Klimaschutzgesetz – ist das Bundesverfassungsgericht zu weit gegangen?

„Alle wollen zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß.“
Werner Mitsch (deutscher Schriftsetzer)

Im Dezember 2020 tritt in der Bundesrepublik das neue Klimaschutzgesetz in Kraft. Es stützt sich im Wesentlichen auf die Inhalte des Klimaschutzabkommens von Paris. Nur kurz danach gibt es Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht. Beteiligt sind die üblichen Verdächtigen, unter anderen der BUND, der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), die Deutsche Umwelthilfe, Fridays for Future und Greenpeace.
In der Folge wird das Gesetz in Teilen durch das Bundesverfassungsgericht gekippt. Einzelheiten werde ich noch erläutern. Sofort entsteht betriebsame Hektik. Die Bundesregierung bessert nach. Sie verschärft die gesetzlichen Vorgaben, obwohl das gar nicht durch das BVerfG gefordert war. Im Mai 2020 wird das neue deutlich verschärfte Gesetz erlassen.

Worum geht es also bei der ganzen Sache. Zunächst möchte ich Ihnen die Inhalte des Pariser Abkommens näher bringen.

Begrenzung des Temperaturanstiegs:

Die Staaten haben sich das Ziel gesetzt, die Erderwärmung auf unter 2 Grad begrenzt zu halten. Sie soll sogar möglichst unter 1,5 Grad bleiben.

Weniger Treibhausgase:

Ziel ist es, bis zur zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts weltweit ein Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß und der Aufnahme von CO2 zu erreichen. Es sollen also durch uns Menschen nicht mehr Treibhausgase wie CO2 ausgestoßen werden, als gleichzeitig zum Beispiel von Wäldern wieder aufgenommen werden können.

Unterstützung ärmerer Länder:

Die ärmsten Länder der Erde sollen beim Klimaschutz, bei der Anpassung an den Klimawandel und bei der Beseitigung von Folgeschäden von den reicheren Ländern unterstützt werden.

Verpflichtende Berichte:

Um zu verfolgen, wie viel CO2 jedes Land ausstößt und was es zur Erreichung der gemeinsamen Klimaziele tut, müssen alle Staaten regelmäßig Berichte vorlegen.

Finanzielle Hilfen:

Die Industrieländer haben sich bereit erklärt, von 2020 bis 2025 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar für ärmere Staaten bereitzustellen. Diesen soll mit dem Geld geholfen werden, durch den Klimawandel verursachte Schäden zu beseitigen und klimaschonendere Techniken einzusetzen.

Höher gesteckte Klimaziele:

Ab 2020 soll jedes Land alle 5 Jahre seine Pläne zum Klimaschutz vorlegen. Die neuen Ziele müssen immer besser sein als Ziele zuvor. Das bedeutet, dass die Ziele alle 5 Jahre verschärft werden, um so gemeinsam die hochgesteckten Klimaziele zu erreichen.

Das deutsche Klimaschutzgesetz

Das Abkommen von Paris ist die Basis allen Handelns. Das war auch die Grundlage für das deutsche Klimaschutzgesetz. Mit diesem Gesetz werden die Klimaziele 2030 gesetzlich normiert. Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 55 % schrittweise gemindert werden. Dazu legt das Gesetz für den Zeitraum bis zum Jahr 2030 jährliche Minderungsziele durch die Vorgabe von verbindlichen Jahresemissionsmengen für die verschiedenen Sektoren fest. Das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 wird nicht angetastet.
Besonders möchte ich darauf hinweisen, dass das Gesetz die Verfahren nur bis 2030 regelt. Das Ziel gemäß Pariser-Abkommen, CO2-Neutralität bis 2050, wird in diesem Gesetz noch nicht weiter behandelt. Es bleibt also eine Lücke von 2030 – 2050.

Die Verfassungsbeschwerden

Den Umweltverbänden geht das Gesetz allerdings nicht weit genug. Also werden Verfassungsbeschwerden eingereicht. Nachfolgende Generationen würden in Ihren Rechten eingeschränkt, wenn jetzt nicht entschlossen gehandelt würde. Die Beschwerden im Detail will ich hierbei nicht betrachten.

