„Die Summe der Intelligenz auf der Erde ist konstant. Aber die Weltbevölkerung wächst.“
Jean-Luc-Picard (Kommandant des Raumschiffes Enterprise)
Nach der Kathastrophe wird wie immer viel geredet. Unzählige Menschen werden interviewt. Nach Schuldigen wird gesucht. Es soll, wie zur Zeit üblich, der Klimawandel sein. Nun ist mir ein Herr oder eine Frau Klimawandel völlig unbekannt.
Ich will mich mit dieser flachen Aussage nicht zufrieden geben. Um aber Schuldige identifizieren zu können, muss ich mich mit den Strukturen beschäftigen.
Deshalb möchte ich mich heute über die Zuständigkeiten im Katastrophenschutz auslassen. Die polizeiliche Gefahrenabwehr werde ich dabei nicht betrachten. Genauso wenig werde ich auf die Landesverteidigung eingehen.
Begrifflichkeiten und Zuständigkeiten
Bevölkerungsschutz ist die Summe aus Zivilschutz und Katastrophenschutz.
Zivilschutz bezeichnet die Gefahrenabwehr im Krieg, dafür ist der Bund zuständig.
Katastrophenschutz bezeichnet die Gefahrenabwehr im Frieden, dafür sind die Länder zuständig.
Was ist Katastrophenschutz (KatS) ?
Der KatS besteht wiederum aus zwei Teilen. Zum einen aus der Vorbereitung der Katastrophenbekämpfung und zum zweiten aus der eigentlichen Bekämpfung. Im niedersächsischen Katastrophenschutzgesetz steht im Paragraph 1:
„(1) Katastrophenschutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Vorbereitung der Bekämpfung und die Bekämpfung von Katastrophen.
(2) Ein Katastrophenfall im Sinne dieses Gesetzes ist ein Notstand, bei dem Leben, Gesundheit, die lebenswichtige Versorgung der Bevölkerung, die Umwelt oder erhebliche Sachwerte in einem solchen Maße gefährdet oder beeinträchtigt sind, dass seine Bekämpfung durch die zuständigen Behörden und die notwendigen Einsatz- und Hilfskräfte eine zentrale Leitung erfordert.“
Es dürfte jedem klar sein, dass die Bekämpfung in die Hose geht, wenn keine Vorbereitungen getroffen sind.
Ressourcen
Beim Zivilschutz, eine Aufgabe des Bundes, müssen wir Ressourcen auf der Bundesebene suchen. Da finden wir unterschiedliche Behörden. Die Bekannteste dürfte die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) sein. Aber auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) spielt eine Rolle.
Für den KatS greifen die Länder im Wesentlichen auf die Ressourcen der Gemeinden, die Feuerwehren, zurück. Die erste Aufgabe der Feuerwehren ist zwar der Brandschutz, sie sind aber auch ausgestattet in anderen Bereichen, wie zum Beispiel technische Hilfeleistungen. Währen der Brandschutz durch die Gemeinden zu finanzieren ist, sind die anderen Aufgaben fremdfinanziert. Technische Hilfe bei Unfällen zahlen beispielsweise die KFZ-Versicherer.
Darüberhinaus stellen auch andere Organisationen wie DRK, ASB, JUH, und MHD KatS-Einheiten auf. Für die Finanzierung sind zum Teil die Organisationen selbst verantwortlich. Allerdings werden diese Organisationen auch von den KatS-Behörden unterstützt.
Obwohl das THW eine Bundesbehörde ist, können die Kräfte auch im KatS eingesetzt werden. Das entsprechende Gesetz ist dafür angepasst worden. Das THW ist allerdings eine kleine Organisation. Man spricht von verfügbaren 80.000 Helfern bundesweit. Ad hoc dürften aber nur 40.000 zur Verfügung stehen.
