Flohmärkte für Arzneimittel?

Jetzt werden sogar die Arzneimittel knapp

„Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum sich so wenig Leute damit beschäftigen.“
Henry Ford

Die aktuelle Lage

Deutschland wird derzeit von einer heftigen Erkältungswelle geplagt. Und es ist nicht Corona. Nein, RS-Viren und Influenza fordern ihren Tribut. Sind doch diese Wellen in den letzten beiden Jahren sehr mild ausgefallen, so holen sie uns in diesem Jahr mit Macht ein.

Wahrscheinlich haben die verschiedenen Corona-Maßnahmen den Effekt gehabt, dass sich die Menschen mit diesen Viren nur wenig auseinandersetzen mussten. Ich will jetzt nicht beurteilen ob die Masken oder andere Isolationsmaßnahmen diesen Effekt erzeugt haben. Das spielt derzeit überhaupt keine Rolle. Fest steht, und das wird von vielen Ärzten so gesehen, dass die Menschen jetzt die Infektionen mit diesen Viren nachholen. Und so passiert es jetzt eben, dass Erkrankungen, die sich normalerweise auf drei Jahre verteilen, mit einem Schlag auftreten. Das zeigt sich zurzeit insbesondere in den Kinderkliniken. Aber auch die Arzt-Praxen sind teilweise übervoll. Auch hier sind die Kinderärzte überproportional betroffen.

Jetzt fehlen Arzneimittel

Natürlich findet aufgrund dieser Situation natürlich auch ein Ansturm auf Arzneimittel statt. Alles was gegen Erkältung gebraucht wird, ist knapp. Ob Ibuprofen und vergleichbare Produkte, oder Paracetamol, sie müssen jederzeit mit Engpässen rechnen. Aber auch andere Arzneimittel sollen knapp sein. So seien auch Blutdrucksenker unter Umständen nicht so verfügbar, wie benötigt.

Die Ursachen

Die Ursachen sind vielfältig. Zum einen ist die EU erheblich abhängig von anderen Ländern. Arzneimittelgrundstoffe kommen zu einem großen Teil aus China. Und da sind derzeit die Lieferketten erheblich gestört.
Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Ein weiterer Grund sei aber auch die Preisdeckelung, die es im deutschen Gesundheitswesen gebe. Dadurch sei die Produktion bestimmter Medikamente nicht mehr wirtschaftlich, so dass sich Unternehmen aus der Produktion zurückziehen.

Ich bekomme beispielsweise ein Medikament zur Blutdrucksenkung mit dem Wirkstoff Telmisartan. Ich habe dieses Medikament schon von den unterschiedlichsten Herstellern erhalten. Es ist immer hundert prozentig das gleiche. Und es kostet aufgrund der Preisdeckelung auch bei allen Herstellern dasselbe. Es ist also völlig Latte, von welchem Hersteller ich das Medikament bekomme. Und ich habe auch festgestellt, dass sich Hersteller aus Produktion dieses Medikamentes zurückgezogen haben. Trotzdem habe ich bei diesem Wirkstoff noch keinen Engpass erlebt. Zumindest, wenn mir der Hersteller egal ist.
Trotzdem soll es auch in diesem Bereich zu Engpässen gekommen sein.

Wirtschaftlichkeit bei diesen Medikamenten

Preisdeckelung hin, Preisdeckelung her. Ich glaube, dass das Argument, die Herstellung solcher Medikamente würde sich nicht mehr lohnen, von der Pharmaindustrie nur vorgeschoben ist. Ich glaube denen allerdings, dass die Gewinnmargen nicht übermäßig hoch sind. Und gerade Big Pharma ist ja daran interessiert, möglichst hohe Gewinne einzufahren. Das haben sie mit den fast wirkungslosen Impfstoffen, die sie zu Höchstpreisen an den Mann gebracht haben, deutlich gezeigt.

Aber zurück zu diesen Massenartikeln. Ich benötige täglich eine Tablette von diesen Blutdrucksenkern. Das sind 90 im Quartal, und das ist auch die Verpackungsgröße. Eine solche Packung kostet knapp 28 Euro. Somit kostet die einzelne Pille etwa 30 Cent.
Die Herstellung erfolgt nahezu ausschließlich mit Maschinen. Damit dürfte der Herstellerpreis für die einzelne Tablette im niedrigen einstelligen Cent Bereich liegen. Kommt noch Verpackung, Transport und Vertrieb hinzu, dann glaube ich, dass der Preis für eine einzelne Tablette die 15 Cent Marke kaum überschreitet. Somit haben wir eine Gewinnmarge von etwa 100 Prozent. Logischerweise bedienen sich daran natürlich mehrere Parteien.

