch genug da.
Und jetzt transportieren wir mal Strohballen. Da sind die LKW randvoll. Manchmal hat man den Eindruck, dass die Ladung viel zu hoch sei. Ich kann sie beruhigen, dass ist nicht der Fall. Aber eines steht fest, hier ist die begrenzende Größe das Ladevolumen. Vom Gewicht her könnte der LKW mit Sicherheit noch das Doppelte transportieren.
Übrigens, beide Größen müssen durch die Speditionen beachtet werden. Deshalb ist Speditionskaufmann ja auch ein Lehrberuf. Also für Grüne nicht gegeignet.
Vergleichen wir einmal verschiedene Energieträger
Nehmen wir einfach mal Kohle. Früher wussten wir noch, dass man mit zwanzig Zentnern Kohle einen Vierpersonenhaushalt für etwa ein Jahr beheizen konnte. Wenn ich mich da richtig erinnere, entsprach das einem Volumen von ca. 5 Kubikmetern. Genauso gut kann ich mich daran erinnern, dass der gleiche Haushalt später mit etwa 2500 l Heizöl über die Runden kam. Da war dann das Volumen nur noch 2,5 Kubikmeter. Hat was mit der Energiedichte zu tun.
Später haben wir mit Erdgas geheizt und gekocht. Ich weiß es nicht mehr genau. Aber ich glaube wir hatten da einen jährlichen Verbrauch von 80 – 90 Kubikmetern. Ich will diese Zahlen jetzt nicht beschwören. Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass man bei Gas ein deutlich größeres Transport-und Lagervolumen benötigt als beispielsweise bei Kohle. In den großen Städten wird das aber durch ein zentales Leitungssystem gemanaged. Und in Deutschland haben wir eigentlich ein gut ausgebautes Pipelinesystem. Okay, Graichen würde das am liebsten gleich zurückbauen. Aber der ist halt ein Grüner.
Flüssiggas und Wasserstoff
Dieses Flüssiggas (LPG) ist wie der Name schon sagt ein Gas. Das gleiche gilt für Wasserstoff. Benötigt man nicht soviel davon, dann kann man solche Gase in Gasflaschen komprimieren. Bei Sauerstoff sind mir da Drücke von 200 Bar geläufig. Ich nehme mal an, dass es bei anderen ähnlich ist. Üblich sind dabei Flaschen in einer Größenordnung zwischen 10 und 30 Litern. Standflaschen, wie sie für das Schweißen verwendet werden haben auch schon mal ein Volumen von 50 Litern. Wer da mehr Informationen haben möchte findet sie hier.
Das Beispiel Tauchen
Schauen wir uns dabei mal eine Flasche mit Atemluft an, wie sie für das Tauchen benutzt werden. Die haben in der Regel ein Volumen von ca. 15 Litern, sie können dabei auch mit zwei Flaschen und haben dann ein Druckluftvolumen von 30 Litern. Sie kommen damit auf Tauchzeiten von 30 Minuten bis zu maximal zwei Stunden. Das ist abhängig von ihrem Trainingszustand, erfahrene Taucher atmen langsamer, und auch von der Wassertiefe.
Das Transportproblem von LPG und Wasserstoff
LPG
Wenn es allerdings um die Energieversorgung eines Landes geht, dann spielen 30 Liter keine Rolle. Da geht es um Kubikmeter, viele Kubikmeter. Wenn man Gase in solchen Mengen transportieren will, dann muss man sie verflüssigen. Das geht bei solchen Mengen nicht einfach mit Druck. Man muss die Gase zusätzlich kühlen. Und wir sprechen hier nicht von Temperaturen, wie sie in ihrer Gefriertruhe herrschen. In der Regel liegen diese bei ca. 20 Grad minus.
Bei LPG geht es um Temperaturen, die bei 160 Grad minus liegen. Und diese Temperatur muss während des gesamten Transportes eingehalten werden. Erst am Entladeterminal wird die Temperatur angehoben und das Gas in das entsprechende Pipelinesystem eingespeist.
Das ist ein Beispiel für so einen Tanker. Er hat ein Fassungsvermögen von rund 170.000 Kubikmetern. Nur dass sie mal eine Größenordnung haben.
Wasserstoff
Bei Wasserstoff sieht das ganze letztlich genau so aus. Allerdings ist zu beachten, je leichter das Gas ist, um so weiter muss ich es runterkühlen. Um Wasserstoff zu transportieren ist eine Temperatur von etwa 250 Grad minus erforderlich. Das sind dann nochmals 90 Grad weniger. Jetzt könnte man sagen, ja und?