Die Organisation des Katastrophenschutzes
Zur Beschreibung der Organisation beginne ich an der Basis. Für die örtliche Gehahrenabwehr sind die Gemeinden eigenverantwortlich. Sie können das daran erkennen, dass jede Gemeinde eine eigene Feuerwehr unterhält. Aber auch die örtlichen Bauhöfe haben in diesem Zusammenhang Aufgaben. Denken sie einfach mal daran, wer im Winter Streumittel bevorratet.
Wenn jetzt die Lage so aufwächst, dass die Gemeinden für sich diese nicht mehr bewältigen können, dann springt der Kreis ein. Er löst den Katastrophenalarm aus. Und so kann der Landrat auch auf andere Ressourcen zugreifen. Er kann die Feuerwehrkräfte anderer Gemeinden heranziehen, die KatS-Einheiten alarmieren, den Einsatz der Bundeswehr und des THW beim Land beantragen. Er trägt dann aber auch die Kosten.
Dafür bildet er einen Krisenstab.
Wird das Ausmaß einer solchen Katastrophe so groß, dass mehrere Kreise betroffen sind, dann passiert das gleiche auch bei der Landesregierung. Ein Krisenstab wird aufgestellt. Dieser ist dann verantwortlich für die Gesamtorganisation. Sind mehrere Bundesländer betroffen, dann wird auch ein Krisenstab beim Bund aufgestellt. Dieser hat aber keine unmittelbare Führungsfunktion. Die Verantwortung bleibt bei den Ländern. Einen schönen Vortrag zu diesem Thema mit guten Schaubildern finden sie unter diesem Link.
Halten wir also folgendes fest: Die oberste KatS-Behörde müssen wir beim Land suchen. Der Ministerpräsident und in der Regel der Innenminister tragen die Verantwortung für den KatS. Passieren aber auf der Kreisebene Fehler, ist auch der Landrat mit im Boot. Dieser ist Leiter der untersten KatS-Behörde.
Kann man sich auf Katastrophen vorbereiten?
Der KatS beinhaltet allerdings nicht nur die Bekämpfung von Katastrophen, sondern auch die Katastrophenvorsorge.
Und dort sind unter Umständen auch die Gemeinden zuständig. Wer es zulässt, dass aus Überschwemmungsgebieten Bauland wird, darf sich nicht wundern, wenn der Bereich irgendwann absäuft. Wer es trotzdem tut, sollte wenigstens bauliche Vorsorge treffen. Deiche, Hochwassermauern, Spundwände und ähnliches sind dafür Lösungen. Aber auch große Auffangbecken oder entsprechende Senken im Gelände zur Aufnahme von großen Wassermengen bieten Lösungen. Bei solchen groß angelegten Schutzmaßnahmen ist der Bund immer mit im Spiel. Das BBK kann da beratend zur Seite stehen.
Das alles ist an den größeren Flüssen bekannt. Der Rhein bei Köln ist dafür ein gutes Beispiel. Auch Grimma an der Mulde, ein Nebenfluss der Elbe, ist ein gutes Beispiel. (Interview-Bürgermeister-Grimma)
An der Ahr vermisst man solche vorbereitenden Maßnahmen gänzlich, obwohl das Risikopotential bekannt war. Auch die Hochwasser an der Elbe und ihren Nebenflüssen hätten nach 2002 und 2013 Warnung genug sein können. Ich komme darauf aber noch in Teil vier zu sprechen.
KatS-Ausbildung
Man kann sich aber auch durch Ausbildung auf Katastrophen vorbereiten. Das gilt nicht nur für die Einsatzkräfte der KatS-Einheiten und der Feuerwehr. Ich sehe da auch das Personal der Krisenstäbe, die diese Aufgabe ja im Nebenamt durchführen.
