Friedensbewegte an die Front

Kriege können nur durch Verhandlungen beendet werden

„Der Friede ist das Meisterstück der Vernunft.“
Immanuel Kant

Politik im Ukraine-Konflikt

Machen sie sich keine Sorgen. Ich werde jetzt nicht den kompletten Ukraine-Konflikt aufarbeiten. Allerdings stellt sich im derzeitigen politischen Diskurs immer wieder die Frage, sollen wir die Ukraine weiterhin mit Waffen unterstützen oder sollen wir in Verhandlungen eintreten.
Dabei wird immer wieder das Argument gebracht, Kriege würden nicht durch Militär, sondern ausschließlich durch Verhandlungen beendet. Aber ist das wirklich so?

Ich kann jetzt nicht alle Kriege in der Weltgeschichte betrachten. Und ich bin mir auch sicher, meine Betrachtungen sind historisch höchst oberflächlich. Trotzdem möchte ich versuchen, die oben gemachte Behauptung zu widerlegen.

Das Ende des zweiten Weltkrieges

Am frischesten dürfte für uns noch der zweite Weltkrieg sein. Natürlich gab es am Ende Verhandlungen. Aber wann fanden diese Verhandlungen statt? Und wer nahm an diesen Verhandlungen teil?
Auf der einen Seite stand das Deutsche Reich mit seinen Verbündeten, auf der anderen Seite standen Frankreich, England, die USA und Russland. England und die USA haben sich schon früh getroffen, um darüber zu diskutieren, was mit Deutschland nach dem Krieg passieren soll. Von Friedensverhandlungen war da noch nicht die Rede. Erst nach der Invasion in der Normandie und der daraus folgenden Zerschlagung der deutschen Streitkräfte konnte man sich ernsthaft über eine Friedensordnung Gedanken machen. Erst als Deutschland bedingungslos kapituliert hatte, verhandelte man über eine Friedensordnung. Und wer verhandelte dort? Es waren die sogenannten Siegermächte. Deutschland war an den Verhandlungen nicht beteiligt. Eigentlich verteilten die Siegermächte die Beute unter sich. Dass das nicht so ganz funktionierte, zeigte der dann folgende Kalte Krieg.
Festzuhalte bleibt, die Friedensverhandlungen begannen erst, nachdem der Krieg militärisch beendet war.

Der erste Weltkrieg

Im ersten Weltkrieg war es nicht viel anders. Auch da wurde der Krieg zunächst militärisch beendet. Und auch da ging es im Anschluss nur darum, wie man die Verlierer bestrafen konnte. Der Frieden wurde in Versailles ausgehandelt zwischen den USA, Frankreich und Großbritannien sowie deren Verbündeten. An den Friedensverhandlungen selbst war Deutschland als Verlierer nicht beteiligt. Man gestand dem Deutschen Reich lediglich zu, schriftlich zu dem fertigen Vertragswerk Stellung zu nehmen.
Auch hier wurde der Krieg zunächst militärisch beendet, bevor man in Friedensverhandlungen eintrat. Und die Verlierer durften an diesen Verhandlungen nicht einmal teilnehmen.

Der dreißigjährige Krieg

Der dreißigjährige Krieg ist für diese Betrachtung sehr komplex. Beendet wurde er durch den Westfälischen Frieden. Aber auch hier ist festzustellen, dass der Krieg aufgrund fehlender Ressourcen auf allen Seiten nicht mehr führbar war. Auch hier hat man sich also erst zu Verhandlungen getroffen, nachdem der Krieg militärisch am Ende war. Ich will es jetzt kurzfassen. Am Ende teilte man Europa auf in einen katholischen und einen protestantischen Raum. Ich weiß, das ist sehr vereinfacht. Aber die wesentliche Erkenntnis ist, dass auch hier erst das Ende der militärischen Handlungen da war, bevor man in Verhandlungen eintrat.

Stellvertreterkriege während des kalten Krieges

Die Supermächte USA und Sowjetunion haben während des kalten Krieges mehrere Stellvertreterkriege vom Zaun gebrochen. Vietnam mag ein ganz typisches Beispiel dafür sein. In diesen Kriegen ging es immer um den Kampf USA gegen Sowjetunion. Und wie endete der Vietnamkrieg. Irgendwann mussten auch die Supermächte feststellen, dass dieser Krieg zu teuer war. Und gewinnen konnte weder die eine noch die andere Seite. Der bewaffnete Konflikt war also an einem Endpunkt angekommen. Und dann haben sich die Supermächte sich an einen Tisch gesetzt. Die Folge war die Teilung Vietnams.

