Nachverfolgung von Infektionsketten

Was hatten wir schon für Begründungen für Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Infektionen. Erst mußten die Infektionen runter, dann war der „R“-Wert zu hoch, dann standen die Intensivstationen in den Krankenhäusern vor dem Kollaps, zuletzt war es die drohende Gefahr durch Virusmutationen.
Jetzt wird gefordert, die 7-Tage-Inzidenz auf maximal 50 zu senken.

Der Grund: die Gesundheitsämter sollen wieder in der Lage sein, die Infektionsketten nachzuvollziehen. Dieses Ziel setzt aber voraus, dass sie jemals dazu in der Lage waren. Ich bezweifle das.

Zunächst verläuft diese Infektion bei 4 von 5 Infizierten nahezu symptomlos. Das RKI hat bei seiner Studie in Kupferzell festgestellt, dass sogar bei den positiv getesteten 25% keine Symptome aufwiesen. Durch den asymptomatischen Verlauf der Infektion werden ca. 80% der Infizierten gar nicht erkannt. Das ergibt sich aus einer Meta-Studie der Stanford Universität, die WHO kommt zum gleichen Ergebnnis.

Das führt dazu, dass häufig nicht zu ermitteln ist, wo sich der positiv Getestete angesteckt hat. Schon im November stellte der Leiter des Gesundheitsamtes Nienburg fest, dass nicht nachvollziehbar sei, wo sich die positiv Getesteten infiziert haben, es gebe auch keinen Infektionsherd, die Infizierten verteilten sich über das gesamte Kreisgebiet.

Also wird der positiv Getestete nach möglichen Kontaktpersonen gefragt. Normalerweise müßte er sich jetzt an alle Kontakte der letzten 7 Tage erinnern. Wenn er im Homeoffice ist, ist das eventuell noch möglich, fährt er aber mit Öffies zur Arbeit, dann ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Oder können Sie sich erinnern, wen sie in der Bahn so alles getroffen haben, vorausgesetzt, sie kennen die alle?

Und nochmals, er kann sich auch dort bei einem Asymptomatischen angesteckt haben. Ob dieser Asymptomatische weitere Menschen angesteckt hat, wer weiß das schon? Das heißt, die rückwärts gerichtete Nachvollziehung wird unabhängig von der Infektionsrate nur in den seltesten Fällen möglich sein.

Wie geht es jetzt weiter. Die Kontaktpersonen werden in Quarantäne geschickt. Sollten nach 7 Tagen keine Symptome auftreten, werden sie wieder aus der Quarantäne entlassen. Getestet werden nur die, die in systemrelevanten Berufen arbeiten (Krankenhauspersonal, Altenpfleger etc.). Diese werden dann bei Bedarf in eine Arbeitsquarantäne versetzt. Alle anderen werden nicht getestet.
Auf jeden Infizierten kommen zwischen 5 und 10 Menschen in Quarantäne. Bei derzeit 369 Infizierten im Lkrs Nienburg sind das 1234. Die wenigsten werden getestet. Wie man so Infektionsketten verfolgen will, ist mir schleierhaft.

Ob der Inzidenzwert 50 sinnvoll ist, kann ich nicht bewerten. Als Begründung für die Nachvollziehbarkeit von Infektionsketten ist er gänzlich ungeeignet.

Kommentar verfassen