Aber es ist wie beim Kochen. 50 oder 60 Grad erreicht man schnell. Aber wenn man dann 90 Grad braucht, dann dauert das. Das Zweite, was man beachten muss ist Folgendes. Ich weiß nicht, ob sie sich noch an ihre Schulzeit erinnern. Da gab es die Temperatureinheit Kelvin. Und der absolute Nullpunkt, eine noch kältere Temperatur gibt es nicht, wurde bei Null Grad Kelvin festgelegt. Und dieser Wert entspricht minus 273 Grad Celsius. Sie merken also, dass der verflüssigte Wasserstoff nur 20 Grad über diesem Punkt liegt.
Dafür brauchen sie ganz andere Schiffe, die müssen ganz anders isoliert sein. Und natürlich verbraucht man bei dieser Kühlung erheblich Energie. Die können sie auch bei der Rückführung in den gasförmigen Zustand nicht mehr zurückgewinnen.
Das war die Sache mit den tiefgekühlten Hühnern, vielleicht erinnern sie sich.
Die Wirtschaftlichkeit
Technisch machbar ist der Wasserstofftransport schon. Es gibt da wohl einen Prototypen. Aber wenn der LPG-Transport schon teuer ist, dann ist der Wasserstoftransport noch erheblich teurer.
Und ob die Energieausbeute wirklich so gut ist, darf auch bezweifelt werden. Erst einmal müssen wir die Wasserstoffproduktion betrachten. Für ein Wasserstoffmenge, die eine kwh Strom erzeugen kann, muss ich etwa das Sechsfache an Energie aufbringen. Dann folgt der aufwändige Vorgang der Verflüssigung. Und dann muss man das Gas auch noch von Kanada nach Europa transportieren. Und wenn das Gas dann in der Brennstoffzelle wieder zu Strom umgewandelt wird, geht auch noch eine ganze Menge verloren. Ich weiß es nicht genau, aber ich meine der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle liegt irgendwo bei 30 Prozent.
Wenn ich das mal richtig einschätze, dann muss ich wohl 20 kwh bei der Wasserstoffproduktion aufbringen, um dann am Ende eine kwh an Strom zu erhalten. Richtig dolle ist das nicht.
Zusammenfassung
Die Erzeugung von grünem Wasserstoff ist für mich bei weitem nicht der Weisheit letzter Schluss. Technisch machbar ist es sicherlich. Aber der Preis für nur eine kwh Strom dürfte möglicherweise um den Faktor zehn über dem liegen, den wir jetzt kennen. Vielleicht liegt er sogar noch höher. Ich frage mich, wer diesen Strom noch bezahlen soll?
Jetzt wird mir auch klar, warum die Regierungsvertreter soviele Journalisten im Regierungsflieger mitgenommen haben. Man muss die Medien schon ein wenig verhätscheln, damit sie ein solches Vorhaben auch noch als einen zukunftsweisenden Erfolg bezeichnen. Jeder Journalist mit gesundem Menschenverstand, hätte dieses Vorhaben in der Luft zerissen.
Zum Schluss noch ein Link zu einem weiteren Bericht zu diesem Thema. Ich halte diesen für ausgesprochen lesenswert. Lesedauer beträgt knapp 3 Minuten.
https://www.achgut.com/artikel/wasserstoff_aus_kanada_die_rettung
Sehr treffende Betrachtung!
WASSERSTOFF als „Retter des Klimas“ (abgesehen davon, ob das Klima überhaupt vom Menschen beeinflussbar ist), ist eine Wunschvorstellung.
Bei der Wasser-Elektrolyse (zur Herstellung des Wasserstoffs) gehen bereits 30 % der (elektrischen) Energie verloren.
Bei der Verflüssigung nochmals 20 – 30 %.
Und dann beim Transport bzw. der Lagerung täglich 3 % durch den „Boil Off“; d.h. durch die Verdampfung des tiefkalten (minus 253 Grad!) Wasserstoffs.
Und mit der hohen Energiedichte im Vergleich zu Benzin oder LPG ist es auch nicht weit her:
! Kg Flüssig-H2 hat zwar 2,8 mal mehr Energie als die gleiche (Gewichts-)Menge Benzin,
aber 1 Liter bzw. Kubikmeter (und darauf kommt es beim Transport an) nur etwa 1/4 (!!) der Energie des gleichen Volumens von Diesel.