Geht es noch verlogener?

Die Fussball WM in Katar

„Jeden Tag nehme ich mir vor, mich nicht mehr aufzuregen.
Und jeden Tag treffe ich Idioten, die das verhindern.“
Urheber unbekannt.

Die Vergabe von Großveranstaltungen

Über die Vergabe von Großveranstaltungen ist schon viel geschrieben worden. Immer wieder betonen Spitzenfunktionäre, dass der Sport nichts mit Politik zu tun habe. Und trotzdem werden diese Veranstaltungen immer wieder dazu genutzt, politische Statements abzugeben.

Beim Thema Fussballweltmeisterschaften kenne ich mich da nicht ganz so gut aus. Aber die Vergabe der diesjährigen WM an Katar wirkt durchaus ein wenig skurril. Auch bei der Vergabe an Deutschland, dem „Sommermärchen 2006“ soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein.

Bei olympischen Spielen fallen mir da schon mehrere ein. 1936, die „Hitlerolympiade“, die Sommerspiele in Montral, da boykottierte der Osten, vier Jahre später in Moskau, da boykottierte der Westen. Und jetzt zuletzt die Spiele in Peking. Man kann es drehen wie man will, politisch war der Hochleistungssport schon immer.

Wie werden solche Veranstaltungen nun vergeben? Entsprechende nationale Verbände geben eine Bewerbung ab. Über diese Bewerbung wird dann in den entsprechenden Gremien abgestimmt. Bei der FIFA ist das meines Wissens die Vollversammlung. Früher war das einmal so ein Exekutivkomitee, glaube ich. In der Vollversammlung hat dann jeder nationale Verband eine Stimme. Und dann wird abgestimmt. Und glauben sie wirklich, dass da kein Geld fließt. Natürlich spielen da politische und finanzielle Gründe eine große Rolle.

Dass Korruption eine Rolle spielt, dürfte spätestens seit Sepp Blatter kein Geheimnis mehr sein. Sein Nachfolger, Gianni Infantino, hat zwar versprochen, für mehr Transparenz zu sorgen, allein auf Ergebnisse lässt sich nach wie vor warten. Da hat er von seinem Vorgänger gut gelernt.
Und nun ist die Fußball WM an Katar vergeben. Ich möchte hier nochmal daran erinnern, die Vergabe fand schon vor 12 Jahren statt.

Das Land Katar

Schon damals war klar, dass Fußball in Katar nur eine untergeordnete Rolle spielt, wenn überhaupt. Es war auch klar, dass Katar zu diesem Zeitpunkt nicht über geeignete Sportstätten verfügte. Die Stadien mussten alle neu gebaut werden. Und es ist mittlerweile auch klar, dass nach der WM diese Stadien wohl nicht mehr genutzt werden. Teile dieser Stadien sollen aber modular aufgebaut sein und somit wieder an anderer Stelle Verwendung finden können. Ich bin mal gespannt.

Klar war auch, dass es sich um eine patriarchalisch aufgebaute fundamentalistisch islamische Gesellschaft handelt. Das hat sich auch bis heute nicht verändert. Was bedeutet das? Jede Glaubensrichtung außerhalb des Islam gilt als minderwertig. Monotheistische Religionen werden noch geduldet, das war es dann schon.
Frauenrechte, wie wir sie verstehen, stoßen dort auf absolute Ablehnung. Noch schlimmer ist der Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die sind dort nach wie vor unter Strafe gestellt. Nur mal so nebenbei, ein vergleichbarer Paragraph existierte im deutschen Strafgesetzbuch auch noch bis 1992. Und die Strafen können extrem sein. Es gilt nämlich die Scharia.

Auch hier noch ein kleiner Exkurs. Als Internationale Kräfte nach Afghanistan gingen, wurde vereinbahrt, dass diese Kräfte nur nach dem Recht ihres Heimatlandes verurteilt werden können. Man wollt so vermeiden, dass unter anderen auch deutsche Soldaten nach den Gesetzen der Scharia verurteilt werden können. Das wäre unter Umständen heftig geworden.

Ein letzter Punkt ist noch der Genuss von Alkohol. Alkohol ist nämlich in der gesamten islamischen Welt verboten. Das gleiche gilt grundsetzlich auch für den Tabakkonsum, es gibt aber Ausnahmen. Auch wenn man das in den eigenen vier Wänden möglicherweise nicht ganz so genau nimmt, nach außen wird das ohne Ausnahme vertreten. „Wenn es dunkel ist, dann sieht Allah nichts“, den Satz habe ich öfters gehört.