In Korea kämpften letztendlich die USA gegen China. Auch hier ist das Ergebnis die Teilung des Landes, die noch bis heute anhält.

Zwischenfazit

Keiner der beschrieben Kriege wurde durch Verhandlungen beendet. Entweder konnte eine Seite besiegt werden, dann fand die neue Friedensordnung ohne Beteiligung der Verlierer statt. Oder die kriegsführenden Parteien musste erkennen, dass ein militärischer Erfolg nicht erreichbar war. Und erst dann hat man verhandelt.

Der Ukraine-Konflikt

Noch sind beide Parteien in der Lage, den Krieg militärisch zu nähren. Und weiterhin haben beide Parteien Interessen, die nicht zueinander passen. Warum sollten diese Parteien also in Verhandlungen eintreten?
Und wenn schon beide unmittelbar betroffenen Parteien keinen Grund zu Verhandlungen sehen, wieso sollten sie dann mit irgendeinem anderen verhandeln wollen?

Sicht der Ukraine

Russland hat die Ukraine überfallen. Dabei sind große Gebiete in der Ostukraine sowie die Krim von den Russen besetzt worden. Der Grund ist die angeblich überwiegende russische Bevölkerung, die man schützen müsse. Die Ukraine will diese Landstriche logischerweise nicht aufgeben. Und solange die westliche Welt die Ukraine mit Waffen unterstützt, sieht man hier auch keinen Anlass in Verhandlungen einzutreten. Vor allem ist ja auch nach den letzten Rückschlägen die Verhandlungsposition nicht die Beste. Ein Frieden, wenn überhaupt, ist momentan ja nur möglich, wenn man die von Russen besetzten Gebiete aufgibt. Und das liegt sicherlich nicht im Interesse der ukrainischen Führung.

Die russische Position

Die russische Position ist klar. Putin betrachtet die Ukraine als russisches Staatsgebiet. Und das wird er zunächst nicht aufgeben. Zumindest die derzeit besetzten Gebiete einschließlich der Krim wird er niemals aufgeben. Das dürfte sein Minimalziel sein. Und militärisch ist Russland noch lange nicht am Ende. Die Sanktionen verpuffen nahezu wirkungslos. Die Rüstungsindustrie läuft wohl besser als der Westen das erwartet hat. Und die Ressource Mensch ist in Russland definitiv nicht das Problem. Der kann den Krieg noch lange führen. Und im Gegensatz zu Deutschland im zweiten Weltkrieg sind Rohstoffe für Russland mal gar kein Problem. Warum sollte Russland also in Verhandlungen eintreten?
Eines steht doch mal fest. Wenn es zu Verhandlungen käme, dann würde Russland das Ergebnis diktieren. Und warum sollte man verhandeln, wenn das Ergebnis schon vorher feststeht.

Die Forderung nach Verhandlungen

Und jetzt kommt der Westen ins Spiel. Da gibt es ja immer wieder die Forderung nach Verhandlungen. Wenn man aber erfolgreich verhandeln will, dann muss man dem Verhandlungsgegner ja irgendetwas anbieten können. Und was haben wir denn. Die Europäer sind derzeit wirtschaftlich schwach. Und militärisch können wir ja nur große Töne spucken. Ich glaube nicht, dass das Putin wirklich beeindruckt. Die USA werden auch allmählich kriegsmüde. Da besteht tatsächlich die Gefahr, dass die USA ihre Unterstützung deutlich zurückfahren werden. Und Ende des Jahres wird ein neuer Präsident gewählt. Sollte Trump der Neue sein, dann wird sich in der Europapolitik der USA einiges ändern. Das dürfte auch die Ukraine betreffen.

Fazit

Wie können wir also Putin dazu bringen, dass er mit seinen militärischen Angriffen aufhört. Wie können wir ihn davon überzeugen, dass er den Krieg militärisch nicht gewinnen kann? Ich glaube, solange Putin davon überzeugt ist, dass er seine Ziele militärisch erreichen kann, werden wir ihn nicht an den Verhandlungstisch bringen können. Verhandlungen sind nämlich erst möglich, wenn militärisch nichts mehr geht. Das hat uns meines Erachtens die Geschichte immer wieder gezeigt. Und davon sind wir meilenweit entfernt.
Deshalb sind für mich die Forderungen nach Verhandlungen nur heiße Luft. Wer soll denn mit wem verhandeln?

Kommentar verfassen