Strom zu verschenken

Wunschtraum oder bittere Wahrheit

„Wenn ein Kolonialwarenhändler in seinem kleinen Laden so viele Dummheiten und Fehler machte wie die Staatsmänner und Generäle in ihren großen Ländern, wäre er in spätestens vier Wochen kaputt.“
Erich Kästner

Grundlegendes über Strom

Kennen sie unsere Netzspannung? Mit Sicherheit ja. Die Netzspannung im deutschen Stromnetz beträgt 220 Volt. Und diese Spannung muss im Netz dauerhaft verfügbar sein. Genauso wichtig ist bei Wechselstrom aber auch die Frequenz. Und die beträgt, ich glaube sogar europaweit, 50 Hertz.
Nun erzeugen sie Strom. 220 Volt, 50 Hertz. Wunderbar. Jetzt kommt aber ein Verbraucher. Vielleicht ihre Waschmaschine. Die nimmt ordentlich Strom ab. Und sie kennen das vielleicht noch aus dem Physikunterricht. Genau in diesem Moment fällt die Spannung ab. Und genau das muss jetzt durch den Stromerzeuger ausgeglichen werden.

Beobachtungen an einem Stromerzeuger

Ich selbst habe das an einem Stromerzeuger schon beobachtet. Wenn der im Leerlauf vor sich hin blubbert passiert recht wenig. Aber genau in dem Moment, wo Strom abgenommen wird, fängt der an zu arbeiten. Erst geht er ganz kurz in die Knie, um dann über einen Regler wieder auf seine Solldrehzahl zu kommen. Denn die Drehzahl ist entscheidend für die nötige Frequenz. Und natürlich auch für die Spannung.
Sie merken schon, um Spannung und Frequenz stabil zu halten, brauchen sie einen Regler, der als Steuerelement auf den Generator einwirkt.

Die Lichtmaschine

Die Lichtmaschine in ihrem Auto funktioniert eigentlich genauso. Wenn der Motor läuft, dreht sich die Lichtmaschine, eigentlich ein kleiner Generator, und erzeugt so Strom. Jetzt kann ich allerdings die Drehzahl der Lichtmaschine nicht konstant halten. Die ist nämlich von der Drehzahl des Motors abhängig. Also schaltet man in der elektrischen Anlage des Autos einen Regelmechanismus dazwischen, damit es nicht zu Überspannungsschäden kommen kann.
Dass der Strom im Auto noch über einen Gleichrichter läuft, das Auto kann mit Wechselstrom nicht wirklich was anfangen, spielt für die weiteren Betrachtungen keine Rolle.

Die wesentliche Erkenntnis

Was nehmen wir für die weitere Betrachtung als Erkenntnis mit? Unsere Stromversorgung ist also absolut abhängig von einer konstanten Netzspannung und einer konstanten Frequenz. Diese ist unter allen Umständen stabil zu halten. Ansonsten würde das Netz kollabieren, es käme zu dem befürchteten Blackout.
Ich halte diese Erklärungen bewusst sehr einfach. Ich will ja keinen Physikunterricht halten.

Unser Stromnetz

Das deutsche Stromnetz ist natürlich viel größer. Und da gibt es auch nicht nur ein Kraftwerk. Aber alle Kraftwerke müssen wegen der konstanten Frequenz synchronisiert werden. Das macht die Technik schon. Trotzdem, es ist zu beachten, wenn zusätzliche Stromquellen zugeschaltet werden.

Windräder

Windräder sind eigentlich was Tolles. Blöd ist nur, dass der Wind nicht gleichmäßig weht. Und hier ist es dann schon eine Kunst, die Frequenz des erzeugten Stromes konstant zu halten. Nun gut, auch das bekommen wir heute ganz gut hin. Auch wenn kurzfristig zu viel Wind da ist, ist das kein Problem. Da kann man den Strom abregeln. Ob man in diesen Fällen die Windräder sogar einbremsen kann, weiß ich nicht.
Wenn aber plötzlich kein Wind mehr da ist, dann braucht man ganz schnell Ersatz. Und der wird durch konventionelle Kraftwerke sichergestellt.