Halten wir also zwei Dinge fest. Mit der woken LGBTQ-Bewegung (habe ich alle Buchstaben erfasst?) können Katarer mal gar nichts anfangen. Es könnte sogar sein, dass sie entsprechende Symbole als beleidigend empfinden. Und Alkohol in der Öffentlichkeit ist verboten. Da gibt es keine Ausnahme. Dass die Katarer dass sogar gegen die Absprachen mit der FIFA durchsetzen, damit hat wohl keiner gerechnet.

Vom gegenseitigen Respekt

Egal was im weiteren ausführe, ich will die FIFA und damit auch Infantino in keiner Weise reinwaschen. Die Vergabe der WM an Katar halte ich nach wie vor für absolut unterirdisch. Jetzt wo die Entscheidung gefallen ist, spielt das aber auch keine Rolle mehr.

Wenn ich als Gastgeber Gäste empfange, dann stelle ich mich auf deren Bedürfnisse ein. Genau so erwarte ich aber auch, dass der Gast meine Regeln respektiert, soweit das für ihn möglich ist.

Zwei Beispiele

Ich bin jetzt seit mehreren Jahren Nichtraucher. Aber auch als Raucher habe ich nicht mehr in der Wohnung geraucht. Ich bin vor die Tür gegangen. Ich hatte damals einen guten Freund, er ist leider verschieden, der leidenschaftlicher Raucher war. Da ich ihn sehr schätzte, habe ich ihm immer einen Aschenbecher auf den Tisch gestellt. Das würde ich auch heute noch tun. Da wir uns oft an Silvester getroffen haben, hat er logischerweise auch in der Wohnung geraucht. Den einen Tag habe ich das gut verkraftet.
Ähnlich war das auch mit meinem Schwiegervater. Da dieser aber oft mehrere Tage bei mir war, ist der schon freiwillig vor die Tür gegangen.

Meine Frau und ich essen gerne Fleisch. Nicht dass wir uns hin und wieder ein vegetarisches Gericht gönnen, aber ausschließlich vegetarisch, das ist für uns undenkbar. Wir hatten aber im Freundeskreis eine Vegetarierin. Wenn wir dort zu Besuch waren gab es logischerweise kein Fleisch. Das haben wir absolut respektiert. Wenn sie aber zu uns zu Besuch kam, haben wir so gekocht wie immer. Sie konnte ja dann das Fleisch weglassen. Auch das war völlig in Ordnung. Wenn die Dame dann aber versucht hätte mich von der vegetarischen, oder besser noch veganen Ernährung zu überzeugen, dann hätte ich sie vor die Tür gesetzt. Meistens reichte aber ein dummer Spruch. „Das Wort Vegetarier kommt aus dem indianischen, und heißt, der, der zu dumm zum Jagen ist.“

Was hat das mit Katar zu tun?

Katar ist ein fundamental islamischer Staat. Die können mit dieser LGBTQ-Bewegung nun mal nichts anfangen. Ja, in  unseren Augen verletzen die sogar Menschenrechte. Demzufolge empfinden die die Regenbogenflagge als Beleidigung. Das zeigen dieser Flagge steht da sogar unter Strafe. Wäre es also nicht anständig, diesen ganzen Scheiß zu unterlassen?
Und trotzdem wollte man die Kapitänsarmbinde in Regenbogenfarben tragen. Das hatte ja in diesem Ungarn-Spiel in München auch schon mal geklappt. Aber auch nur, weil die deutsche Besserwisserei den Ungarn am Arsch vorbei geht.
In Katar sieht das aber ganz anders aus. Also wurde diese Armbinde verboten. Aber anstatt das zu akzeptieren, hat man nach Wegen gesonnen und diese „One Love Armbinde“ kreiert. Wenn ich in der Rolle Katars wäre, ich würde mich ziemlich verarscht fühlen. Und nur, weil mehrere europäische Verbände sich an dieser Aktion beteiligen wollten, wird die Sache nicht richtiger.

Die Fakten in aller Kürze

Also, die Deutschen und einige andere europäische Verbände wollten eine regenbogenfarbene Kapitänsarmbinde tragen. Sie wollten so für Toleranz und Gleichberechtigung demonstrieren. Diese Armbinde wurde seitens der FIFA verboten. Man hat dann eine Alternative gesucht, die man dann in der Kreation dieser „One Love Armbinde“ glaubte, gefunden zu haben. Da das durchaus als Verarsche gesehen werden kann, hat die FIFA auch diese Armbinde verboten. Die Entscheidung soll ziemlich harsch verkündet worden sein. Es wurden sogar Konsequenzen angedroht. Unter der Hand wurde von gelben Karten gesproche, ja, gelben Karten. Oh, ist das schrecklich.