Letztendlich gehört auch die Information und Weiterbildung der Bevölkerung dazu. Da werden pausenlos irgendwelche Corona-Sendungen gemacht. Jetzt sind die Bilder aus dem Katastrophengebiet ständig präsent. Warum nutzt man diese Sendungen nicht dazu, um dem Bürger zu zeigen, wie er sich persönlich auf so etwas vorbereiten kann? In San Francisco weiß jedes Kind, wie sich bei Erdbeben zu verhalten ist.
Das BBK
In den letzten Tagen hört man immer wieder vom BBK. Der Leiter, Herr Armin Schuster, wird häufig interviewt. Man versucht dieser Bundesbehörde ein Versagen in der Krise zu unterstellen. Das ist aber nicht richtig. Denn das BBK ist Bundesbehörde und damit nicht zuständig. Darüber hinaus ist das BBK eine Behörde vergleichbar mit dem RKI. Sie hat eigentlich eine beratende Funktion. Ob die Beratung von den Zuständigen angenommen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Was bietet das BBK
Neben seinen wissenschaftlichen Aufgaben verbunden mit der Beratung von Behörden betreibt das BBK eine Schule, die Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung, (BABZ). Dort werden Lehrgänge aller Art zum Themenbereich Zivil- und Katastrophenschutz angeboten. Aber auch Übungsunterstützung für Krisenstäbe ist möglich. Die Landkreise nutzen dieses Angebot aus Kostengründen recht zögerlich. NRW führt ähnliche Lehrgänge an der landeseigenen Feuerwehrschule durch. Sehr erfolgreich, wenn man die derzeitige Lage sieht.
Darüber hinaus stellt das BBK Ausbildungsmaterial zu Verfügung, sogar für Kinder. (BBK-fuer-Kinder)
Es bietet aber auch Ratgeber für die persönliche Notfallvorsorge. Teilweise können sie diese auch als Broschüre kostenfrei bestellen. Sie finden diese hier: BBK-Mediathek. Wählen sie unter Schwerpunktthemen einfach mal den Bereich Warnung und Vorsorge. Und Scrollen sie mal durch. Sie werden überrascht sein. Auch für Lehrkräfte ist da einiges dabei.
Sirenen
Ein kurzes Wort zu den Sirenen. Diese wurden zur Zeit des Kalten Krieges durch den Bund finanziert. Sie dienten zur Luftschutzwarnung. Einmal monatlich liefen die an. Ich erinnere mich noch an drei Signale. Die Bedeutung ist mir aber nicht mehr geläufig.
Nach dem Ende des Kalten Krieges 1990 beschloss der Bund , diese nicht weiter zu betreiben. Allerdings wurden die Sirenen nicht abgebaut, sondern die Entscheidung über Abbau oder Weiterbetrieb wurden den Kreisen und Gemeinden überlassen. Der Landkreis Nienburg hat die Sirenen behalten. Die Gemeinden alarmieren damit neben den Pagern die freiwilligen Feuerwehren. Andere Kreise haben sie aus Kostengründen abgebaut. Dass es jetzt keine einheitliche Alarmierung über Sirene gibt, war absehbar.
Der Bund hatte keinen Bedarf für diese Sirenen. Ob die Sirenen für den Katschtz weiterbetrieben werden sollten, lag in der Entscheidung der Länder. Daraus kann man dem BBK keinen Vorwurf machen.
Fazit
Wenn man wirklich nach Schuldigen suchen will, muß man in erster Linie bei den Landesregierungen und den Landräten suchen. Trotzdem ist die Sache komplex, weil in der Vorsorge, insbesondere bei den baulichen Maßnahmen, viele mitspielen. Viel wichtiger ist aber, die Fehler zu identifizieren und zu korrigieren. Auch wenn es uns wirklich gelingen sollte, das Klima zu verändern, wie unsere Politiker das ja wohl glauben, die Wirkung wird nicht so schnell eintreten. Bis dahin sollten wir gewarnt sein.
Mein Tip bis dahin: weniger Geld in unsinnige Klimaschutzmaßnahmen, dafür mehr Geld in den vorbeugenden Katastrophenschutz!
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