Rechnen wir mal das Volumen. Pro Packung verdient man also ca. 15 Euro. Jetzt muss man davon ausgehen, dass nahezu jeder fünfte solche Medikamente braucht. Ähm, nicht braucht, sondern verschrieben bekommt. Daraus ergibt sich, dass etwa 80 Mio Bürger diese Medikamente regelmäßig beziehen. Im Jahr braucht jeder vier Packungen. Das heißt, Die Pharmaindustrie erzielt bei jedem Patienten einen Rohgewinn von 60 Euro. Bei 80 Mio Patienten macht das dann eine Gesamtsumme von 4,8 Mrd Euro. Also, ich finde, das ist schon eine Hausnummer.

Ich glaube also nicht, dass das Argument der fehlenden Wirtschaftlichkeit bei genauer Betrachtung haltbar ist. Ich möchte allerdings betonen, dass sich das nur auf solche Massenpräparate bezieht. Das kann bei anderen Präparaten ganz anders aussehen.

Lösungsansätze

Wie dem auch sei, bestimmte Medikamente sind jetzt knapp. Und da kommt man natürlich auf die abstrusesten Ideen. Zwei davon möchte ich ihnen näher vorstellen.

Flohmärkte

Die beste Idee kommt vom Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt. Der hat nämlich festgestellt, dass viele Bürger noch Restbestände von Medikamenten in ihren privaten Beständen haben. Und jetzt müsse man sich gegenseitig aushelfen. Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel hat er geäußert, „Wir brauchen so was wie Flohmärkte für Medikamente in der Nachbarschaft.“ Und: „Jetzt hilft nur Solidarität. Wer gesund ist, muss vorrätige Arznei an Kranke abgeben.“ (Siehe auch Reitschuster) Ach ja, da war das wieder mit dieser Solidarität. Von Unterhaken hat er aber wohl nicht gesprochen.

Bei verhältnismäßig harmlosen Mittelchen wie Hustensaft oder anderen Erkältungsmedikamenten findet das doch in der Regel schon statt. Gerade Eltern mit Kindern tauschen sich doch da aus. Und ich halte das auch für absolut unbedenklich, solange es sich nicht um verschreibungspflichtige Medikamente geht. Bei Blutdrucksenkern oder Cholesterinblockern halte ich das aber schon für höchst bedenklich. Wenn es dann aber um Antibiotika oder sogar Krebsmedikamenten geht, dann ist das für mich ein absolutes No-Go.

Und der geht sogar noch weiter. Er spiele mit dem Gedanken, dass man auch Medikamente weitergeben könne, bei denen das Haltbarkeitsdatum schon wenige Monate abgelaufen sei.
Ich glaube, dass das bei Trockenpräparaten sogar möglich ist, solange die Verpackung nicht beschädigt ist. Aber das soll doch bitte schön kein Laie beurteilen. Bei der Idee hat es mir dann endlich die Sprache verschlagen.

Aufheben der Preisbremse

Die Pharmaindustrie jammert wieder einmal. Dazu hatte ich mich weiter oben schon geäußert. Aber unser Karli reagiert sofort. Die Preisobergrenze für Medikamente soll aufgehoben werden. Er tut also das, was er am besten kann. Er schmeißt der Pharmaindustrie wieder einmal Geld hinterher. Was er dabei allerdings vergisst, wenn es keine Medikamente mehr gibt, dann hilft auch mehr Geld nicht. Und wir brauchen derzeit Medikamente. Interessant dabei ist, dass die Situation in unseren Nachbarländern deutlich entspannter ist. Eigentlich komisch.

Wie kann man Abhilfe schaffen?

Wie das jetzt auf die Schnelle gehen soll, weiß ich auch nicht. Man kann halt einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen.

Und da habe ich einmal nachgedacht. Nochmals, ich bin hier kein Fachmann. Und ich weiß, dass medizinisches Fachpersonal möglicherweise die Augen verdreht, wenn sie jetzt meinen Gedanken folgen. Trotzdem möchte ich sie hier ausführen.
Wir wissen, dass vieles nicht funktioniert, wenn sich der Staat zu sehr einmischt. Die Preisbremse für Medikamente hatte seinerzeit mit Sicherheit ihre Berechtigung. Trotzdem ist diese Maßnahme eine Form der staatlichen Planwirtschaft. Konkurrenz gibt es keine mehr. Der Preis ist fest.

Beispiel Brausetabletten

Sie kennen sicherlich diese Brausetabletten mit Calcium, Magnesium oder sonstige Spurenelemente. Als ich noch zur Schule ging, da gab es die auch schon. Allerdings galten die damals als Arzneimittel und waren so nur in der Apotheke erhältlich. Sie waren schweineteuer. Hat sich kaum einer leisten können. Heute gelten die als Nahrungsergänzungsmittel und sind teilweise in den Discountern erhältlich. So ein Röhrchen kostet da knapp einen Euro, es sei denn, sie nehmen die von den Markenherstellern. Die sind häufig nicht besser, nur wesentlich teurer.