Stellen sie sich jetzt einfach einmal vor, sie wären Lehrer. Und dann würden Schüler versuchen, sie mit solchen faulen Tricks über den Tisch zu ziehen. Wie wäre ihre Reaktion? Nun gut, die Deutschen tun sich grundsätzlichn schwer, mit solchen Niederlagen umzugehen. Jetzt ist man erst mal beleidigt. Und man kneift den Schwanz ein. Typisch deutsch. Wenn es gefährlich wird, dann hauen wir einfach mal ab.

Widerstand

Für mich sind Demonstranten, die schon bei der leisesten Schwierigkeit die Segel streichen, nicht ernst zu nehmen. Auch die, die von vorne herein wissen, dass ihnen kaum etwas passieren wird, sind für mich nicht beispielhaft.

Demonstranten, Widerstandskämpfer, die trotz Gefahren für ihre Ziele einstehen, die sind für mich bewundernswert. Ich denke da an die Geschwister Scholl, die im III. Reich gegen Hitler aufgestanden sind. Die wussten genau, dass sie mit dem Tode bestraft würden. Und trotzdem. Auch dem schwarzen Bürgerrechtler Martin Luther King war klar, dass seine Gegner ihm nach dem Leben trachteten. Er wurde in Memphis erschossen. Das gleiche Schicksal ereilte den berühmten Mahatma Ghandi. Ich bin mir sicher, dass auch ihm klar war, dass das passieren könne.

Und nehmen wir auch mal das Verhalten der iranischen Nationalmannschaft. Die haben die Hymne demonstrativ nicht mitgesungen. Auch die gehen ein hohes Risiko. So etwas kann im Mullah-Regime leicht als Verächtlichmachung des Staats gesehen werden. Und das führt bekanntermaßen zu hohen Strafen.

Wie erbärmlich sind doch dagegen die Demonstrationen der „Last Generation“. Die demonstrieren in Deutschland. Da wo ihnen nichts passieren kann. Vielleicht mal eine Geldstrafe, die dann auch noch von irgend so einer Gesellschaft bezahlt wird. Warum demonstrieren die nicht in China, dem Luftverpester Nummer 1?

Zurück zur Nationalmannschaft

Die wollen also ein Zeichen setzen. Dieses Zeichen wird von der FIFA verboten. Die FIFA droht Sanktionen an. Gelbe Karten? Geldstrafen? Keiner weiß es so genau. Und die Deutschen ziehen den Schwanz ein. Belgien, England, ich weiß nicht so genau, wer sonst noch alles mitmachen wollte. Die sind kein bisschen besser. Auch die kneifen.
Da stelle ich mir mal die Frage, was hätte die FIFA gemacht, wenn all diese Verbände ihre Mannschaften vom Turnier zurückgezogen hätten. Aber selbst das Risiko ist den Verantwortlichen zu groß. Ist das erbärmlich.

Medien und Politik

Aber wollen wir mal nicht die ganze Verantwortung auf die Spieler abwälzen. Die können möglicherweise noch am wenigsten dafür.

In den Medien wird die Situatiuon natürlich hoch und runter gebetet. Und natürlich sind die Katarer die Bösen. Leider ist die WM aber schon vor 12 Jahren vergeben worden. Abgesehen von einem kurzzeitigen Erstaunen, war das den Medien ziemlich egal.
Auch die Situation der Arbeiter auf den Baustellen wurde kaum thematisiert. Mal eine kurze Doku, an mehr kann ich mich nicht erinnern. Vor wenigen Wochen hat Habeck bei denen medienwirksam um Gas gebettelt. Ohne Erfolg. So nebenbei, jetzt haben die Katarer mit China einen langfristigen Vertrag.
Was ich damit sagen will. Bis vor kurzem war das „Unrechtsregime Katar“ nur marginal in den Medien vertreten.
Wissen sie, was mir in diesem Zusammenhang auffällt? Diese Gender-Kacke ist ja schon länger ein Thema bei unseren Qualitätsmedien. Aber seit die Grünen in der Regierung sind, hat das Thema noch einmal so richtig Fahrt aufgenommen.