Photovoltaik

Dem Grunde nach gilt für die Photovoltaik das Gleiche, wie für die Windmühlen. Bei diesen Anlagen kommt aber noch eine Merkwürdigkeit hinzu. Photovoltaik erzeugt zunächst nur Gleichstrom. Der ist für unser Stromnetz überhaupt nicht nutzbar. Da braucht man dann Wechselrichter, die aus Gleichstrom Wechselstrom machen. Aber auch dieses Problem ist schon lange gelöst. Trotzdem gilt auch hier, wenn die Sonne kurzfristig verschwindet, braucht man einen Ersatz, um die Spannung und Frequenz im Stromnetz stabil zu halten.

Halten wir folgendes fest

Um unser Stromnetz stabil zu halten, brauchen wir Kraftwerke, die konstant Strom liefern können und im Bedarfsfall unverzüglich in das Netz geschaltet werden können. Das geht derzeit nur mit fossilen Kraftwerken oder Atomkraftwerken. Dabei ist es unerheblich, wieviel alternative Energieerzeuger im Netz verfügbar sind. Die Nennleistung unserer Alternativen könnten den Strombedarf in Deutschland derzeit sogar decken, wenn, ja wenn der Wind und die Sonne durchgehend gleichbleibend Energie liefern könnten.
Können sie aber leider nicht. Und Stromspeicherkapazitäten, naja, wie groß sollen diese Batterien eigentlich sein.

Die Konsequenz

Sonnenenergie ist leider nur am Tage nutzbar. Und Wind ist nutzbar, wenn Wind da ist. Und selbst im Sommer konnten die Photovoltaikanlagen zu keiner Zeit die volle Nennleistung erbringen. Über Wind brauchen wir gar nicht zu reden. Also laufen andere Kraftwerke weiter. In Deutschland übrigens viel Kohle.

Meine Beobachtungen

Ich höre seit mehreren Wochen bei Tichys Einblick den allmorgendlichen Energiewetterbericht. Um die Mittagszeit benötigt Deutschland immer so um die 70 GW Leistung. Jetzt im Sommer liefern die Photovoltaikanlagen einen erheblichen Teil dieser Leistung. Aber eben nur tagsüber. Der Wind bringt mal mehr und mal weniger. Die fossilen Kraftwerke müssen fast immer mit 10-20 GW Leistung zur Stromversorgung beitragen. Da spielt natürlich auch die Stabilität der Netze eine Rolle. Das geht halt nur mit den Fossilen. Atom haben wir ja nicht mehr.
Wenn jetzt aber kurzfristig viel Sonne und Wind verfügbar ist, dann produziert Deutschland mehr Strom als benötigt. Also muss man den in das Ausland verkaufen.

Angebot und Nachfrage

Und jetzt gilt natürlich das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Ist viel Strom auf dem Markt, dann wird er billig. Ist wenig Strom auf dem Markt, dann wird er teuer. Sonne und Wind haben in der Sommerzeit dazu geführt, dass Deutschland in der Mittagszeit Strom loswerden musste. Blöd ist allerdings, dass auch die Nachbarländer genügend Strom produzieren und den Strom daher eigentlich nicht benötigen. Das führt dann dazu, dass Deutschland sogar Geld dazulegen muss, um den Strom loszuwerden. Ich hatte schon dazu berichtet.
Der Strom wird also verschenkt. Dass wir nachts dann den Strom teuer zurückkaufen müssen, ist dann auch nicht mehr überraschend.

Was ich mich jetzt frage

Ich, bzw. meine Frau muss mittags kochen. Das ist doch genau der Zeitraum, wo wir den Strom ins Ausland verschenken. Warum muss ich dann aber trotzdem über 34 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Warum schenkt man nicht mir den Strom? Auf die Zuzahlungen würde ich bereitwillig verzichten. Ich könnte sogar noch die Waschmaschine laufen lassen.

Ich kann es ihnen beantworten. Das liegt an irgend so einem Energievergütungsgesetz. Und da ist festgelegt, dass für Wind und Sonne immer ein festgelegter Preis bezahlt wird, egal ob der Strom gebraucht wird oder nicht. Die Idee kommt von den Grünen. Und dass die nichts von Wirtschaft verstehen ist wirklich nicht neu.

Fazit

Um meine anfängliche Frage zu beantworten. Ja, Deutschland verschenkt Strom. Aber leider nicht an seine Bürger. Die dürfen vielmehr das Geschenk noch bezahlen. Wie bin ich doch diesem Staat so dankbar dafür.

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