In the Year twenty-sixty

„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.“
Victor Hugo (französischer Schriftsteller und Politiker)

Es ist das Jahr 2060. Wir befinden uns im Büro eines Unternehmens, das in Berlin Alten- und Pflegeheime betreibt. Wir sehen einen heute 50-jährigen, der eine Brief schreibt. Er ist wohl einer der Geschäftsführer.
Was er wohl schreibt?

Hier der Brief

BWoHG – Gesellschaft für den Betrieb von Alten- und Seniorenheimen
Müllerstraße, Berlin-Wedding

An
Wohnheim für abgehalfterte Politiker
Körtestraße 10-30
10967 Berlin-Kreuzberg

Sehr geehrte Damen und Herren,

In den letzten zwei Jahren ist es gehäuft zu Beschwerden gekommen. Wir haben diese Beschwerden sehr genau geprüft, so dass wir heute dazu Stellung nehmen können. Wir bedauern sehr, dass es so lange gedauert hat. Leider hat der Fachkräftemangel auch bei uns durchgeschlagen. Und Soziologen und Genderwissenschaftler können bei diesem Problem leider nicht helfen.
Wir bitten aber um Verständnis, denn wenn man die Bauzeiten von BER, Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 sieht, dann ist ein Zeitraum von zwei Jahren sicherlich noch angemessen.

Zu den Beschwerden im Einzelnen

Pflegepersonal

Für diesen Bereich liegen zwei Beschwerden vor. Sie beschweren sich zum Einen, dass es viel zuwenig Betreuungspersonal gibt. Zum Zweiten führen sie an, dass es manchmal schwierig ist, sich mit den Betreuern zu verständigen.

Dazu gibt es folgendes zu sagen:
Dass Deutschland einen erheblichen Fachkräftemangel aufweist, ist nicht neu. In der Zeit von 2010 bis 2030 hat man versucht, dieses durch massive Zuwanderung aufzufangen. Leider müssen das aber die falschen Zuwanderer gewesen sein. Viele von diesen waren für diese Aufgaben nicht qualifizierbar. Und wenn sie qualifiziert werden konnten, haben sie Deutschland nach Beendigung ihrer Ausbildung verlassen. Sie haben ihr Auskommen in anderen EU-Ländern gesucht.
Gründe waren wahrscheinlich hohe Energie- und Mietkosten. Dazu kamen dann noch vergleichsweise hohe Steuern und Abgaben. Wir müssen also aus dem Personal auswählen, welches hiergeblieben ist.

Bedauerlicherweise sind das nicht immer die Besten. Wenn sie über diese Zeit näheres erfahren möchten, läuten sie am Eingang 6a, Zimmer 618, dort finden sie Olaf Scholz. Oder läuten sie am Eingang 6c, Zimmer 653, dort finden sie Angela Merkel. Vielleicht können die ihnen Näheres erläutern. Allerdings kann es sein, dass sie sich an Vieles nicht mehr erinnern können. Das war bei diesen Beiden schon in deren aktiven Zeit so.

Zu den Sprachproblemen gibt es nur folgendes zu sagen.
Die deutsche Sprache gilt schon immer als eine ziemlich schwere Sprache. Da sich aber in den zwanziger Jahren das Gendern durchgesetzt hat, wurde die Sprache noch schwerer. Das hat bei vielen Zugewanderten zu einer inneren Blockade geführt. Die deutsche Sprache war ihnen nicht mehr zu vermitteln. Sollten sie zu diesem Sachverhalt mehr Informationen suchen, dann läuten sie am Eingang 4b, Zimmer 33, dort wohnt Analena Baerbock. In Zimmer 38 können sie zu diesem Thema mit Susanne Henning-Welsow sprechen.

Taschengeld

Sie beschweren sich, dass sie kein Taschengeld erhalten. Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass der Staat ihnen ein bedingungsloses Grundeinkommen zubilligt. Dieses beträgt 1500 Euro monatlich. Dieses wird für Wohnen, Bekleidung, Verpflegung und ärztliche Betreuung restlos aufgebraucht.

