Warum die Wasserstoffstrategie nicht gelingen kann
„Jede Wissenschaft ist soweit Wissenschaft, wie Mathematik in ihr ist.“
Immanuel Kant
Erinnerungen an meine Schulzeit
War es im Chemieunterricht oder der Physik? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls arbeiteten wir mit Wasserstoff. Und zum Nachweis wurde dann die Knallgasprobe gemacht. Ein Glas wurde über dem Bunsenbrenner umgekippt (es stand vorher auf dem Kopf) und es kam ein kleiner Plopp. Die Knallgasprobe. In diesem Zusammenhang behandelten wir auch die Elektrolyse. Also die Trennung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff.
Mein Bruder und ich fanden das so faszinierend, dass wir das zuhause nachbauten. Wir nahmen also einen Trafo. Wofür wir den hatten weiß ich nicht mehr. Eine Modelleisenbahn besaßen wir jedenfalls nicht. Dann bastelten wir einen Gleichrichter. Denn für die Elektrolyse braucht man Gleichstrom. Und den lieferte der Trafo nicht. So mit vier Dioden, die hatten wir aus alten Elektrogeräten rausgelötet und einem Kondensator. Den brauchten wir zur Glättung der Spannungsspitzen. Dann zwei Kabel dran, und los ging es.
Dann nahmen wir eine Wasserschüssel. Darüber brachten wir zwei Schnapsgläser an. Die sollten die Gase auffangen. Wie wir die befestigt haben, weiß ich auch nicht mehr. Möglicherweise haben wir Rödeldraht dafür genutzt. Dann je ein Kabel ins Schnapsglas. Das Kabel am anderen Ende des Gleichrichters in den Trafo und dann Strom drauf.
Erst passierte nichts. Nach einer kurzen Zeit bildeten sich an den Kabelenden Bläschen. War das schon das gewünschte Gas?
Ich weiß nicht wie lange wir das Experiment haben laufen lassen. Es fand allerdings ein jähes Ende, als eine der vier Dioden durchbrannte. Einen Ersatz hatten wir logischerweise nicht.
Trotzdem haben wir dann eine Kerze angemacht. Das erste Glas neben der Kerze umgedreht, es passierte nichts. Enttäuschung kam auf. Aber vielleicht war das ja auch nur der Sauerstoff. Also das gleiche mit dem anderen Glas. Und es kam der leise Plopp. Wir hatten selbst Wasserstoff erzeugt.
Das Ergebnis
Nun der Plopp war ziemlich kläglich. Ich glaube nicht, dass man mit dieser Menge Wasserstoff nur eine einzige Zündung in einem Motor zustande gebracht hätte. Ab er das war für uns auch ziemlich egal.
Wenn man aber heute den Wasserstoff in großen Mengen nutzen will, dann spielt das doch eine Rolle. Dann ist es auch von entscheidender Bedeutung, wieviel Energie ich investieren muss, und wieviel Energie am Ende nutzbar wieder rauskommt.
Ich muss nochmal daran erinnern. Energie geht niemals verloren. Sie wird aber nicht immer so umgewandelt, dass ich sie für meine Zwecke nutzen kann. Ein Beispiel: die sogenannten Wärmeverluste beim Verbrennungsmotor. Wenn ich also in der Folge von Energieverlusten spreche, dann meine ich dabei denn Effekt, dass ein Teil der umgewandelten Energie nicht für meine Zwecke nutzbar ist. Ich werde dabei auch nicht betrachten, wohin sich die restliche Energie verflüchtigt hat. Ich bitte sie, mir diese Unschärfe zu verzeihen.
Ein Mengenproblem
Wissen sie eigentlich wieviel Wasser sie brauchen, um nur 1 Kg Wasserstoff herzustellen? Dazu reicht es eigentlich, einmal in das Periodensystem der Elemente hinein zu schauen. Sie wissen, dass Wasser aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom bestehen. Wasserstoff hat die Ordnungszahl 1. Das Gewicht wird angegeben mit 1g pro Mol. Mol ist dabei die Bezeichnung von einer bestimmten Anzahl von Atomen oder Molekülen. Das soll uns aber nicht weiter interessieren. Ich werde weiterhin die Gewichtseinheit Gramm benutzen. Sauerstoff hat die Ordnungszahl 8, das Gewicht wird mit etwa 16 Gramm pro Mol angegeben. Damit können wir das Gewicht von Wasser (H2O) ermitteln.
2x1g (Wasserstoff) + 1x16g (Sauerstoff) = 18g. Richtig, Wasser hat ein Gewicht von 18g pro Mol.
Experten mögen mir verzeihen, dass ich Masse und Gewicht gleichsetze. Aber nicht alle meine Leser sind Chemiker oder Physiker.
Wenn ich jetzt also ein Kilogramm Wasserstoff erzeugen will, dann brauche ich die 500-fache Menge dieser Moleküle. Daraus ergibt sich dann folgende Rechnung. 500x2x1g + 500x1x16g = 1.000g + 8.000g = 9.000g.
