„Die Blödheit ist das einzige Perpetuum Mobile, das funktioniert.“
Wolfgang Herles (deutscher Journalist und Schriftsteller)
Am Wochenende sind die Flüge aus Kabul eingestellt worden. Aus den Medien ist zu entnehmen, dass zwischen 4.500 und 5.300 Menschen aus Kabul ausgeflogen sind. Ich gehe mal großzügig von der Zahl 5.300 aus.
Wer sind die Ausgeflogenen?
In der Welt wird von 500 deutschen Staatsbürgern gesprochen. Ich hoffe mal, dass das Botschaftspersonal mit dabei ist. Dann verbleibt ein Rest von 4.800. Davon sollen etwa 100 Menschen Ortskräfte gewesen sein. Wer sind aber die Anderen? Diese Frage wird nicht so genau geklärt werden können. Es geht das Gerücht, dass sogar ein ausgewiesener Straftäter wieder dabei ist.
Bei mir entsteht der Eindruck, dass man ohne saubere Prüfung alles mitgenommen hat, was da am Flugplatz so rumstand.
Die Ortskräfte
Wer sind aber diese Ortskräfte? Während der zwanzig Einsatzjahre hatten die deutschen Institutionen, auch die Bundeswehr, eine große Anzahl von Einheimischen in ihrem Bereich fest angestellt. Sie waren beispielsweise als Sprachmittler oder Reinigungskraft eingesetzt. Wenn sie sich bewährten, dann konnten sie eine befristete Festanstellung erhalten. Diese Festangestellten wurden zu meiner Zeit als Ortskräfte bezeichnet. Nicht dazu zählten Taglöhner.
Auch Mitarbeiter von afghanischen Unternehmen, die zeitweise für die Deutschen gearbeitet haben, zählten nicht dazu. Unsere Links-Grüne Regierung würde jetzt allerdings gerne jeden nach Deutschland holen, der irgendwann einmal irgendetwas für die Deutschen getan hat. Dann könnte man aber halb Afghanistan evakuieren. Vielleicht fährt ja sogar einer ein deutsches Auto?
Woher kommt die Masse der Ortskräfte
Abgesehen vom Beginn der Mission haben sich die Deutschen im Wesentlichen im Norden des Landes engagiert. Die großen Standorte waren wie auf der Karte ersichtlich Mazar e Sharif, Kunduz mit einer Außenstelle in Taloquan und Faizabad. Von dort kam logischerweise auch die Masse der Ortskräfte.
Die Entfernungen nach Kabul betragen zwischen 300 und 450 Straßenkilometer. Dabei sind die Straßen bis auf wenige Ausnahmen schlecht. Einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr gibt es nicht. Da frage ich mich, wie sollen genau diese Ortskräfte in der derzeitigen Lage überhaupt nach Kabul kommen? Wen wollte die Bundesregierung da retten?
Da fällt mir ein Witz ein
Ein Polizist trifft auf einen Betrunkenen, der anscheinend unter einer Straßenlaterne etwas sucht.
Der Polizist: „Haben sie etwas verloren?“
Darauf der Betrunkene: „ja, ein 2 Euro Stück, ich kann es aber ums verrecken nicht finden.“
Darauf wieder der Polizist: „Ja, wo hast du es denn genau verloren?“
„Ja, da hinten an der Litfaßsäule.“
Der Polizist ein wenig amüsiert:“ Warum suchst du denn nicht dort?“
Darauf der Betrunkene:“Da ist doch dunkel, da sehe ich doch nichts.“
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass unsere Bundesregierung genau so gehandelt hat.
Gibt es für diese Fehler Gründe?
Diese Bundesrepublik Deutschland hat noch nie etwas alleine gemacht. Insbesondere dann nicht, wenn Militär zum Einsatz kommt. Die Angst, es könnten Soldaten fallen, scheint in der Politik unglaublich groß zu sein. Also hat man sich bisher immer an die Amerikaner angelehnt. Da die Amerikaner sich aber nicht im Norden engagieren wollten, warum denn auch, ist man lieber mit denen nach Kabul gegangen.
Jetzt wird ja gerne behauptet, die Bundeswehr könne solche Operationen gar nicht allein durchführen. Da frage ich mich, warum wir ein so gut ausgebildetes KSK (Kommando Spezialkräfte) und dazu spezielle Verbände für solche EvacOp (Evakuierungsoperationen) haben. Ich halte nicht übermäßig viel von der Bundeswehr, sie wurde wirklich kaputtgespart. Aber diese speziell dafür ausgestatteten Truppenteile sind davon kaum betroffen.