Jetzt bringen sie vor, ihnen stehe aus früherer Tätigkeit einen deutlich höhere Altenversorgung zu. Dem muss heftigst widersprochen werden. In den Jahren 2015 bis 2040 hat die Bundesrepublik Schulden in immenser Höhe angehäuft. Die derzeitige Regierung hat daher entschieden, dass alle, also auch sie, an der Tilgung dieser Schulden beteiligt werden sollen. Das ist ein Akt der gesellschaftlichen Solidarität. Allein mit ihrer Beschwerde zeigen sie, dass ihnen Solidarität nicht viel wert ist.
Wie dem auch sei, die Ansprüche, die ihnen aus früheren Tätigkeiten zustehen, werden für die Schuldentilgung verwendet. Nach jetzigen Berechnungen wird die BRD so in 327 Jahren wieder schuldenfrei sein. Sollten sie hierzu näheres erfahren wollen, läuten sie am Eingang 6a, Zimmer 618 und 620, dort finden sie Olaf Scholz und Christian Lindner.

Maskenpflicht

Immer wieder kommt es zu Beschwerden, warum in den Fluren und Gemeinschaftsräumen Maskenpflicht herrscht.

Das ist relativ einfach. Wir entdecken tagtäglich neue Viren, die möglicherweise hoch infektiös und letal sein können. Und wir wollen nicht dafür verantwortlich sein, dass irgendeiner von Ihnen vorzeitig an einer Infektion sterben muss. Wir haben sogar schon geprüft, ob die Beschaffung von Masken, vergleichbar der ABC-Schutzmasken der Bundeswehr, möglich ist. Auch wenn das sicherlich sinnvoll wäre, es würde leider den Kostenrahmen sprengen. Im Übrigen ist der Infektionsschutz auch der Grund, weshalb wir im Speisesaal an jedem Tisch nur eine Person platzieren können. Dadurch kommte es auch zu den verschiedenen Essenzeiten.
Sollten sie hierzu nähere Erläuterungen haben wollen, läuten sie am Eingang 2c, Zimmer 266 und 274. Dort finden sie Karl Lauterbach und Jens Spahn. Beide sind Experten auf diesem Gebiet.

Verpflegung

Sie beschweren sich, dass die Verpflegung häufig spät kommt und dann noch kalt ist.

Wie sie wissen, hat sich die Berliner Regierung in den Jahren 2020 bis 2030 dafür stark gemacht, den kompletten Autoverkehr aus der Stadt zu verbannen. 2040 ist es dann endlich gelungen. Daher wird die Verpflegung vom Caterer zum Wohnheim mit Lastenfahrrädern gebracht. Das dauert erfahrungsgemäß länger, und auch die Möglichkeit zum warmhalten ist auf den Lastenfahrrädern eingeschränkt. Aufwärmen in der Heim eigenen Küche ist nur möglich, wenn ausreichend Strom zu Verfügung steht. Dazu aber später mehr.
Wir bedauern diesen Zustand sehr, müssen sie aber auffordern, diese Situation aus ökologischen Gründen hinzunehmen. Sie retten mit diesem Verhalten das Weltklima. Das sollte es ihnen doch Wert sein.
Suchen sie nach detaiiertern Informationen, klingeln sie einfach am Eingang 3d, Zimmer 86. dort finden sie Katrin Göring-Eckart, direkt nebenan finden sie Robert Habeck. Beide absolute Experten auf diesem Themengebiet.

Medizinische Versorgung

Auch über die medizinische Versorgung häufen sich die Beschwerden.

Aufgrund das Ärztemangels sind wir nicht in der Lage für das Seniorenheim einen festangestellten Arzt zu Verfügung zu stellen. Auch bei den Zugewanderten gibt es nur wenige, die sich für ein Medizinstudium angeboten haben. Die wenigen aber werden in deutlich höherer Priorität als Landärzte benötigt. Glücklicherweise haben wir aber einen Vertragsarzt gewinnen können, der zwei mal die Woche verfügbar ist. Er kommt sogar aus dem gleichen Ortsteil. Leider lehnen insbesondere Frauen eine Behandlung von diesem ab.

Sie können aber sicher sein, dass sie im Notfall eine Ambulanz über die 112 bekommen. Im Regelfall sollte diese innerhalb von 8 Minuten bei ihnen sein.
Für kleiner Fälle können sie sich aber vertrauensvoll an ihre Kollegen wenden. Karl Lauterbach finden sie im Eingang 2c, Zimmer 266. Helge Braun finden sie im Aufgang 5c, Zimmer 563. Sollte Braun ihnen nicht helfen können, er kann sie wenigstens von Schmerzen befreien, er ist Anästhesist.

Sie können sich sicher sein, dass wir sie lange am Leben erhalten möchten. Dadurch haben sie mehr Zeit, sich an der Tilgung der Staatsschulden zu beteiligen.

Ausgang aus den Unterkünften

Sie beschweren sich, dass man ihnen zu wenig Spaziergänge außerhalb der Unterkünfte ermöglichen würde.