Man kann jetzt natürlich sagen, diese Mittel sind doch harmlos. In den Calciumtabletten ist aber auch Vitamin C zugesetzt. Da soll man meines Wissens aber auch nicht überdosieren. Trotzdem überlässt man den Menschen die Entscheidung selbst.

Was ich mich jetzt frage

Warum geht das bei anderen Medikamenten nicht? Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten brauchen wir nicht diskutieren. Die gehören in die Apotheke. Und nirgendwo anders hin.

Bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten sehe ich das durchaus differenziert. Wenn ich Hustensaft, Ibuprofen oder Paracetamol brauche, dann bestelle ich das bei einer Versandapotheke, und die Mittel kommen wenige Tage später an. Warum kann ich solche Medikamente nicht auch in den Drogerieketten kaufen?
Jetzt kommen sie mir bitte nicht mit der Beratungsleistung in Apotheken. Wenn ich mir eine Packung Paracetamol in der Apotheke kaufe, da begrenzt sich die Beratungsleistung auf ein freundliches guten Morgen. Wobei freundlich noch nicht einmal sein muss. Und bei den Versandapotheken passiert gar nichts.

Wenn ich Nasenspray bestelle, ich bestelle dann für die ganze Familie, dann liegt der Sendung ein Papier bei. Da werde ich darauf hingewiesen, dass Nasenspray bei zu häufiger Benutzung süchtig machen kann. Das war es dann auch.

Warum sollten andere Geschäfte in diesen Fällen nicht die gleiche Leistung erbringen können? Und wenn man dann will, man kann ja die Bezugsmengen begrenzen. Das geht bei Mehl doch auch.

Ich bin also der Meinung, dass man einen Großteil der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente durchaus in Drogeriemärkten verkaufen könnte. Vielleicht sogar in den Discountern. Aber soweit will ich gar nicht gehen.

Suchtgefahr

Viele argumentieren jetzt mit möglichen Suchtgefahren. Das Argument halte ich aber für fadenscheinig. Denn Alkohol und Tabakwaren sind doch auch frei verkäuflich. Und Alkoholsucht ist eine schwere Krankheit. Wer also mit Suchtgefahren argumentiert, der begibt sich meiner Meinung nach auf ziemlich dünnes Eis.

Auswirkungen beim Wegfall der Apothekenpflicht

Das könnte interessant sein. Denn große Handelsketten beziehen auch große Mengen. Und dann treten diese Handelsketten mit den Herstellern unmittelbar in Verhandlungen. Und natürlich versuchen diese Handelsketten die Preise zu drücken. Unsere Landwirte können ein Lied davon singen. In der Regel führt das dann auch zu deutlich niedrigeren Preisen. Leider geht das dann zu Lasten der Apotheken. Denn diese Null-Acht-Fünfzehn Produkte werden dann wo anders verkauft. Oder die Apotheken müssen sich in diesem Bereich dem Preiskampf stellen. Dann war es das mit dem sichern Gewinn.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Warum soll das nicht auch für Medikamente gelten?
Ich glaube, genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Apotheken mögen nämlich keine Konkurrenz.

Zusammenfassung

Dass es im besten Deutschland aller Zeiten mal zu einer Medikamentenknappheit kommen könnte, hätte ich bis vor wenigen Tagen noch für unmöglich gehalten. Aber es gibt nichts, was es nicht gibt. Und wieder einmal erscheint mir das Problem hausgemacht. Gerade im Bereich Medizin gibt es doch so einiges, was mir gewaltig nach Planwirtschaft aussieht. Das hat dann auch die entsprechenden Auswirkungen.

Damit sie mich nicht falsch verstehen. Ich will nicht, dass verschreibungspflichtige Medikamente frei erhältlich sind. Die gehören in die Apotheken. Da gibt es überhaupt keine Diskussion. Ich bin auch sicher, dass es Wirkstoffe gibt, die weiterhin in die Apotheke gehören.

Allerdings ist für mich nicht nachvollziehbar, warum Medikamente, die man ohne irgendeine Beratung in der Apotheke kaufen kann, nicht auch in anderen Geschäften erhältlich ist. Ich denke da beispielsweise an Aspirin und ähnliches. Ich hatte ja so einige Medikamente im Vorfeld angesprochen.

Und das steht für mich zweifelsfrei fest, in der Regel führt ein solch freier Verkauf zu einer Preissenkung. Im Übrigen geht es ja auch bei diesen Erkältungsmedikamenten meistens um Mittel, die von den Krankenkassen eh nicht bezahlt werden. Warum also da diese Preisbindung und Apothekenpflicht?

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