Wie entscheidet nun das Verfassungsgericht?

Das Gericht bemängelt letztlich nur, dass Regelungen über die Fortschreibung der nationalen Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlen. Es verpflichtet den Gesetzgeber bis spätestens zum 31. Dezember 2022, die Fortschreibung der Minderungsziele für diese Zeiträume zu regeln. Alles andere bleibt anwendbar. Begründet wird die Entscheidung damit, dass das Gesetz hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030 verschiebe. Dieses gehe dann zu Lasten der jüngeren Generation. Die Erwärmung zu begrenzen, sei dann nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar.
Nur noch einmal zur Erinnerung: die im Gesetz beschlossenen Maßnahmen bis 2030 werden durch das BVerfG nicht in Frage gestellt.

Aus meiner Sicht bleibt somit nur die Frage, ob es zulässig ist, dass das BVerfG über Grundrechte in der Zukunft urteilt, ob es überhaupt möglich ist, eine solche zukünftige Situation aus rechtlicher Sicht zu bewerten. So ein wenig kommt mir das vor, dass man der derzeitigen Gesellschaft nicht mehr zutraut, verantwortungsvoll und zukunftsorientiert mit der Umwelt umzugehen. Erinnern sie sich noch an diesen Skandal mit dem WDR. „Meine Oma ist ne alte Umweltsau…“

Das nachgebesserte Umweltgesetz

Das Gesetz wird deutlich verschärft. Das gilt auch für den Zeitraum bis 2030, der vom BVerfG gar nicht moniert wurde. Gegenüber 1990 sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 statt um 55 Prozent nun um 65 Prozent sinken. Die Frist zum Erreichen der Klimaneutralität wird von 2050 auf 2045 vorgezogen. Für den Zeitraum 2031 bis 2045 gibt es nun jährliche Emissionsziele. Bis 2035 soll der Treibhausgasausstoss um 77 Prozent gesunken sein, bis zum Jahr 2040 um 88 Prozent.
Gemäß BVerfG hätte es nur der Regelungen bedurft, die die Zeit von 2030 – 2050 betreffen. Die jetzt vorgenommenen Verschärfungen können dem BVerfG so nicht angelastet werden.

Fazit

Sicherlich hat das BVerfG mit seinem Blick in die Zukunft einen Weg beschritten, der auch in Juristenkreisen nicht unumstritten ist. Das kann ich im Detail aber gar nicht bewerten. Dass das Gericht hierbei hoch politisch argumentiert, halte ich nicht für richtig. Aber Richter sind halt auch Menschen, und wie sie für dieses Amt ausgewählt werden, habe ich schon einmal herausgearbeitet.

Schlimm ist an der ganzen Sache, was die Politik daraus macht. Es ist Wahlkampf. Die Grünen befinden sich auf einem Höhenflug. Und jetzt versucht letztlich jeder, auf diesen Zug aufzuspringen. So nach dem Motto: „Seht her, ich bin noch grüner.“
Es zeigt aber auch, dass es den Abgeordneten gar nicht um politische Überzeugungen geht, sondern nur um Wählergunst.

Ich habe ihnen noch eine Reihe von Links angehängt, die zur Vertiefung geeignet sind. Die letzten beiden sind gute Kommentare aus „Die Welt“, leider nicht für jeden zugänglich.

Klimaschutzabkommen von Paris
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_von_Paris

Der deutsche Klimaschutzplan
https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutzplan-2050/

Klimaschutzziele beinahe erreicht?
https://www.cicero.de/wirtschaft/klimapolitik-deutschland-pariser-klimaabkommen-jahrhundertziel

Klimaschutzziele nicht erreicht?
https://www.dw.com/de/deutschland-verpatzt-klimaziel-deutlich-merkel-fridays-for-future-cdu-spd-klimaschutz-co2/a-51064146

Klimaschutzgesetz
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundes-Klimaschutzgesetz

Kommentare zum Klimaschutzgesetz
https://www.welt.de/wirtschaft/plus230753435/Klimaschutz-Urteil-Die-Verfassungsrichter-liegen-bedenklich-falsch.html
https://www.welt.de/kultur/plus230860035/Klima-Urteil-Die-Apokalyptiker-von-Karlsruhe.html

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