Draußen lauern viele Gefahren. Die Polizei leidet unter Personalmangel und kann die Kriminalität nicht mehr ausreichend bekämpfen. Das ist bekanntermaßen in ihrem Stadtteil eine besondere Situation. Wir fühlen uns natürlich für ihre Sicherheit verantwortlich und wollen sie natürlich nur wenigen Gefahren aussetzen. Daher können wir Ausgang nur zulassen, wenn genügend Polizeischutz verfügbar ist, und dann auch nur in kleinen Gruppen. Wir erarbeiten derzeit ein System, dass ihnen ermöglicht, wenigstens zwei mal im Jahr die Unterkunft zu verlassen. Die Leopoldina erarbeitet dafür gerade eine Studie.

Notwendige Reparaturen

Viele Beschwerden liegen uns auch vor, über offene Reparaturaufträge.

Zur Personalsituation ist alles gesagt. Das ist auch bei den Handwerkerbetrieben nicht anders. Es gibt zu viele Soziologen, dafür aber zu wenig Handwerker. Im Durchschnitt sind aber in allen Berufen genügend Kräfte vorhanden.
Aber wenn dann mal Handwerker verfügbar sind, dann gibt es auch Probleme mit den Ersatzteilen. Bis Mitte der zwanziger Jahre war das kein Problem. Da wurden Ersatzteile noch in China gekauft. Dann mussten sie aber ein Ökozertifikat haben. Damit fiel der Chinesische Markt aus. Aus diesen Gründen können sie heute mit Wartezeiten von 2 Jahren rechnen. Wenn sie dazu nähere Informationen brauchen, fragen sie Claudia Roth. Die finden sie im Eingang 1a, Zimmer 113.

Energie

Wir erhalten fast täglich Beschwerden, dass die Heizung nicht geht, dass kein Fernsehen möglich ist. Selbst warmes Wasser würde zeitweise ausfallen.

Dieses Problem ist uns bekannt. Aufgrund der Entscheidungen in den Jahren 2020 bis 2045 ist die komplette Energieversorgung auf grünen Strom umgestellt worden. Kohle, Öl und Gas sind komplett stillgelegt worden. Die Rückkehr zur Atomenergie ist mittlerweile beschlossen, aber bis das erste neue Kernkraftwerk läuft wird noch 15 Jahre dauern. Solange müssen sie sich wohl noch gedulden.

Stromschwankungen im Netz sind somit völlig normal und müssen im Sinne das Klimaschutzes in Kauf genommen werden. Ich verstehe deshalb ihre Beschwerden nicht. Denn die entsprechenden Beschlüsse sind in ihrer Zeit nahezu einstimmig beschlossen worden.

Was haben wir getan, um die Situation abzumildern. Wir haben für ihre Unterkunft Stromspeicher installiert, die eine Laufzeitreserve von maximal 12 Stunden haben, wenn sie voll sind. Größere waren aufgrund der bekannten Umstände nicht finanzierbar.
Leider sind wir in den letzten zwei Jahren nie in der Lage gewesen, die Speicher voll aufzuladen. Alten- und Seniorenheime sind in der Zuteilung von Strom leider erst die fünfte Priorität. Priorität eins hat die Industrie, Prorität zwei das Gesundheitswesen, Prorität drei die Verwaltung und Priorität vier das Schulsystem. Da sind sie mit ihrer Prioritätr noch ziemlich weit vorne.

Dass es zu einer Stromzuteilung kommen könne, das hat Olaf Scholz (Zimmer 618) schon 2021 angekündigt.

Abschluss

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir geben uns größte Mühe, ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Leider sind aber erhebliche Einschränkungen erforderlich. Unsere Regierung hat sich diese Entscheidungen nicht leicht gemacht und die Ethik-Kommission zu einer Stellungnahme aufgefordert. Diese hat vorgetragen, dass solche Einschränkungen in solchen Lagen durchaus zumutbar und für die Allgemeinheit vertretbar seien. Auch das Bundesverfassungsgericht hat keine Einwände gegen diese Behandlung, da sie dem Kampf gegen die Erderwärmung und der Überschuldung den höchsten Stellenwert zumisst.

Aber ich kann sie beruhigen, wenn wir so weiter arbeiten wie in den letzten zwanzig Jahren, werden wir unsere Ziele in 327 Jahren erreicht haben. Bis dahin brauchen wir alle Geduld und Beharrlichkeit. „Wir schaffen das.“

Bis dahin,

Mit freundlichen Grüßen

Die Unterschrift konnte ich nicht entziffern

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