Wie dem auch sei, im Fernsehen wird die Situation ausführlichst behandelt. Da kommt der Hitzelsberger, ein ehemaliger Profi, zu Wort. Er ist ja auch persönlich betroffen. Hat er sich doch gegen Ende seiner Karriere als schwul geoutet. Hätte er es gelassen, dann hätte es auch keinen interessiert.
Noch so ein Ex-Fußballer, man müsse ja auch die Spieler berücksichtigen, die hätten sich jetzt vier Jahre auf das Turnier vorberitet. Also ehrlich jetzt? Ich glaube, die haben vier Jahre lang in den Topligen Europas gespielt, und haben dabei richtig Geld abgezockt. Und weil sie aus Sicht des Bundestrainers gut genug sind, dürfen sie jetzt für Deutschland spielen und nochmals ihren Marktwert erhöhen.

Und der Vorsitzende des DFB verkündet, dass man sich die Folgemassnahmen sehr gut überlegt habe. Man wolle jetzt auch gerichtlich gegen die FIFA vorgehen.
Außerdem wolle man Infantino bei der nächsten Wahl zum FIFA-Präsidenten keine Stimme geben. Ich bin überzeugt, dass das Infantino schwer beeindruckt. Erstens hat Europa gar nicht so viele Stimmen, und solange kein Gegenkandidat antritt ist das sowieso egal.

Auch die Politik wettert gegen die WM. Man sollte die WM ignorieren hört man aus vielen Kanälen. Trotzdem hat es sich Nancy nicht nehmen lassen, für das erste Spiel der Deutschen nach Katar zu reisen. So sieht also ignorieren aus.

Was ich an der ganzen Sache nicht verstehe. Da beschimpfen wir Katar, Auch abndere Arabische Länder überschütten wir mit Kritik. Auf der anderen Seite heißen wir aber die vielen Neubürger aus dieser Region herzlich willkommen. Glaubt hier wirklich einer, dass diese Qualitätsflüchtlinge tatsächlich anders sozialisiert sind?

Und die Mannschaft?

Die hat sich vor dem Spielbeginn als Geste kurzzeitig den Mund zugehalten. Wahrscheinlich sollte so auf die eingeschränkte Meinungsfreiheit hingewiesen werden. Im Stadion hat es wohl keiner mitbekommen. Ich habe selbst das Spiel angeschaut. Diese Geste hätte ich nicht mitbekommen, wenn nicht in der Tagesschau darauf hingewiesen worden wäre. Also letztlich eine Geste für die deutschen Medien und natürlich für unsere Spezialdemokraten. Ansonsten interessiert es keinen.
Und dann wurde gespielt, gegen Japan. Wer Weltmeister werden will, muss die schlagen. Nun gut, am Ende haben wir 1:2 verloren, aber immerhin haben wir Haltung gezeigt. Außerdem sind wir doch Weltmeister, Moralweltmeister. Das ist doch auch schon mal was.

Zusammenfassung

Zwölf Jahre hatte man Zeit, um etwas gegen diese WM zu tun. Außer viel Geschwafel war da aber nicht viel. Jetzt das Thema groß aufzureißen ist in meinen Augen unredlich.
Zum zweiten halte ich es für unverschämt, anderen Staaten vorschreiben zu wollen, wie sie zu leben haben. Gerade im arabischen Raum sollten wir das tunlichst unterlassen. Immer dann, wenn der Westen versucht hat, dort demokratische Verhältnisse zu schaffen, ist das bitterböse in die Hose gegangen. Man muss sich nur Tunesien oder den Irak anschauen.

Und den Sportlern sage ich nur dies: spielt Fußball, dass solltet ihr können, aus der Politik haltet euch besser raus. Und wenn euch der Verband Verhaltensweisen aufzwingen will, dann zeigt ihm doch die kalte Schulter. Geld habt ihr doch genug. Wenn ihr allerdings so weiter macht, wie bisher, dann kann ich euch wirklich nicht mehr für voll nehmen. Denn das, was ihr derzeit tut, ist einfach nur lächerlich.

Nachtrag

Wissen sie, was ich nicht verstehe?
Da wird in den ÖR ständig von Boykott gesprochen, da werden sogar Beispiele gezeigt, die den Boykott unterstützen. ARD und ZDF zeigen aber das volle Programm. Natürlich muss auch immer wieder auf die so schlechte Situation in Katar hingewisen werden. Ist doch logisch.

https://reitschuster.de/post/wm-posse-um-kapitaensbinde-wie-die-moralapostel-sich-selbst-entlarven/

https://www.achgut.com/artikel/keine_eier_in_katar

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