Warum hat man die nicht nach Kunduz geschickt, den Flugplatz besetzt, und dann die richtigen Leute evakuiert? Ich bin mir sicher, das hätte diese Bundeswehr sauber über die Bühne gebracht. Da bin ich mir absolut sicher.
Aber dann hätte man ja Verantwortung übernehmen müssen, wenn es schief läuft.
Eine zweite Ursache ist, dass man in Deutschland nur sehr wenig Informationen über die Lage im Ausland hat. Das betrifft nicht nur Afghanistan. Seit man dem BND die Fernmeldeaufklärung im Ausland per Verfassungsgerichtsbeschluss untersagt hat, ist der natürlich blind. Diese Blindheit ist durch die Politik wissentlich in Kauf genommen worden.
Daher geht man lieber mit den Amerikanern, denn deren Geheimdienste funktionieren noch. Auch wenn es sinnlos ist und das eigentliche Ziel verfehlt. Übrigens, auch der Mossad (Israel) ist unterwegs.
Hauptsache man kann behaupten, man habe alles menschmögliche getan und kann so immer noch als moralischer Sieger vom Platz gehen.
Das Versagen der Politik
Das Thema „Ortskräfte“ wird schon lange in der Bundesregierung diskutiert. Beteiligt sind im Kern das Innenministerium, und das Außenministerium. Der Verteidiger spielt auch eine Rolle, aber nur eine nachrangige. Der muß nur wissen, was gemacht werden soll, dann gibt er die entsprechenden Weisungen an das Militär, und die machen dann schon. Dafür sind die da!
Aber anstatt schnell gemeinsame Lösungen zu finden, hat man sich mit Verwaltungsdingen rumgeschlagen. Wann können die Asyl beantragen, brauchen die ein Visum usw., usw.
Jetzt kommt der Regierungschef (generisches Maskulin), die Kanzlerin. Grundsätzlich arbeiten die Ministerien eigenverantwortlich in ihrem Bereich. Allerdings kann es zu Verwerfungen kommen, wenn in einem Projekt mehrere Minister zusammenarbeiten müssen und sich nicht einig werden. Das passiert in jedem Unternehmen. Das Grundgesetz hat für solche Fälle die Kanzlerin mit einer Richtlinienkompetenz ausgestattet. Sie hat das Recht und die Pflicht in solchen Fälle auf den Tisch zu hauen. Sie hätte für diesen Fall die Richtung vorgeben müssen. Aber wo war diese unfähige Dame als das Feuer richtig ausbrach? Sie war im Kino. Naja, sie hat also nichts getan. Das konnte sie schon immer am besten. Und so konnte sie auch schön die Verantwortung anderen in die Schuhe schieben. Auch das hat sie noch nie anders gemacht.
Mein Fazit
Wenn man in eine solche Mission zieht, dann muss man frühzeitig eine Exitstrategie entwickeln. In Afghanistan waren das Innen-, Außen-, Entwicklungs- und Verteidigungsressort gleichermaßen beteiligt. Also kann sich hier das Kanzleramt, welches das übergeordnete Organisationselement ist, nicht aus der Verantwortung stehlen. Für die Entwicklung einer solchen Strategie hätte man 20 Jahre Zeit gehabt. Statt dessen ist man wieder einmal überrascht worden. Das wäre doch mal eine super Aufgabe für den dicken Braun gewesen. Dafür müsste der aber was können. Ein Brot kann schimmeln.
Ich bin mir sicher, dass das Militär für sich eine solche Strategie hatte. Ich durfte zu Beginn des Einsatzes sogar an einer solchen mitwirken. Allerdings denkt Militär nicht automatisch an die anderen Ressorts, die müssen sich schon mit einbringen.
Ob das jemals geschehen ist, weiß ich nicht. Aus meinem Erleben weiß ich nur, dass die Vertreter des Aussenministeriums sich gerne für etwas besseres gehalten haben. Die wollten teilweise mit Militär gar nichts zu tun haben. Getreu dem Motto, „nur wir wissen wie es richtig geht.“ Manchmal glaubten die, sie seien schussfest. Zumindest haben sie sich so verhalten.
Zusammenarbeit sieht definitiv anders aus.
Wieder einmal ist eine Operation voll in die Hose gegangen. Und zum wiederholten mal ist der Grund dafür Unfähigkeit und fehlende Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung.
Das Kurzinterview von Fleischauer kann ich nur empfehlen (Dauer 4:30)
focus/ist-das-euer-ernst-die-tacheles-zone-fleischhauer/ich-hab-eine-schuldige-die-bundeskanzlerin
welt.de/Afghanistan-Krise-Wie-Maas-die-Ortskraefte-vor-Taliban-retten-will.html