Machen wir es uns einfach, nehmen wir an, dass ein Kg Wasser einem Liter entspricht. Dann brauchen wir fast 10 Liter Wasser um 1 Kg Wasserstoff zu gewinnen. Wieviel elektrische Energie ich dafür aufwenden muss, kann man berechnen. Das erspare ich mir aber. Ersten habe ich das nach über 40 Jahren nicht mehr auf der Pfanne. Und ich gehe davon aus, dass sie das eher langweilen würde. In verschiedenen Quellen habe ich aber von Energieverlusten bei der Elektrolyse gelesen, die mindestens bei 40 Prozent liegen. Der Wirkungsgrad ist also nicht so wirklich gut.
Das Volumenproblem
Wasserstoff ist ein Gas. Wenn sie das zum Beispiel als Kraftstoff verwenden wollen, dann müssen sie es massiv komprimieren. Nur zum Vergleich. Handelsübliche Sauerstoffflaschen werden mit einem Druck von etwa 200 Bar befüllt. Bei Wasserstoff dürfte der erforderliche Druck noch deutlich höher sein.
Darüber hinaus ist es noch erforderlich, dass man beim Transport von großen Mengen das Gas auch noch kühlen muss. Und da geht es um Temperaturen, die deutlich unter null Grad liegen. All das verschlingt natürlich auch Energie.
Flüssiggas ist da deutlich einfacher zu transportieren.
Weitere Beispiele
Die folgenden Erkenntnisse habe ich aus einem Beitrag bei Tichys Einblick gewonnen. Meine wissenschaftlichen Erkenntnisse reichen nicht aus, um das im Detail zu überprüfen. Ich halte die Angaben aber durchaus für glaubhaft. Den Bericht hänge ich am Ende an.
Der Energiegehalt von Wasserstoff ist vergleichsweise gering. Nehmen wir einmal einen 40to Tanklastzug mit Benzin oder Diesel. Um die gleiche Energiemenge mit Wasserstoff zu transportieren, brauche ich 12 LKW.
Es kommt aber noch besser. Gehen wir einmal zum Flugplatz Frankfurt. Ein Jumbo tankt dort im Regelfall (abhängig von der Flugstrecke) 130 Tonnen Kerosin. Für die gleiche Energiemenge müsste er 50 Tonnen flüssigen Wasserstoff tanken. Das Volumenproblem wollen wir dabei mal außer Acht lassen.
Täglich werden dort etwa 50 Jumbos abgefertigt. Das heißt, man würde also 2.500 Tonnen flüssigen Wasserstoff benötigen. Um diese Menge zu produzieren, müsste man täglich 22.500 Kubikmeter Wasser durch die Elektrolyse jagen. Nur so nebenbei. Mein jährlicher Verbrauch liegt irgendwo um die 50 Kubikmeter.
Dafür braucht man allerdings auch eine Menge Strom. Der Autor des Beitrages spricht in diesem Falle von acht Kraftwerken mit jeweils einer Leistung von einem Gigawatt.
Jetzt haben wir allerdings noch nicht einmal alle Flugzeuge in Betracht gezogen. sondern nur die wenigen Jumbos. Insgesamt werden in Frankfurt mehr als 300 Flugzeuge täglich abgefertigt. Der Autor spricht sogar von über 500. Wenn alle diese mit Wasserstoff versorgt werden müssten, dann würde das die Wasserreserven der Stadt Frankfurt komplett auffressen. Für den Strom gilt letztlich das gleiche. Für die Elektrolyse dieser Mengen bräuchte man in etwa die Leistung von 25 Kernkraftwerken. Dann könnte es in Frankfurt ziemlich dunkel werden.
Fazit
Auch wenn die Zahlen möglicherweise sehr hoch angesetzt sind, die Tendenz ist eindeutig erkennbar. Wasserstoff wird unsere Energieprobleme in Zukunft nicht lösen können. Und Grund ist nicht der fehlende Wille. Die Gründe liegen einzig und allein in der Physik und Chemie.
Deshalb meine Aufforderung an die grünen Fanatiker. Redet nicht nur „Follow the Science“. Tut es endlich.
Der Link
Wunderwaffe Wasserstoff: Das große Nichts (tichyseinblick.de)
Es gibt 2 weitere Probleme:
1) Wasserstoff muss auf minus 253 Grad abgekühlt werden, damit er flüssig wird. Dabei gehen 20 – 30 % Energie verloren; auch bei guter Isolierung verdampfen täglich ca. 3 % als „boil off“.
2) 1 *kg* Wasserstoff hat zwar fast 3 mal soviel Energie wie 1 *kg* Diesel oder Benzin; aber 1 *Liter* Flüssig-H2 besitzt nur ein Viertel der Energie des gleichen Volumens von Diesel oder Benzin.
Kurz: 1 *Liter* Diesel hat 4 mal soviel Energie wie 1 *Liter* Flüssig-Wasserstoff.